Themenspezial: Verbraucher & Service Gesundheit

E-Rezepte für alle: Kommt jetzt der Durchbruch?

Im Alltag läuft längst vieles online - von Bank­geschäften bis zum Buchen des nächsten Urlaubs. Das Gesund­heits­wesen hinkt da ziem­lich hinterher. Nun startet eine digi­tale Anwen­dung in den Massen­ein­satz.
Von dpa /

Elek­tro­nische Rezepte sollen nach jahre­langen Verzö­gerungen 2024 den Durch­bruch schaffen und zum Stan­dard für Millionen Pati­entinnen und Pati­enten werden. Vom 1. Januar an müssen alle Praxen Medi­kamenten-Verschrei­bungen digital ausstellen können, die dann auf mehreren Wegen einzu­lösen sind. Verbrau­cher­schützer sehen viele prak­tische Vorteile mit E-Rezepten anstelle der gewohnten rosa Zettel, dringen aber auch auf eine passende Umset­zung bei den Ärztinnen und Ärzten. Die Praxen bauen auf stabile tech­nische Bedin­gungen, wenn die Alltags­anwen­dung nun in großem Stil anläuft.

"Mit dem E-Rezept starten wir die Aufhol­jagd in der Digi­tali­sie­rung", verkün­dete Minister Karl Lauter­bach (SPD) mit Blick auf das bisher kaum vernetzte deut­sche Gesund­heits­wesen. Ein Start auf breiter Front verzö­gerte sich mehr­fach auch wegen Tech­nik­pro­blemen. Der Bundestag beschloss nun aber Mitte Dezember ein Gesetz der Ampel-Koali­tion, das Praxen ab 1. Januar verpflichtet, Rezepte elek­tro­nisch auszu­stellen.

Das Gesetz muss Anfang Februar zwar erst noch abschlie­ßend in den Bundesrat. Das Minis­terium wies die Akteure des Gesund­heits­wesens aber bereits darauf hin, dass die Voraus­set­zungen zur verpflich­tenden Nutzung des E-Rezepts ab 1. Januar 2024 gegeben seien, so dass sie ab dann greife. Hinter­grund ist, dass die Pflicht nach bishe­riger Geset­zes­lage eigent­lich auch schon ab Anfang 2022 bestanden hätte.

Praxen wollen kein Test­labor sein

Das E-Rezept kommt Das E-Rezept kommt
Bild: Armin Sestic - fotolia.com
Nun sind die Erwar­tungen hoch, dass das Vorzei­gepro­jekt läuft. Die Kassen­ärzt­liche Bundes­ver­eini­gung machte klar, dass dafür auch die tech­nischen Bedin­gungen zuver­lässig sein müssen. "Werk­täg­lich stellen die Praxen in Deutsch­land über 1,5 Millionen Rezepte aus", sagte ein Spre­cher der Deut­schen Presse-Agentur. "Das muss verläss­lich und gesi­chert funk­tio­nieren, die Praxen sind schließ­lich kein digi­tales Test­labor." Die Erfah­rungen der ersten Tage würden zeigen, ob die Systeme stabil genug seien, um die Massen­anwen­dung zu stemmen.

Die Praxen konnten sich in den vergan­genen Monaten vorbe­reiten und umstellen, denn es waren noch nicht überall die Voraus­set­zungen dafür da. Dazu gehört ein Verbin­dungs­gerät für die geschützte Daten­auto­bahn des Gesund­heits­wesens. Jedes E-Rezept braucht auch eine elek­tro­nische Signatur des Arztes oder der Ärztin. Ein gewisser Druck zum Umstellen ist gesetz­lich auch vorge­sehen: Machen Praxen nicht mit, können ihnen pauschale Kürzungen bei der Vergü­tung um ein Prozent drohen.

Konkreter Nutzen für Pati­enten

Die Verbrau­cher­zen­tralen sehen viele Vorteile für Pati­entinnen und Pati­enten. Der Fach­refe­rent beim Bundes­ver­band, Lucas Auer, sagte der dpa: "So kann die Apotheke vorab prüfen, ob das Medi­kament vorrätig ist und es bei Bedarf bestellen." Das spare unnö­tige Wege. Auch gebe es kein Rätsel­raten über unle­ser­liche hand­schrift­liche Hinweise auf Rezepten mehr. Zudem könnten Folge­rezepte digital ausge­stellt werden, ohne dass man noch mal zur Praxis muss. Der größte Vorteil liege in der Mini­mie­rung von Risiken: Die digi­tale Erfas­sung aller Medi­kamente ermög­liche einen leichten Über­blick über Wech­sel­wir­kungen.

Die Verbrau­cher­schützer haben aber auch ein Auge auf die Abläufe bei der elek­tro­nischen Unter­schrift. Wenn Praxen die ausge­stellten E-Rezepte erst nach­träg­lich signieren, zum Beispiel gesam­melt am Ende des Tages, könnte man sein E-Rezept so lange nicht einlösen. Derar­tige Warte­zeiten wären nicht akzep­tabel, sagte Experte Auer. Daher müsse dafür gesorgt werden, dass Pati­entinnen und Pati­enten ihr E-Rezept direkt nach dem Praxis­besuch einlösen können.

Drei Einlö­sewege in der Apotheke

Schon länger sind E-Rezepte anstelle der gewohnten rosa Zettel über eine spezi­elle App einzu­lösen - oder mit einem ausge­druckten QR-Code auf Papier. Doch Brei­ten­wir­kung hatte das bisher nicht. Inzwi­schen gibt es aber noch einen dritten, einfa­cheren Einlö­seweg, bei dem man in der Apotheke die Versi­cher­ten­karte von der Kran­ken­kasse in ein Lese­gerät steckt. Dabei werden die E-Rezepte nicht auf der Karte gespei­chert, sondern auf einem zentralen Server. Beim Einste­cken der Karte wird die Apotheke dann auto­risiert, sie von dort abzu­rufen. Künftig soll die E-Rezept-App auch in Kassen-Apps inte­griert werden.

Verbrau­cher­schützer Auer weist darauf hin, dass die elek­tro­nische Gesund­heits­karte dafür NFC-fähig sein muss - also zum draht­losen Daten­aus­tausch mit anderen Geräten geeignet. Erkennbar sei das an einem Symbol im oberen Bereich der Karte. "Menschen, die digi­tale Ange­bote nicht nutzen können oder wollen, dürfen nicht zurück­gelassen werden", betonte er gene­rell. Für sie müssten Unter­stüt­zungs­ange­bote und analoge Alter­nativen mitge­dacht werden. "Inso­fern ist es zu begrüßen, dass Papier­rezepte ihre Gültig­keit behalten."

Nach der Corona Warn App wird zum Jahres­wechsel auch die CovPass App einge­stellt. Auch die CovPass Check App verschwindet aus den Appstores.

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