Datenverkauf

Internet-Händler: Kundendaten sind unerschöpfliche Goldminen

Verschärfung der EU-Datenschutzrichtlinie wird von Händlern kritisiert
Von dpa / Jennifer Buchholz

EU plant Richtline gegen den Handeln mit Kundendaten EU plant Richtline gegen den Handeln mit Kundendaten
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Der Fall Edward Snowden kommt Michael Otto nicht gerade gelegen - gelinde gesagt. Handels­kunden seien auf einmal viel sensibler für das, was nach dem Einkauf mit ihren Daten passiert, bemerkt der Auf­sichts­rats­chef des Hamburger Versandriesen Otto. Und das muss ihm Sorgen machen: Denn wer heute im Netz oder im Laden etwas kauft, hinterlässt immer mehr Daten­spuren - und die sind für den Handel Gold wert.

Sei's die Milch vom Discounter oder das Socken-Abo im Netz - was kauft der Kunde wann, wo und warum? Um ein Bild davon zu bekommen, fügen Handels­unternehmen ein Mosaik aus immer mehr Steinchen zusammen. Der Käufer liefert die Daten-Bausteine, oft ohne darüber nachzudenken: etwa mit seiner Kundenkarte am Ladentisch oder dem Warenkorb am Bildschirm.

Einkaufsverhalten ist interessant für den Markt

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Big Data, das ist eines der Topthemen der Branche. Nach Schätzungen verfünfzig­facht sich die weltweite Daten­menge im Laufe dieses Jahrzehnts. Der Handel - offline wie online - sieht sich vor einer unerschöpflichen Goldmine.

Und jetzt das: "Big Data droht zum Schimpfwort zu werden", klagt Handels­schwergewicht Otto. Schon drohe eine neue EU-Datenschutzrichtlinie, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Otto betont: "Big Data hat nichts mit Geheimdiensten zu tun."

Thomas Storck erklärt, worum es eigentlich geht. "Der Tante-Emma-Laden­besitzer wusste immer, was seine Kunden wollten." Der Kaufhof-Geschäftsführer erinnert an die Zeit, als Einzelhändler ihre Käufer noch mit Namen kannten. "Er wusste auch, was der Kunde sich nicht leisten konnte, und er kaufte entsprechend ein. Das versuchen wir heute auf den Massenmarkt zu übertragen."

Dafür kombinieren Computer alles, was über einen Käufer erfahrbar ist. Von welcher Seite aus gelangt er in den Online-Shop? Was sucht er dort? Was sieht er an? Was legt er in den Warenkorb, was wieder hinaus und was kauft er? Was kauft er anderswo? Hat die Firma das Datengold nicht selbst, kann sie es bei spezialisierten Händlern kaufen.

Der Handel erhofft sich vielerlei Nutzen: zielgerichtete Werbung für jeden Kunden, stets passende Lager­bestände, bessere Mit­arbeiter­planung in Filialen. Die Käufer müssten durch den Angebotsdschungel gelotst werden, sagt Otto. "Der Kunde freut sich, wenn er im Kauf­ent­scheidungs­prozess entlastet wird."

Verbraucherschützer sehen es etwas anders. Big Data berge ein er­hebliches Risiko für den Persönlichkeitsschutz, heißt es beim Bundes­verband der Ver­braucher­zentralen. Meist wüssten die Nutzer nicht, dass ihre Daten weiter­verwendet werden.

Nur wenige wollen personalisierte Werbung

Auch die Bürger sind skeptisch. Zwar würden drei Viertel ihre persönlichen Daten hergeben, wenn sich damit medizinische Leistungen ver­bessern lassen, wie eine im Oktober veröffentlichte repräsentative Umfrage für die Telekom [Link entfernt] ergab. Aber nur jeder zehnte würde seine Daten für personalisierte Werbung preisgeben.

Die Zurück­haltung ist dem Europäischen Parlament nicht entgangen. Es will die in die Jahre gekommene EU-Datenschutzrichtlinie renovieren, und erwägt, dass Internetsurfer künftig explizit auf die Weiter­verwendung ihrer Daten hingewiesen werden müssen. Das soll Daten­miss­brauch vorbeugen.

Von einer schärferen Richt­linie wollen Händler aber nichts wissen. Otto betont dagegen die hohe Verantwortung, die das Vertrauen der Kunden mit sich bringe. Kaufhof-Mann Storck warnt angesichts der Daten­schutz­debatte: "Die Sensibilität wird massiv zunehmen." Um Big Data zu retten, verlangt er eine Selbst­verpflichtung des Handels für die Daten­sicherheit. "Ansonsten ist das ganze Thema on risk."

Kunden können sich allerdings direkt an die Online-Shops wenden und die Löschung ihrer Daten beauftragen.

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