Mehr Netz in Sachsen-Anhalt: Telekom baut 5G-Netz aus
Telefonate, die während der Fahrt abbrechen, Schüler, die zuhause so schlechtes Internet haben, dass sie ihre Hausaufgaben in Zeiten von Corona bei Freunden abrufen müssen, Firmen, die größere Online-Anwendungen an ihrem Standort nicht nutzen können: Viele Sachsen-Anhalter können Geschichten von schlechtem Internet erzählen.
Die sachsen-anhaltische Landesregierung und die Deutsche Telekom wollen jetzt schneller für schnelles Internet per Funk und Hausanschluss sorgen. Gerade in der Corona-Krise habe sich gezeigt, wie wichtig eine gute Internetverbindung sei, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) heute. Videotelefonate und -konferenzen hätten das gesellschaftliche Leben am Laufen gehalten.
Telekom: Umschaltung von 3G auf 5G
Dirk Wössner, Vorstandsmitglied der Deutsche Telekom AG und Sprecher der Geschäftsführung Telekom Deutschland
Bild: picture alliance/Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
Er und Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) unterzeichneten heute
mit Spitzenvertretern der Telekom um dem Chef für das
Deutschland-Geschäft, Dirk Wössner, einen Digitalpakt.
Laut Wössner setzt die Telekom erste Projekte bereits um. So werden derzeit zahlreiche Mobilfunkstandorte von der veralteten Generation 3G auf die leistungsfähige neuste Generation 5G umgeschaltet.
Zudem ist seit heute erstmals ein Messwagen in Sachsen-Anhalt unterwegs, der mit digitalisierter Messtechnik die Planung von neuen Glasfaserleitungen deutlich beschleunigen soll. Weiterhin läuft bereits das Programm, mit dem bis Ende nächsten Jahres alle Schulen in Sachsen-Anhalt mit einem ultraschnellen Glasfaseranschluss ausgestattet werden.
Neben Bayern sei Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland, das so eine flächendeckende Versorgung der Schulen umsetze, sagte Ministerpräsident Haseloff.
Wössner: Wo 5G ist, ist auch 4G
Noch im nächsten Monat solle für die Hälfte der Bevölkerung im Land das Mobilfunknetz 5G verfügbar sein, sagte Wössner. Dafür würden zahlreiche Masten umgeschaltet, über die derzeit noch das deutlich weniger leistungsfähige 3G-Netz laufe. Teurere Mobilfunkverträge oder neue Mobiltelefone bräuchten die Sachsen-Anhalter deswegen aber nicht automatisch. "Überall, wo 5G ist, ist auch 4G", sagte Wössner. Die auch LTE genannte Mobilfunkgeneration ist seit Jahren verbreitet.
Die Sendeanlagen und Antennen seien in den vergangenen Jahren vorbereitet worden, jetzt werde angeschaltet, sagte Wössner. Derzeit könnten bereits 98,5 Prozent der Menschen im Land über 950 LTE-Standorte versorgt werden. In den nächsten vier Jahren sollen 180 weitere Sendeanlagen gebaut und 310 bestehende erweitert werden. Rund 40 Millionen Euro will die Telekom nach eigenen Angaben für den Mobilfunk in Sachsen-Anhalt investieren.
Das 5G-Netz ist vor allem für die Industrie interessant, weil die Signale dort mit viel weniger Verzögerung übertragen werden. Zuletzt monierten Kritiker jedoch, dass dafür deutlich mehr Masten nötig seien. Wie soll binnen weniger Wochen die Hälfte der Bevölkerung trotzdem damit versorgt werden?
Hohe Netzkapazität in Gewerbegebieten
Die zusätzlichen Masten seien vor allem in Städten sowie Gewerbegebieten nötig, weil dort eine hohe Netzkapazität gefragt sei, sagte Wössner. Für die Umstellung auf das neue 5G-Netz seien gerade im ländlichen Gebiet zunächst keine weiteren Masten nötig, weil dort weniger Menschen darauf zugriffen. "Die Menschen müssen sich keine Sorgen über zusätzliche Strahlenbelastung machen. Die Anlagen sendeten bisher auch schon."
Mit dem jetzt geschlossenen Pakt will etwa Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass Genehmigungen für den Bau neuer Leitungen und Anlagen schneller erteilt werden. "Wir müssen schneller werden", sagte Wirtschaftsminister Willingmann. "Und wir müssen mehr Fördergelder einwerben", sagte er mit Blick auf die Regionen, in denen sich ein Internetausbau aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht rechnet. Das habe sich beim Ausbau von Breitbandinternet bereits bewährt, sagte Willingmann.
Inzwischen könnten fast 80 Prozent der Haushalte in Sachsen-Anhalt schnelles Internet mit Raten von 50 MBit/s nutzen. Bis 2025 ist das Ziel, dass alle Haushalte 20 Mal so schnell mit Gigabit-Anschlüssen surfen können.
Selbst entwickeltes Messfahrzeug im Einsatz
Bei der Beschleunigung der Planung setzt die Telekom auf ein selbst entwickeltes Messfahrzeug. Es ist seit heute erstmals in Sachsen-Anhalt unterwegs und erfasse mit Lasern und Kameras dreidimensional die Straßen, erklärten die Telekom-Vertreter. Eine Software erkenne, welcher Straßenbelag verlegt sei, welche Hindernisse wie Bäume und Zäune es gebe, wo die Gebäude verliefen, erklärte Wössner.
Daraus würden automatisch digitale Unterlagen erstellt. "Damit gehen die Planungen fünf bis zehn Mal schneller als mit Hand und Papier." Das werde gebraucht, um Häuser direkt mit schneller Glasfaser ans Netz anzuschließen.
Auch der Telekom-Wettbewerber Vodafone baut derzeit sein Angebot ultraschneller Gigabit-Anschlüsse aus. Bis Ende nächsten Jahres sollen 244 000 Haushalte im Land versorgt werden, hieß es zuletzt von dem Unternehmen. Dafür werden acht Millionen Euro investiert.
Wenn 5G schnell ausgebaut werden soll, braucht es neue Antennen, z.B. für 1800 oder 2100 MHz. Oft ist der Platz auf den Türmen oder Dächern begrenzt. Ericsson schlägt die AIR-Lösung vor. Details dazu lesen Sie in einer weiteren News.