5G-Netz: Vodafone setzt im Kern auf Ericsson
Vodafone wird sein 5G-Kernnetz in Deutschland mit der Technologie von Ericsson bauen. Die entsprechende Vertragsunterzeichnung mit einer Laufzeit von fünf Jahren gaben die Beteiligten heute in Düsseldorf bekannt. Das Vertragswerk über die Zusammenarbeit umfasst den kompletten Ausbau vom 5G-Kernnetz für die Übertragung von Daten (Sprache sind am Ende auch Daten).
Ericsson ist bei Vodafone ein alter Bekannter. Ganz zu Beginn hatte Vorgänger Mannesmann Mobilfunk auf verschiedene Lieferanten gesetzt. Weil die aber nicht "gut genug" waren, wurde die Technik gegen solche von Ericsson ausgetauscht. Auch im LTE-Kernnetz ist Ericsson der Infrastruktur-Partner von Vodafone Deutschland.
Vodafone ist stolz auf 5G
Blick in das 5G-Core-Rechenzentrum von Vodafone mit Technik von Ericsson
Foto: Vodafone / Ericsson
Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter ist stolz: „Der erste 5G-Call. Das erste 5G-Netz. Das erste Mal 5G-Standalone. Gemeinsam mit Ericsson haben wir in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche technische Neuheiten nach Deutschland gebracht. Und gemeinsam mit Ericsson wollen wir bei 5G auch in Zukunft immer vorne dabei sein, um Deutschland in eine Spitzenposition zu bringen. Deshalb bauen wir das 5G-Kernnetz für die Übertragung von Daten gemeinsam aus.
Dem pflichtet Arun Bansal, Ericsson-Vorstand für die Europa und Lateinamerika, in bestem Marketing-Sprech bei: „Als wichtiger Partner der Digital Journey von Vodafone, führten wir gemeinsam – nach Jahren voller Innovation – 5G in großen Teilen Europas ein. Ergänzend zu den von uns ausgerüsteten Teilen des Antennennetzes, setzt Vodafone nun auch auf unser Kernnetz, um 5G in Deutschland und Großbritannien auf ein neues Level zu heben."
Schaltzentrale für Datenübertragung
Das Kernnetz ist im Mobilfunk die zentrale Schaltstelle für die Kunden-Datenverarbeitung und Übermittlung der Daten zwischen den Nutzern oder Anwendungen.
Durch die Umstellung auch des Kernnetzes auf eine eigenständige 5G-Infrastruktur werden mit 5G (SA) neben deutlich höheren Bandbreiten auch sehr niedrige Latenzzeiten und "Network Slicing" möglich.
Network Slicing beschreibt das Bereitstellen von Teilnetzen ("Netz im Netz") mit garantierten Bandbreiten für Spezialanwendungen. 5G soll durch die Umstellung im Kernnetz völlig unabhängig von der bestehenden LTE-Infrastruktur werden.
Erstes 5G-Kernnetz mit Ericsson bereits live
Im April 2021 hat Vodafone das erste 5G-Kernnetz in Deutschland in Betrieb genommen. Gemeinsam mit Ericsson wurde 5G-Standalone kommerziell gestartet, das erste 5G Rechenzentrum steht in Frankfurt am Main.
Weitere 5G-Rechenzentren sollen in Berlin und München zeitnah folgen. Der Ausbau des Kernnetzes für die Datenübertragung wird künftig "komplett mit Ericsson" erfolgen. Nicht nur in Deutschland. Auch im Konzern-Mutterland Großbritannien setzt Vodafone im 5G-Kernnetz auf die Zusammenarbeit mit Ericsson.
Kein Huawei: Netzbetreiber setzen beim 5G-Kernnetz auf Ericsson
Bedeutet Technik aus China ein Sicherheitsrisiko für das deutsche 5G-Netz? Das wurde in Deutschland quälend lange diskutiert. Am Ende ließ die Politik den chinesischen Lieferanten wie Huawei, ZTE & Co. ein Türchen offen. Doch zumindest im Kernnetz wollen die Netzbetreiber lieber nur europäische Technik zum Einsatz kommen lassen.
Vodafone setzt auf Ericsson, Telefónica und die Deutsche Telekom setzen ebenfalls nicht auf Huawei.
Antennen-Systeme weiter von Huawei
Beim Antennennetz, das nur die Antennen (und Funkmodule) umfasst und keine Kunden- oder Nutzer-Datenverarbeitung beinhaltet, sieht das anders aus: Vodafone und die Deutsche Telekom arbeiten hier mit den Lieferanten Ericsson und Huawei, Telefónica hat Verträge mit Nokia und Huawei abgeschlossen.
Nach einer langen politischen Debatte um Sicherheitsbedenken gegen Huawei und andere Technologiekonzerne aus China hatte der Bund im vergangenen Jahr strenge Zertifizierungsauflagen festgelegt.
So können auch chinesische Anbieter wie Huawei und ZTE beim 5G-Ausbau mitmachen, aber das braucht eine Zertifizierung durch deutsche Behörden. Dabei soll ein Art politisch motiviertes Veto-Recht gelten. Die Telekommunikationsbranche ist verunsichert.
Vodafone: Ericsson bietet beste Leistung
Vodafone betont, dass die Entscheidung für Ericsson gefallen sei, weil der schwedische Anbieter die beste Leistung biete. Zudem wird darauf verwiesen, dass man schon lange mit Ericsson zusammenarbeitet. Doch die Entscheidung für Ericsson war nicht von vornherein so klar, wie man vermuten würde. Dem Vernehmen nach sei neben weiteren Herstellern auch das finnische Unternehmen Nokia in der engeren Auswahl gewesen.
Beim 5G-Antennennetz von Vodafone wird weiter Technik von Huawei und von Ericsson verbaut werden. Dieser Teil des Netzes gilt unter Fachleuten als weniger kritisch, weil Daten hier nur weitergeleitet und nicht selbst verarbeitet werden.
Und Edge-Computing?
Allerdings wird bei 5G die bisher klare örtliche Trennung zwischen Kernnetz und Antennennetz teilweise aufgehoben. Um die Latenz (Ping-Zeiten) zu drosseln, werden beim "Mobile Edge Computing" auch Mini-Rechner verwendet, die unweit der Antennen hängen, etwa in Fabrikhallen. Dadurch soll Echtzeit-Kommunikation ermöglicht werden: Daten werden nicht mehr in weit entfernte Rechenzentren geleitet, sondern bleiben zur Datenverarbeitung direkt vor Ort.
Solche Systeme sind für die "Campusnetze" der Industrie wichtig, die ein eigenes nach außen "abgeschirmtes" 5G-Mobilfunknetz haben möchten. Funktional gesehen gehörten diese EDGE-Minirechner zum Kernnetz, heißt es bei Vodafone.
Die Vereinbarung mit Ericsson betrifft aber nur das öffentliche Kernnetz, also die 5G-Core-Rechenzentren. Ob Vodafone auch beim "Mobile Edge Computing" ebenfalls auf Huawei verzichten wird, ist noch nicht beschlossen: Bisher gebe es das Edge Computing nur auf Projektbasis, in den meisten Fällen werde dabei Technik von Ericsson genutzt, sagt ein Vodafone-Sprecher. In diesem Segment gebe es aber eine Vielzahl von Anbietern.
Die Wettbewerber haben einen ähnlichen Kurs eingeschlagen. Telefónica mit seiner Marke o2 verbaut Technik von Ericsson im Kernnetz sowie Anlagen von Huawei und Nokia im Antennennetz. Die Deutsche Telekom setzt beim Kernnetz nach eigenen Angaben "auf europäische und amerikanische Hersteller" (und präferiert Open RAN) und beim Antennennetz auf Ericsson und Huawei.
Antennennetz ist unkritisch
Die Wahl der Zulieferer beim Antennennetz hat für die Telekom einen einfachen Grund: Bei der energiesparenden SRAN-Technologie (Software gesteuerte flexible Basisstationen) können die neuen 5G-Komponenten nur auf 4G-Komponenten desselben Herstellers aufgesetzt werden. Künftig soll dieses Limit durch die Open-RAN-Technologie (die noch im Erprobungsstadium sich befindet) aufgebrochen werden.
Als vierter Mobilfunk-Netzbetreiber ist die 1&1 AG in den Startlöchern. Der "Welt am Sonntag" hatte Konzernchef Ralph Dommermuth kürzlich verraten, dass man das neue Netz ohne chinesische Anbieter plane.