Protest

Privatradios sehen sich durch UKW-Preismodell gefährdet

Der UKW-Sendernetzbetreiber Media Broadcast hat eine Preisliste zur Antennenmitbenutzung ihrer Standorte für Dritte vorgelegt. Erhebliche Gebührenerhöhungen an einzelnen Standorten gefährden dabei den Sendebetrieb privater Hörfunkveranstalter, sagen diese.
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Alsteradio sieht sich bedroht Alsteradio sieht sich bedroht
Screenshot: teltarif.de
Der Aufschrei von Alster Radio klingt dramatisch: In einem offenen Brief haben die Geschäfts­führer des Hamburger Privatsenders davor gewarnt, dass ihr Programm durch eine drastische Erhöhung in den Rahmen­kosten für den Sendebetrieb in seiner Existenz bedroht sei. Warum geht es hier? Die Bundes­netzagentur (BNetzA) hat Mitte Dezember 2014 die Media Broadcast als marktbeherrschenden UKW-Sendernetz­betreiber aufgefordert, die Antennenmitbenutzung ihrer Standorte für Dritte im kommenden Wettbewerb zu öffnen und dafür eine entsprechende Entgeltstruktur vorzulegen. Damit soll alternativen Netzbetreibern die Möglichkeit gegeben werden, ihre Dienst­leistungen Hörfunkanbietern auch an solchen Standorten anzubieten, die bisher ausschließlich für die Media Broadcast reserviert waren. Oftmals ist aus bautechnischen Gründen die Installation einer weiteren Antenne oder erst recht der Bau eines weiteren Sendeturms nicht möglich oder erwünscht. Alsteradio sieht sich bedroht Alsteradio sieht sich bedroht
Screenshot: teltarif.de

Der Netzbetreiber Media Broadcast hat bereits im Frühjahr dieses Jahres eine entsprechende Entgeltliste für ihre 1500 UKW-Standorte vorgelegt. Bisher basierten die Senderkosten in Deutschland auf einer Mischkalkulation. Mit der Neuordnung werden die Kosten konkret auf den jeweiligen Standort bezogen. Dadurch werden etwa landesweite, große Sendenetze im Schnitt bis zu zehn Prozent günstiger. Erhebliche Verteuerungen wird es dagegen dort geben, wo einzelne UKW-Frequenzen an einzelnen Standorten betrieben werden und es keinen Mitnutzer beim UKW-Sendebetrieb gibt. Das betrifft vor allem kleinere und mittlere Lokalradios, aber auch Alsterradio, das mit hoher Sendeleistung als einziger Hörfunksender vom Sendeturm in Hamburg-Rahlstedt aktiv ist. Ein Wechsel auf einen anderen Sendeturm sei aus diversen Gründen nicht möglich.

Alster Radio sieht Marktmissbrauch

Der offene Brief Der offene Brief
Quelle: Alterradio
Der Endpreis für den Sender würde sich ab dem 1. April 2017 von 165 000 auf 441 000 Euro nahezu verdreifachen. "Die neuen Preise sind nach unserer festen Auffassung marktmissbräuchlich überhöht", schreiben die Alsterradio-Chefs Christopher Franzen und Jörg Reitmann in ihrem offenen Brief.

Auch zahlreiche kleine Lokalsender sind in Gefahr: Zumeist nutzen sie Sendeanlagen als einziger Veranstalter. Die Maßnahme führe etwa zu einer außerordentlichen Kostensteigerung für die Hörfunkanbieter im ländlichen Raum in Bayern und stellt die verabschiedeten Wirtschafts­pläne der Hörfunk­unter­nehmen auf den Kopf. Wenn man nur den Lokalfunk betrachtet, würde das eine Kosten­steigerung von mehr als 40 Prozent bedeuten, rechnet die Bayerische Landes­zentrale für neue Medien (BLM) vor.

Vorwurf: Neue Entgelte schützen bisherige Monopolisten

Der Regulierungsbehörde werfen die Radiomacher vor, sie schütze vor allem die Interessen der Deutschen Telekom AG und der ehemaligen Telekom-Tochter Media Broadcast, die sich nun im Besitz von Finanzinvestoren befindet. Die Sendetürme gehören zumeist der Deutschen Funkturm GmbH, einer Telekom-Tochter, die Antennen der Media Broadcast. In einem Bericht des "Hamburger Abendblatt" weist das Unternehmen diese Vorwürfe zurück. Man "unterliegt im UKW-Geschäft der strengen vorherigen Entgelt­kontrolle durch die Bundes­netz­agentur. Diese hat jüngst die Entgelte festgelegt, die Media Broadcast für den Sendernetz­betrieb sowie den Antennenzugang erheben muss. Der Vorwurf des missbräuchlichen Verhaltens entbehrt insofern jeglicher Grundlage."

DAB+ fairer und günstiger, aber nicht gewollt

Im Privatfunklager sieht man aber noch einen ganz anderen Grund für das aus ihrer Sicht unfaire Preismodell: Mit den teureren Gebühren für UKW an zahlreichen Standorten könnte der Aufbau des digital-terrestrischen Radios DAB+ finanziert werden. Der Verband privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) wirft der Netzagentur eine "versteckte Subventionierung von DAB+ durch höhere UKW-Preise" vor.

Dabei wäre die Preisgestaltung bei DAB+ in vielen Punkten fairer als das neue UKW-Modell der Netzagentur: Bis zu 20 Veranstalter könnten sich hier in einem Multiplex einen Kanal teilen. Die Kosten seien nicht abhängig vom Sendestandort, sondern von der angemieteten Datenrate (CUs). Und die Gebühren für eine Verbreitung über DAB+ seien erheblich günstiger als für die UKW-Ausstrahlung.

Doch neben der immer noch überschaubaren Zahl von DAB-Geräten im Markt und den schlechten Refinanzierungschancen aus Werbeeinnahmen gilt eben diese Bouquet-Struktur bei DAB+ den meisten kommerziellen Hörfunkveranstaltern als Hinderungsgrund beim Einstieg in die Digitaltechnik: Auf einer UKW-Frequenz senden sie alleine, vor allem landesweite Sender haben oft ein Allein­stellungs­merkmal. In Hessen gibt es etwa Regionen, in denen mit Hit Radio FFH nur ein einziges privates Hörfunkprogramm zu empfangen ist und in Brandenburg Landstriche in denen nur BB Radio zu hören ist. Diese Monopolstellung müssten Privatradios aufgeben, würden sie sich auf DAB+ einlassen. Sie sehen ihre in vielen Jahren hart erarbeitete Marktstellung durch neue, in puncto technische Reichweite gleichgestellte, Konkurrenten gefährdet.

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