Themenspezial: Verbraucher & Service Lauterbach

E-Rezept und E-Akte: Gesund­heits­wesen muss aufholen

Bislang konnten E-Rezepte nur per App oder ausge­drucktem QR-Code genutzt werden. Seit Juli ist das auch mit der elek­tro­nischen Kran­ken­kas­sen­karte möglich. Für den Gesund­heits­minister ist dies Teil einer digi­talen "Aufhol­jagd". Doch noch ist das ein weiter Weg.
Von dpa /

Ein Patient und Bundesgesundheitsminister Lauterbach testen das E-Rezept Ein Patient und Bundesgesundheitsminister Lauterbach testen das E-Rezept
Bild: picture alliance/dpa/Reuters/Pool
Kardio­loge Benny Levenson schiebt die Versi­cher­ten­karte mit dem Chip ins Gerät. Ein paar Klicks später, schon ist das elek­tro­nische Rezept ausge­stellt und kann in der Apotheke einge­löst werden. "Das lief erstaun­lich problemlos", sagt der 86-jährige Patient Peter Jordan, der beim Pres­setermin heute in Berlin zum ersten Mal ein E-Rezept abholt und einlöst. Bis Anfang 2024 sollen E-Rezepte in Praxen Norma­lität werden.

Die E-Rezepte sollen den Ablauf in der Praxis verbes­sern und mehr Sicher­heit für die Pati­entinnen und Pati­enten bieten. "Mit dem E-Rezept sind Fehler in der Medi­kation oder Medi­kamente, die sich nicht mitein­ander vertragen oder Medi­kamente, die umge­stellt werden müssen in der Dosie­rung viel unwahr­schein­licher", sagte Bundes­gesund­heits­minister Karl Lauter­bach. "Wir bekommen aber eine bessere Versor­gung bei gleich­zei­tiger Entbü­rokra­tisie­rung."

"Aufhol­jagd" zur Digi­tali­sie­rung

Für den SPD-Poli­tiker ist das E-Rezept ein Schritt in der "Aufhol­jagd" zur Digi­tali­sie­rung im Gesund­heits­system. "Es ist ehrlich gesagt über­haupt nicht mehr vertretbar, dass wir in der heutigen Zeit noch immer die Rezepte über Papier ausdru­cken", sagte Lauter­bach. "Wir sind im Bereich der Digi­tali­sie­rung unseres Gesund­heits­sys­tems ein Entwick­lungs­land. Das ist leider so, wir brau­chen daher eine Aufhol­jagd."

Ein Patient und Bundesgesundheitsminister Lauterbach testen das E-Rezept Ein Patient und Bundesgesundheitsminister Lauterbach testen das E-Rezept
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Für Ärztinnen und Ärzte soll es vom 1. Januar 2024 an zur Pflicht werden, Verschrei­bungen elek­tro­nisch auszu­stellen. Unter anderem wegen tech­nischer Probleme hatte sich ein Start in größerem Stil verzö­gert.

Ein neuer, einfa­cherer Einlö­seweg für E-Rezepte soll nun den Durch­bruch bringen. Seit 1. Juli ist es in Apotheken möglich, dafür die Versi­cher­ten­karte der Kran­ken­kasse in ein Lese­gerät zu stecken. Davor konnten E-Rezepte anstelle des gewohnten rosa Zettels auch schon über eine Smart­phone-App oder einen ausge­druckten QR-Code einge­löst werden. Doch nicht alle Arzt­praxen können E-Rezepte ausstellen. Voraus­set­zung ist unter anderem ein spezi­elles Verbin­dungs­gerät an die geschützte Daten­auto­bahn des Gesund­heits­wesens.

Apotheken schneller als Arzt­praxen?

Dort werden die E-Rezepte auf einem zentralen Server gespei­chert und Apotheke werden beim Einste­cken der Karte auto­risiert, sie abzu­rufen. "Mehr als 80 Prozent aller Apotheken bieten diese Funk­tion schon an. Im Laufe des Augusts, spätes­tens im September, dürfte die Funk­tion flächen­deckend verfügbar sein", sagte ein Spre­cher der Bundes­ver­eini­gung Deut­scher Apothe­ker­ver­bände.

Der Haus­ärz­tever­band sieht dagegen tech­nische Probleme. Ein Grund sei, dass einige Hersteller von Praxis­ver­wal­tungs­sys­temen es nicht schafften, "ihre Systeme auf Vorder­mann zu bringen", sagte der Bundes­vor­sit­zende Markus Beier der "Rhei­nischen Post".

Weiterer Schritt: Die E-Pati­enten­akte

Ein weiterer Schritt der Lauter­bach­schen "Aufhol­jagd" soll die elek­tro­nische Pati­enten­akte sein. Seit 2021 gibt es die E-Akte, bisher auf frei­wil­liger Basis. Es handelt sich um einen persön­lichen Daten­spei­cher etwa für Befunde, Rönt­gen­bilder und Listen einge­nom­mener Medi­kamente. Die gebün­delten Infor­mationen sollen unter anderem auch Wech­sel­wir­kungen und unnö­tige Mehr­fach­unter­suchungen vermeiden.

Aber: Noch nicht einmal ein Prozent der 74 Millionen gesetz­lich Versi­cherten haben bisher eine E-Akte. Bis 2025 soll sich das ändern, die Regie­rung strebt einen Ziel­wert von 80 Prozent an. Die Kran­ken­kassen sollen dafür breit infor­mieren und bis 15. Januar 2025 für alle gesetz­lich Versi­cherten auto­matisch eine E-Akte einrichten - es sei denn, die Pati­entinnen und Pati­enten wider­spre­chen aktiv.

Für die Deut­sche Stif­tung Pati­enten­schutz ist es nicht verwun­der­lich, dass die E-Akte bisher kaum genutzt wird. "Zu den größten Brem­sern der Digi­tali­sie­rung in Deutsch­land gehören die Ärztinnen und Ärzte. Schon beim Über­tragen der Diagnosen zwischen den Praxen hapert es", sagte Vorstand Eugen Brysch. Selbst wenn Befunde in einer Daten­bank zum Down­load bereit­stünden, könne nur der kleinste Teil der Arzt­praxen diese abrufen. Statt­dessen müssten die Pati­enten Boten spielen. "Deshalb ist es auch nicht verwun­der­lich, dass die E-Akte bisher kaum genutzt wird", sagte Brysch.

Ein weiterer Grund für die geringe Nutzung sind wohl Sorgen mit Blick auf den Daten­schutz. "Der Daten­schutz wird von uns natür­lich extrem ernst genommen und auch im Vergleich zu anderen Ländern sind die Daten­schutz­stan­dards, die wir beim E-Rezept verwenden, aber auch bei der elek­tro­nischen Pati­enten­akte verwenden werden, sehr hoch", sagte Lauter­bach. "In Deutsch­land ist die Bevöl­kerung so einge­stellt, dass sie sehr großes Inter­esse an einem funk­tio­nie­renden Daten­schutz hat. Und das muss in der Medizin natür­lich gewähr­leistet sein." Es dürfe aber nicht so sein, dass der Daten­schutz nachher so über­höht sei, dass es elek­tro­nische Rezepte oder die elek­tro­nische Pati­enten­akte verhin­dere.

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