Themenspezial: Verbraucher & Service Beschlossen

Bundesrat billigt E-Patientenakte für alle

Digi­tale Akten für Gesund­heits­daten wie Arzt­befunde und Labor­werte sollen nach vielen Verzö­gerungen in den Massen­ein­satz kommen. Jetzt ist der Weg dafür geebnet.
Von mit Material von dpa

Blick auf eine elektronische Patientenakte Blick auf eine elektronische Patientenakte
picture alliance/dpa
Elek­tro­nische Pati­enten­akten sollen bald für Millionen Versi­cherte zum Alltag werden. Der Bundesrat machte den Weg dafür frei und ließ heute ein vom Bundestag beschlos­senes Gesetz der Ampel-Koali­tion passieren. Anfang 2025 sollen demnach alle gesetz­lich Versi­cherten eine E-Akte bekommen - es sei denn, man lehnt es für sich ab. Die E-Akte soll ein persön­licher Spei­cher etwa für Befunde und Labor­werte sein und Pati­enten ein Leben lang bei allen Ärztinnen und Ärzten begleiten. Dies soll auch Wech­sel­wir­kungen von Medi­kamenten und unnö­tige Mehr­fach­unter­suchungen vermeiden. Als wähl­bares Angebot waren die E-Akten bereits 2021 einge­führt worden, werden bisher aber kaum genutzt.

Das Gesetz von Gesund­heits­minister Karl Lauter­bach (SPD) regelt auch die stan­dard­mäßige Verwen­dung elek­tro­nischer Rezepte, die bereits seit 1. Januar verpflich­tend von allen Praxen ausge­stellt werden müssen.

Einschät­zung des Bitkom

Bitkom-Haupt­geschäfts­führer Bern­hard Rohleder äußerte sich zum heutigen Beschluss: "Ein modernes Gesund­heits­system kann es ohne digi­tale Gesund­heits­lösungen nicht geben. Bitkom begrüßt daher ausdrück­lich, dass das Digi­tal­gesetz sowie das Gesund­heits­daten­nut­zungs­gesetz heute im Bundesrat die letzte Hürde passiert haben. Die Chancen der Digi­tali­sie­rung für das Gesund­heits­system sind riesig und viele Länder sind Deutsch­land bei der Entwick­lung meilen­weit voraus. Was in anderen Ländern längst Stan­dard ist, wird jetzt auch in Deutsch­land Ärztinnen und Ärzten, Pati­entinnen und Pati­enten sowie allen Beschäf­tigten in Gesund­heits­berufen helfen. [...] Jetzt wird es darauf ankommen, die Chancen der beiden Gesetze auch zu nutzen: Wir müssen vor allem Umfang und Qualität der verfüg­baren Gesund­heits­daten auf ein inter­national vergleich­bares Niveau bringen. Und in der Praxis ist wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte wie auch die Kran­ken­kassen den Menschen die neuen digi­talen Möglich­keiten nahe­bringen. Mit der ePA werden Pati­entinnen und Pati­enten infor­mierter, souve­räner und können sich besser um ihre eigene Gesund­heit kümmern."

Aufhol­jagd in Deutsch­land

Der Chef der Tech­niker Kran­ken­kasse, Jens Baas, sagte der Deut­schen Presse-Agentur, die Geset­zes­pläne stellten die Weichen dafür, dass digi­tale Lösungen wirk­lich bei den Menschen ankommen und ihnen auch einen spür­baren Nutzen bieten. Jetzt brauche es eine schnelle Umset­zung. "Die elek­tro­nische Pati­enten­akte wird nur ein Erfolg und selbst­ver­ständ­lich zum Arzt­besuch dazu­gehören, wenn alle wich­tigen Daten dort abge­legt werden", sagte Baas.

Blick auf eine elektronische Patientenakte Blick auf eine elektronische Patientenakte
picture alliance/dpa
Lauter­bach hat deut­lich gemacht, dass es um eine Aufhol­jagd geht, damit Deutsch­land nach vielen Verzö­gerungen Anschluss an die Digi­tali­sie­rung im Gesund­heits­wesen findet. Der Kern­punkt ist, bisher verstreute Daten aus früheren Behand­lungen zusam­men­zuführen. Das soll Ärztinnen und Ärzten bessere Behand­lungen ermög­lichen und Mehr­fach­unter­suchungen sowie uner­wünschte Wech­sel­wir­kungen von Medi­kamenten vermeiden. Pati­entinnen und Pati­enten sollen so auch selbst einen leichten Einblick bekommen, welche Daten zu ihnen in den Akten sind.

E-Pati­enten­akte für alle

Erklärtes Ziel sind 80 Prozent Nutzung bis 2025, und die Regie­rung schwenkt dafür auf das Prinzip "Opt-out" um: Die Kassen sollen breit infor­mieren und bis zum 15. Januar 2025 für alle auto­matisch eine E-Akte einrichten - es sei denn, man wider­spricht. Private Kran­ken­ver­siche­rungen können demnach auch E-Akten anbieten.

Abrufbar sein soll die E-Akte mit bestimmten Iden­tifi­kati­ons­regeln über Apps der Kassen. Was Ärzte und Ärztinnen einstellen und wer worauf zugreifen kann, soll man selbst fest­legen können. Zuerst soll eine Medi­kamenten-Über­sicht nutzbar sein, folgen sollen unter anderem Labor­befunde. Bei Kassen­wechsel kann man die Daten mitnehmen. Ohne Smart­phone soll man die ePA laut Minis­terium in ausge­wählten Apotheken einsehen können. Ombuds­stellen der Kassen sollen Versi­cherte unter­stützen, die die ePA nicht per App verwalten.

Auch Kinder und Jugend­liche sollen eine E-Akte bekommen. Einen mögli­chen Wider­spruch erklären würden dann die gesetz­lichen Vertreter - also in der Regel die Eltern, die die Akte ihrer Kinder zunächst auch verwalten. Spätes­tens mit 15 Jahren sollten Minder­jäh­rige die ePA dann selbst­ständig nutzen können, erläu­terte das Minis­terium grund­sätz­lich.

E-Rezepte auf breiter Front

Schon seit 1. Januar müssen alle Praxen Rezepte stan­dard­mäßig digital ausstellen, die auf mehreren Wegen einzu­lösen sind. Das Gesetz legt dies nun noch einmal ausdrück­lich fest. Eigent­lich bestand die Pflicht schon ab Anfang 2022, ein Start auf breiter Front verzö­gerte sich aber auch wegen Tech­nik­pro­blemen. Inzwi­schen gibt es einen einfa­cheren Einlö­seweg, bei dem man in der Apotheke die Versi­cher­ten­karte in ein Lese­gerät steckt. Anstelle der rosa Zettel können auch eine spezi­elle App oder ein ausge­druckter QR-Code genutzt werden.

Die E-Rezepte kommen ange­sichts der verpflich­tenden Vorgaben schon stärker in Fahrt. Seit Jahres­beginn wurden knapp 36 Millionen E-Rezepte einge­löst, wie die mehr­heit­lich bundes­eigene Digi­tal­agentur Gematik auf dpa-Anfrage mitteilte. Im Dezember waren es noch 8,8 Millionen. Etwas Druck zum Umstellen ist gesetz­lich auch vorge­sehen: Machen Praxen nicht mit, können ihnen pauschale Kürzungen bei der Vergü­tung um ein Prozent drohen.

Mehr Daten­for­schung

Voran­kommen soll die Forschung auf der Basis von Gesund­heits­daten. Dafür soll ein weiteres Gesetz ermög­lichen, an einer zentralen Zugang­stelle Daten verschie­dener Quellen zu verknüpfen - etwa aus Krebs­regis­tern und von Kassen. Dabei sollen Daten verschlüs­selt (pseud­ony­misiert) werden.

Für Daten in E-Akten ist wieder ein "Opt-out" geplant: Sie sollen zunächst eine Einstel­lung für "Daten­spenden" bekommen, die man aber ablehnen kann.

Gesund­heits-Apps und Tele­medizin

Ausge­baut werden sollen Ange­bote der Tele­medizin wie Video­sprech­stunden - das kann auch in länd­lichen Regionen Lücken schließen. Dafür sollen Rege­lungen wegfallen, die den Praxen bisher nur für ein begrenztes Angebot eine Vergü­tung durch die Kassen sicherten. Ausge­weitet werden soll das Angebot bestimmter Gesund­heits-Apps, die Pati­enten auf Rezept bekommen können.

Die Vorschläge des Arztes für den Umgang mit einer Krank­heit können helfen - aber was, wenn man die Arzt­praxis verlassen hat? Damit der ärzt­liche Ratschlag nicht verpufft, bietet sich der Einsatz von Gesund­heits-Apps an.

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