1&1-Netz: Vodafone weist Vorwurf der Behinderung zurück (Update)
Im Streit um den Aufbau des vierten deutschen Handynetzes des Internetkonzerns 1&1 hat der Wettbewerber Vodafone mit "Unverständnis" auf eine Beschwerde des Konkurrenten reagiert. Man habe die Anschuldigungen von 1&1 "mit Verwunderung zur Kenntnis genommen", teilte Vodafone heute in Düsseldorf auf Nachfrage der Deutschen Presseagentur mit. Und fügt hinzu: "Den Vorwurf der Behinderung durch unser Haus weisen wir entschieden zurück."
Wird der 1&1-Netzausbau von Vodafone/Vantage-Towers behindert?
Eigentlich müssten für 1&1 nur ein paar Kästen an den Mast geschraubt und mit Strom und Netzwerkkabel verbunden werden.
Foto: Vodafone, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Wie bereits berichtet, wirft 1&1 der Vodafone vor, den Netzaufbau von 1&1 über deren Funkturm-Tochter Vantage Towers zu behindern. Vantage ist nämlich auch für 1&1 und damit für einen direkten Vodafone-Konkurrenten tätig, hat für diesen im vergangenen Jahr aber viel weniger Antennenstandorte gebaut als beauftragt.
1&1 mit Sitz in Montabaur argwöhnt nun, dass dies auch an der Vantage-Konzernmutter Vodafone gelegen haben könnte. 1&1 hatte ankündigt, heute eine Beschwerde an das Bundeskartellamt zu richten, um den Sachverhalt prüfen zu lassen.
Wie alles anfing
Wir erinnern uns: 1&1 hatte 2019 erstmals eigenes Mobilfunk-Spektrum ersteigert, um damit sein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen. Bisher nutzt 1&1 die Netze der Anbieter Vodafone und Telefónica und zahlt dafür Miete. Künftig will 1&1 das vierte deutsche Handynetz selbst betreiben und hat für eine Übergangszeit ein Roaming-Abkommen mit Telefónica (o2) abgeschlossen. Spätestens Ende 2025 darf 1&1 nicht mehr als Service-Provider in den Netzen von Vodafone oder o2 tätig sein.
Neuverträge im Netz von Vodafone über 1&1 bzw. seine zahlreichen Markentöchter aus dem Drillisch-Verbund gibt es schon länger nicht mehr. Teilweise wurden Bestandskunden schon angeschrieben und ihnen eine nagelneue SIM-Karte beigefügt, die sie unbedingt aktivieren sollten, "um auf den neusten Stand zu sein". Dabei wurde den Kunden aber ein Netzwechsel ins o2-Netz auferlegt, ohne explizit darauf hinzuweisen. Manche Kunden legen Wert auf das Vodafone-Netz, weil o2 bei ihnen nicht funktioniert. 1&1 bzw. Drillisch-Verträge im Netz der Telekom gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr.
Wann kommen die 1000 Standorte?
Bleibt der Sender in Montabaur ein seltenes Einzelstück? Vodafone weist die Vorwürfe von 1&1 zurück.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
1&1 hätte zum Jahreswechsel als Neueinsteiger 1000 eigene 5G-Standorte aktiviert haben müssen. Das sehen die von der Bundesnetzagentur festgesetzten Auflagen vor. Tatsächlich waren es Firmenangaben zufolge aber nur fünf Sender, von denen bislang nur drei durch Kunden (theoretisch) nutzbar sind.
Gibt es Bußgelder?
Eigentlich würden 1&1 nun Bußgelder durch die Bundesnetzagentur drohen. Mit der Beschwerde beim Kartellamt möchte 1&1 deutlich machen, dass die Verzögerung im Wesentlichen am Ausbaupartner Vantage lägen und dessen Mutterkonzern Vodafone dabei Rolle spielen könnte. Dies hat Vodafone verneint. Mitwerber befürchten, dass 1&1 über die Politik bewusst mit Samthandschuhen angefasst werden könnte, weil die Wähler Gefallen an niedrigeren Preisen haben könnten.
Unklar bleibt, ob Vantage Towers den Vertrag mit 1&1 am Ende noch erfüllt und bis wann tatsächlich die vorgeschriebenen 1000 Standorte in Betrieb gehen? Sollte Vantage Towers den Vertrag einseitig kündigen, hätte 1&1 ein dickes Problem. Oder gibt es am Ende noch eine ganz andere Lösung?
Update: Prof. Torsten J. Gerpott erläutert Hintergründe
Nach Ansicht des Telekommunikations-Experten und teltarif.de-Gastautors, Prof. Torsten J. Gerpott (Duisburg), "ist die Beschwerde ist ein (weiterer) Versuch von 1&1, drohende Sanktionen des Regulierers wegen der Verfehlung von Auflagen aus der Auktion 2019 zu vermeiden. Sie reiht sich in Versuche, Zulieferer (Rakuten) in Mitverantwortung zu nehmen. Das Dommermuth-Team steht im Hinblick auf den 5G-Netzausbau enorm unter Druck."
Zudem seien die Vantage-Mietbedingungen nach Ansicht des Experten besonders „herausfordernd“ bzw. wahrscheinlich diskriminierend und könnten so gegen GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und TKG (Telekommunikationsgesetz) verstoßen. Ende des Updates
Bei der Telekom Bilanz-Pressekonferenz ging Tim Höttges auch auf das Thema 1&1 ein.