Tiktok

Sicherheitsbedrohung: Trump will Tiktok-Verkauf erzwingen

Tiktok ist der erste globale App-Erfolg aus China in der Liga von Face­book. Doch Präsi­dent Trump sieht darin eine Bedro­hung der natio­nalen Sicher­heit. Jetzt setzt er der beliebten Video-App eine Galgen­frist für das US-Geschäft.
Von dpa /

US-Präsident Trump hat die Social-Media-App Tiktok im Visier US-Präsident Trump hat die Social-Media-App Tiktok im Visier
Bild: picture alliance/Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
US-Präsi­dent Donald Trump macht ernst: Mit einer neuen Verfü­gung gegen Tiktok will er offenbar den Verkauf des US-Geschäfts der beliebten chine­si­schen Video-App erzwingen.

Mit der Verfü­gung, die in 45 Tagen greifen soll, verbietet Trump US-Bürgern, "Geschäfte" mit Byte­dance, dem Eigen­türmer der App, zu machen. Die App stelle eine "Bedro­hung" der natio­nalen Sicher­heit dar, hieß es in der am Donners­tag­abend (Orts­zeit) veröf­fent­lichten Verfü­gung. Die App sammle große Mengen an Nutzer­daten und könne es der kommu­nis­ti­schen Partei China ermög­li­chen, Ameri­kaner auszu­spio­nieren, hieß es.

Tiktoks Zukunft in den USA

US-Präsident Trump hat die Social-Media-App Tiktok im Visier US-Präsident Trump hat die Social-Media-App Tiktok im Visier
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Trump hatte jüngst mit Nach­druck auf einen Verkauf des US-Geschäfts der App an ein ameri­ka­ni­sches Unter­nehmen gedrängt. Mit der Verfü­gung scheint er dies zu erzwingen: Falls der Erlass nicht noch von einem Gericht für ungültig erklärt werden sollte, dürfte Tiktok in den USA in 45 Tagen nicht mehr verfügbar sein. Zudem ging der Präsi­dent auch gegen die chine­si­sche App WeChat vor. Das Vorgehen markierte eine neue Eska­la­ti­ons­stufe in den ange­spannten Bezie­hungen mit China.

Der US-Soft­ware­riese Micro­soft brachte sich nach dem massiven poli­ti­schen Druck aus dem Weißen Haus in Stel­lung, das US-Geschäft der Video-App zu über­nehmen. Das Unter­nehmen will bis Mitte September einen Deal mit dem privaten chine­si­schen Eigen­tümer aushan­deln. Auch der Tiktok-Betrieb in Kanada, Austra­lien und Neusee­land soll Teil der Verein­ba­rung sein, erklärte Micro­soft in einem Blogein­trag. Europa wurde nicht erwähnt. Micro­soft will nach eigenen Angaben dafür sorgen, dass alle persön­li­chen Daten von US-Bürgern in die USA über­tragen und nur dort gesam­melt würden.

Das Weiße Haus zitierte Berichte, wonach die App in den USA bereits 175 Millionen mal herun­ter­ge­laden worden sei. Sollte ein US-Unter­nehmen Tiktoks örtli­ches Geschäft über­nehmen, dürfte die App dort weiter eine Zukunft haben, zumal die Verfü­gung sich nicht gegen Tiktok an sich, sondern gegen den chine­si­schen Eigen­tümer rich­tete.

Tiktok sammle große Mengen an Daten

Tiktok verzeichnet rasantes Wachstum und gilt schon länger als ange­sag­teste große Platt­form bei jüngeren Leuten. Die inter­na­tio­nale Video­platt­form hat hunderte Millionen Nutzer welt­weit. Sie können dort eigene Clips hoch­laden oder Videos von anderen ansehen. Das soziale Netz­werk Face­book versucht, mit dem Kurz­video-Format Reels bei seiner Foto­platt­form Insta­gram mitzu­halten.

Aus dem Weißen Haus hieß es, Tiktok "sammelt auto­ma­tisch große Mengen an Daten von seinen Nutzern", darunter auch Geodaten und Such­ver­läufe. Diese Daten könnten es China erlauben, Ange­stellte des Bundes oder Dienst­leister auszu­spio­nieren oder zu erpressen, hieß es.

Tiktok-Eigen­tümer Byte­dance bemüht sich seit einiger Zeit, seine inter­na­tio­nale Platt­form von der chine­si­schen Version zu trennen. Tiktok versi­chert, Chinas Regie­rung habe keinen Zugriff auf Nutzer­daten und habe dies auch nie verlangt. Die Daten von US-Nutzern würden sowieso in den USA gespei­chert und verar­beitet, hieß es. In China selbst gibt es nur die zensierte Version der App, Douyin.

Wie viel Micro­soft für Tiktok zahlen müsste, ist bislang unklar. Es dürfte aber um einen zwei­stel­ligen Milli­ar­den­be­trag gehen. Die Verfü­gung des Weißen Hauses setzt Byte­dance aller­dings unter Druck. In den USA hat Tiktok nach eigenen Angaben 100 Millionen Nutzer und wäre damit ein äußerst attrak­tives Über­nah­me­ziel.

Micro­soft könnte zu einem rele­vanten Wett­be­werber von Face­book werden

Micro­soft könnte aus dem poli­ti­schen Gerangel um die App somit als lachender Dritter hervor­gehen - der Soft­ware­kon­zern hat bislang kein eigenes Social-Media-Geschäft. Unter Chef Satya Nadella wurde Micro­soft neben dem Kern­ge­schäft vor allem mit Cloud-Ange­boten für Unter­nehmen erfolg­reich. Im Geschäft mit Verbrau­chern tritt das Unter­nehmen vor allem mit der Spie­le­kon­sole Xbox in Erschei­nung.

Mit dem Tiktok-Deal würde der Windows-Riese auf einen Schlag zu einem rele­vanten Wett­be­werber von Face­book werden - würde sich aber auch für den Konzern ganz neue Probleme ins Haus holen. So muss Face­book gewal­tige und teure Anstren­gungen unter­nehmen, um Hass­bot­schaften, Hetze und andere poli­ti­sche Inhalte aus der Platt­form zu filtern.

Eben­falls im Visier: die Social-Media-App WeChat

In einer weiteren Verfü­gung verbat Trump US-Bürgern auch, Geschäfte mit der chine­si­schen Social-Media-App WeChat oder deren Eigen­tür­mern zu machen. Das Verbot werde aus Gründen der natio­nalen Sicher­heit eben­falls in 45 Tagen in Kraft treten, hieß es. Die Verfü­gung könnte zu einem Verbot der App in den USA führen. Die von Tencent Holdings betrie­bene App ist in China extrem beliebt - in den USA wohl aber nur begrenzt verbreitet. Die App bietet Nutzern die Dienste eines sozialen Netz­werks an, Messenger-Services und einen Bezahl­dienst.

Trumps Regie­rung geht schon seit langem gegen den chine­si­schen Tele­kom­riesen Huawei vor. Washington verdäch­tigt diesen, ein Einfallstor für Pekings Spione zu sein. Die US-Regie­rung bemüht sich mit Nach­druck, dafür zu sorgen, den Hersteller auch in befreun­deten Staaten vom Bau der schnellen 5G-Mobil­funk­netz­werke auszu­schließen. Auch der chine­si­sche Tele­kom­aus­rüster ZTE war in Washington zwischen­zeit­lich in Ungnade gefallen.

Nach einem langen und inten­siven Handels­krieg schlossen China und die USA im Januar ein Teil­han­dels­ab­kommen ab. Seither hat sich das Verhältnis der größten und zweit­größten Volks­wirt­schaft der Welt jedoch rapide verschlech­tert. Schuld daran ist vor allem die Coro­na­virus-Pandemie, die in China ihren Ursprung genommen hatte.

Trump macht China für die von der Pandemie ausge­löste Wirt­schafts­krise verant­wort­lich. Für Trump, der sich im November um eine zweite Amts­zeit bewirbt, kommt die Krise zur Unzeit.

Wenn Sie bisher noch aufgrund einer potenzi­ellen Gefähr­dung der persön­li­chen Daten mit der Corona-Warn-App haderten, gibt es nun eine gute Nach­richt. Und wie diese lautet, lesen Sie in einer weiteren News.

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