Fernsehen

Verlässt CNN den Nachrichten-Thron?

Seit Monaten ist die CNN-Zentrale in Atlanta selbst unfrei­willig Mittel­punkt der Nach­richten. Es geht um Skan­dale und Perso­nal­que­relen. Eines der zentralen Projekte von Eigen­tümer Warner Bros. Disco­very droht zu schei­tern.
Von Björn König

CNN-Chef Chris Licht stürzte unter anderem über ein Town Hall mit Ex-Präsident Donald Trump CNN-Chef Chris Licht stürzte unter anderem über ein Town Hall mit Ex-Präsident Donald Trump
Foto: Will Lanzoni / CNN
Einst war CNN das Flagg­schiff unter den inter­natio­nalen Nach­rich­ten­sen­dern. Insbe­son­dere zu Zeiten des Golf­kriegs hatte das Network seine goldene Ära und galt als eine der renom­mier­testen Quellen im Medi­enge­schäft. Doch diese Zeiten sind längst vorbei, mitt­ler­weile kämpft CNN um seinen guten Ruf. Dabei sollte der Sender als Teil von Warner Bros. Disco­very wieder zu alter Stärke zurück­finden.

Poli­tische Schlag­seite

CNN-Chef Chris Licht stürzte unter anderem über ein Town Hall mit Ex-Präsident Donald Trump CNN-Chef Chris Licht stürzte unter anderem über ein Town Hall mit Ex-Präsident Donald Trump
Foto: Will Lanzoni / CNN
Die größeren Probleme begannen für CNN unter seinem letzten Eigen­tümer AT&T bzw. dessen Tochter WarnerMedia. Immer wieder wurde dem Sender vorge­worfen, sich zu sehr im links­libe­ralen Spek­trum zu posi­tio­nieren. Egal ob Kommen­tatoren, Mode­ratoren oder in der Bericht­erstat­tung: Bei Poli­tikern der Repu­bli­kaner stand der Sender unter verbalem Dauer­feuer, was letzt­end­lich auch Zuschauer an dem Network zwei­feln ließ. Hinzu kam: Mit dem Auszug von Präsi­dent Donald Trump aus dem Weißen Haus sank zusätz­lich die Einschalt­quote bei CNN und anderen Nach­rich­ten­kanälen ab.

Durch­geschüt­telt wurde CNN aber auch von einer Reihe interner Skan­dale. So musste beispiels­weise CNN-Chef Jeff Zucker seinen Hut nehmen. Ihm wurde ein Verstoß gegen Compli­ance-Richt­linien vorge­worfen, da er die private Bezie­hung zu einer Mitar­bei­terin des Senders nicht öffent­lich machte. Auch Star­mode­rator Don Lemon musste später wegen Vorwürfen unan­gemes­senen Verhal­tens gegen­über Kolle­ginnen gehen. Warner Bros. Disco­very-CEO David Zaslav wollte schließ­lich bei CNN aufräumen. Der bis dato erfolg­reiche Medi­enma­nager Chris Licht sollte es von nun an richten und CNN auch für konser­vative Gesell­schafts­schichten öffnen.

Schei­tern im zweiten Anlauf

Tatsäch­lich stürzte man aber auch unter dem Dach von WBD ins nächste Chaos. Schon zu Beginn der neuen Ära zog Zaslav beim Strea­ming-Dienst CNN+ wieder den Stecker. Das Projekt ging noch aufs Konto des ehema­ligen WarnerMedia-Chefs Jason Kilar. Für den kosten­pflich­tigen Service hatte Warner sogar hoch­karä­tige Jour­nalisten wie Fox News Anchor Chris Wallace an Bord geholt.

Doch auch Chris Licht stapfte ins nächste Fett­näpf­chen. Zaslavs Hoff­nungs­träger setzte eine Morning­show in den Sand und musste sich herbe Kritik gefallen lassen, weil ein Town Hall mit Ex-Präsi­dent Donald Trump für den Sender zum Fiasko avan­cierte. Damit war letzt­end­lich auch seine Karriere im Manage­ment von CNN beendet. Nun herrscht bei Warner Bros. Disco­very gewis­ser­maßen Ratlo­sig­keit. Wie soll das News-Schiff wieder auf Kurs gebracht werden?

Wäre ein Verkauf denkbar?

WBD könnte einen weiteren Anlauf zur Sanie­rung von CNN nehmen, doch im Falle eines Schei­terns sieht die Zukunft in Atlanta zwei­fels­ohne düster aus. Der Kanal galt nie als Herzens­pro­jekt im auf Unter­hal­tung getrimmten Medi­enkon­zern Warner. Er ist viel­mehr noch ein Relikt aus der Ted Turner-Ära, welcher den Kanal einst aufbaute und zum inter­natio­nalen Erfolg führte.

Fakt ist auch: Nach­rich­ten­fern­sehen gilt in den USA als schwie­riger Markt, denn dort kämpfen wie kaum anderswo auf der Welt Sender um die Gunst ihrer Zuschauer. So betreiben alleine die großen Networks NBC, ABC und CBS eigene Kanäle. Hinzu kommt neben CNN noch Fox News, die öffent­liche PBS sowie das als poli­tisch im rechten Spek­trum zuge­ord­nete "One America News Network" (OAN).

Ein Verkauf von CNN wäre denkbar, gilt aber auch in den USA als poli­tisch schwer vermit­telbar. Im stark pola­risierten Medi­enmarkt hat CNN noch immer erheb­lichen Einfluss auf die Meinungs­bil­dung, auch wenn dessen Gewicht mitt­ler­weile abge­nommen hat. Konzern­chef David Zaslav gilt aller­dings gemeinhin als nicht beson­ders geduldig. Wenn sich keine sicht­baren Erfolge einstellen, macht er bei Betei­ligungen schnell kurzen Prozess. Das zeigte sich bereits konzern­intern im Rahmen zahl­rei­cher Spar­maß­nahmen und Umstruk­turie­rungen.

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