Quanten-Physik

Deutsche Telekom steigt in Quantentechnologie ein

teltarif.de hatte die Gele­gen­heit, das Quantum Lab in Berlin zu besu­chen. Das ist der Versuch einer eini­ger­maßen verständ­lichen Erklä­rung, was da genau passiert.
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Wer sich mit Compu­tern genauer beschäf­tigt, weiß, dass das im Prinzip "dumme, schnelle Maschinen" sind, die mit 0 und 1 rechnen. Das können sie ziem­lich gut und schnell.

Doch von Zeit zu Zeit kommt etwas Neues, der Quanten-Computer. Die Idee ist, dass es zwischen 0 und 1 noch Zwischen­zustände geben kann, die man nutzen könnte. Werfen Sie eine Münze und sagen Sie vorher, wo sie landen wird. Das Ganze wird dann komplex.

Es werde Licht

Hinter dieser Tür wird die Zukunft erforscht Hinter dieser Tür wird die Zukunft erforscht
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Nun stellen Sie sich Photonen (Licht) vor, die mitein­ander in einer genau defi­nierten Bezie­hung stehen (sie sind "verschränkt"). Was die einzelnen Photonen machen, ist nicht genau bekannt, aber die beiden mitein­ander bilden eine klar defi­nierte Einheit.

Quanten-Computer sind sehr leis­tungs­fähig und können binnen Tagen oder noch in kürzerer Zeit Dinge ausrechnen, für die klas­sische Computer vorher Jahre gebraucht haben.

Alle Schlüssel sind knackbar?

Das Gerät für den Quantenschlüsselaustausch (Quantum Key Distribution). Zwei Parteien bekommen eine gemeinsame Zufallszahl Das Gerät für den Quantenschlüsselaustausch (Quantum Key Distribution). Zwei Parteien bekommen eine gemeinsame Zufallszahl
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Wenn eine Nach­richt klas­sisch verschlüs­selt wird, könnte ein Quan­ten­com­puter dazu genutzt werden, alle in Frage kommenden Schlüssel ("brute force") auszu­pro­bieren und er hätte wohl bald Erfolg. Es geht aber noch perfider: Die Schlüssel lassen sich durch die Ausfüh­rung eines Quan­ten­algo­rithmus (sog. Shor Algo­rithmus) sehr viel effi­zienter knacken. So oder so: Für sicher­heits­bewusste Menschen oder Orga­nisa­tionen, die bestimmt nicht wollen, dass Außen­ste­hende von ihrer Kommu­nika­tion etwas mitbe­kommen, ist das ein Alptraum.

Die Idee: Quan­ten­tech­nologie einsetzen, um noch bessere und noch siche­rere Schlüssel zu erzeugen und zu über­tragen.

Quanten-Technik: Abhören fällt garan­tiert auf

Das "Schöne" an der Quan­ten­tech­nologie ist, dass bei einer Nach­rich­ten­über­tra­gung zwischen Absender A und Empfänger B sofort auffällt, wenn jemand "mithört". Die Qualität der Über­tra­gung wird merkbar schlechter. Menschen, die in der ehema­ligen DDR aufge­wachsen sind, erin­nern sich sicher, dass Knack­geräu­sche bei Tele­fon­gesprä­chen der Indi­kator sein konnten, dass die Stasi (Staat­sicher­heit) mithörte.

Um Verbin­dungen noch sicherer zu machen, kann der legi­time Absender über die Verbin­dung ein Rauschen legen, das nur der offi­zielle Empfänger heraus­fil­tern kann. Der Abhörer in der Mitte kann das aber nicht heraus­fil­tern und somit wird das "Mithören" schwierig bis unmög­lich.

Ein Labor in Berlin

Überblick über die Quantum Lab Experimente Überblick über die Quantum Lab Experimente
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Deut­sche Telekom hat nun in Berlin im ehema­ligen Fern­mel­deamt 1 ein Quan­ten­kom­muni­kations-Labor einge­richtet, wo auspro­biert wird, ob und wie es möglich ist, sichere Daten­über­tra­gungen zu reali­sieren.

Ziel­rich­tung ist es, so erklärt es Joseph-Manuel Williams von der Telekom, "Tech­nolo­gien für quan­ten­sichere Netz­werke zu verproben. Wir wollen verhin­dern, dass die Quan­ten­com­puterei zur Killer­appli­kation der Spione und Geheim­dienste wird und wollen auch zukünftig sichere digi­tale Kommu­nika­tion anbieten."

Gemeinsam mit Part­nern aus Wissen­schaft und Wirt­schaft soll im Bereich der Quan­ten­tech­nolo­gien geforscht und expe­rimen­tiert werden. Welche Quan­ten­kon­zepte sind möglich und welchen Nutzen haben sie für die Kunden? Am Ende soll eine nutz­bare Quan­ten­kryp­tografie und damit die Entwick­lung leis­tungs­fähi­gerer Kommu­nika­tions­netze heraus­kommen.

2000 km Netz­werk

Von Berlin aus gehen Glasfaserleitungen direkt zu Forschungseinrichtungen. Wann und wo die Photonen unterwegs sind, weiß niemand genau Von Berlin aus gehen Glasfaserleitungen direkt zu Forschungseinrichtungen. Wann und wo die Photonen unterwegs sind, weiß niemand genau
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Quan­ten­com­puter arbeiten mit Licht. Dazu gibt es ein über 2000 Kilo­meter umfas­sendes Glas­faser-Test-Netz­werk, welches Forschungs­partner und -labore in ganz Deutsch­land mitein­ander verbindet.

Neben der Telekom sind die Tech­nischen Univer­sitäten in Berlin, Dresden und München sowie das Fraun­hofer Institut HHI (Hein­rich Hertz Institut) und andere Partner aus der Wissen­schaft und Wirt­schaft betei­ligt.

Quan­ten­ver­schrän­kung und -kryp­tografie

Die Forschung im Quantum Lab soll sich auf die Nutzung der bereits erklärten Quan­ten­ver­schrän­kung konzen­trieren. Dieses physi­kali­sche Phänomen verspricht einen tief­grei­fenden Wandel in der Tele­kom­muni­kation. Dazu gehören die Quan­ten­kryp­tografie für "ultra­sichere" Kommu­nika­tion sowie Kommu­nika­tions­netze mit verbes­serter Latenz­zeit, Durch­satz und Ausfall­sicher­heit. Die Quan­ten­ver­schrän­kung bietet auch die Möglich­keit leis­tungs­fähi­gerer Netz­werke von verteilten und senso­rischen Anwen­dungen - ein soge­nanntes "Quanten-Internet der Dinge".

Williams steigt tief in die Technik ein: "Durch die Forschung der Quan­ten­ver­schrän­kung soll unter­sucht werden, ob sich durch die Kombi­nation der post-shannon'schen Kommu­nika­tions­theorie zusammen mit räum­lich verteiltem Zufall expo­nen­tiell wach­sende Kanal­kapa­zitäten erzielen lassen, oder ob sich Netz­werk­latenzen durch Ausnut­zung von quan­ten­phy­sika­lischen Effekten auf der physi­kali­schen Ebene deut­lich redu­zieren lassen. Auch sollen Einsatz­mög­lich­keiten (quanten-)kryp­togra­fischer Sicher­heits­merk­male - wie das Bit-Commit­ment oder Obli­vious-Transfer - in den Provi­der­netz­werken unter­sucht werden."

Falls jetzt der Kopf raucht, einfach einen Infor­matik-Studenten im Bekann­ten­kreis fragen. Der muss das wissen. Wichtig ist die Photonenquelle, für verschränkte (entangled) Photonen Wichtig ist die Photonenquelle, für verschränkte (entangled) Photonen
Foto: Henning Gajek / teltarif.de

Nemat: Wir meinen es Ernst

"Die Eröff­nung unseres Quantum Lab ist ein klares Signal, dass wir es ernst meinen mit der Über­füh­rung der Quan­ten­tech­nologie in die kommer­ziellen Netze der Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter", erklärt Technik-Vorständin der Telekom, Claudia Nemat dazu.

Sie lädt die Forschungs­welt ausdrück­lich dazu ein, gemeinsam Netz­werke an der Schnitt­stelle zwischen Forschung und Entwick­lung (F&E) und späterer kommer­zieller Auswer­tung zu nutzen. Sie möchte beweisen, dass inno­vative Quan­ten­tech­nologie-Lösungen auch unter realen Bedin­gungen funk­tio­nieren können. Das wird eine neue Ära der Kommu­nika­tions­dienste einzu­läuten."

2023: Quan­ten­tech­nologie bei der Telekom

Seit Februar dieses Jahres ist die Deut­sche Telekom an führender Stelle im soge­nannten PETRUS-Projekt der Euro­päi­schen Kommis­sion mit dabei. Die Telekom wird die Zusam­men­arbeit der 27 EU-Mitglied­staaten beim Aufbau einer trans­euro­päi­schen Quan­ten­kom­muni­kati­ons­infra­struktur (EuroQCI) koor­dinieren. Darüber hinaus gab T-Systems bereits den Start ihres Quantum-as-a-Service-Ange­bots bekannt.

Das bedeutet: Geschäfts­kunden können bereits auf echte Quan­ten­com­puting-Umge­bungen zugreifen, Anwen­dungs­fälle entwi­ckeln und testen, um sich auf die Zukunft des Quan­ten­com­putings vorzu­bereiten. Dieser Zugang soll durch spezi­elle Schu­lungs- und Bera­tungs­dienste ergänzt werden.

Quan­ten­ver­schlüs­selung erklärt

Telekom-Vorständin Claudia Nemat bringt das Kunst­stück fertig, die hoch­kom­plexe Quanten-Tech­nologie auf dem YouTube-Kanal "What's new, Claudia?" allge­mein­ver­ständ­lich zu erklären:

In einer weiteren Meldung lesen Sie: Telekom und Micro­soft bieten Lösungen für private Campus-Netze.

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