Kooperation beim Glasfaserausbau
Was Unternehmen öffentlich proklamieren, muss nicht immer mit dem übereinstimmen, was bei nicht-öffentlichen Veranstaltungen gesagt wird. Denn im Branchen-Umfeld zeigen sich Netzbetreiber erfreulich offen für eine gemeinsame Kooperation, wenn es um das leidige Thema des Ausbaus von Glasfasernetzen geht. Genau das war am 6. September auf dem 3. Symposium Breitbandpolitik in Berlin der Fall.
Eingeladen hatten die führenden Dachverbände für Breitband ANGA, BREKO, BUGLAS, FTTH Council Europe und VATM zu einer Podiumsdiskussion rund um das Thema Breitband, Netzausbau und politische Rahmenbedingungen, sowie zur Regulierung der Netze. Unter anderem zeigte sich Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) darüber erfreut, dass der Großteil der deutschen Netzbetreiber bereit sei, gemeinsam das Glasfasernetz in Deutschland auszubauen. Zumindest zeigen sie eine erheblich große Bereitschaft, sich über mögliche Kooperationen im Sinne von Open Access ernsthaft Gedanken zu machen. "Das ist anders als bei öffentlichen Gesprächen, wo Balkonreden gehalten werden", sagte er weiter.
Einen ähnlichen Ton schlug auch Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, an und erklärte, dass seine Behörde "offen bei der Beurteilung von Kooperationen für den Glasfaserausbau" sei. Allerdings nicht bundesweit, fügte er hinzu. Schließlich sei Wettbewerb unterm Strich der größte Antreiber für Innovationen und da sei Kooperation auf lange Sicht nicht unbedingt förderlich.
"Natürlich müssen wir das schnelle Internet überall ausbauen, in Städten und auf dem Land. Wir brauchen den flächendeckenden Ausbau möglichst schnell", sagte Mundt, nachdem er sich für die Verteilung der geschätzt 70 bis 80 Milliarden Euro an Kosten auf alle Schultern ausgesprochen hatte.
Deregulierung für Glasfaser und 5G-Lizenzkosten
Gerade Homann sprach sich dabei im Laufe der Diskussion auch dafür aus, dass der Glasfasermarkt weniger stark reguliert werden sollte, wie es derzeit bei den Kupfernetzen der Fall ist. Eine neue Technologie mit einem völlig anderen Ansatz könne nicht im selben Maße reguliert werden, wie es bei einer bereits existierenden Technologie der Fall ist. Zumal die gemachten Fehler mit der regulierten Technologie nicht zwangsläufig auch auf die neue Technologie übertragen werden sollten.
Homann meinte zudem, dass er nicht gerade ein Freund von vorgefertigten Verträgen sei, um den Bogen zum Thema Innovation durch gesunden Wettbewerb und damit zu Andreas Mundt zu schlagen. Ob er damit ein bestimmtes Unternehmen oder gar einen der Verbände im Blick hatte, die zu diesem Symposium eingeladen haben, ließ er offen.
Aber auch in einem anderen Punkt zeigte sich Homann als Präsident der BNetzA erfreulich offen, als er das Thema der Frequenzversteigerung für den kommenden 5G-Netzstandard ansprach. So sagte er, dass die BNetzA mit der Versteigerung nicht möglichst viel Geld aus den Bietern herauspressen will, sondern den Wettbewerb und damit das Interesse der Mobilfunkbetreiber an Investitionen fördern will. Ein Thema, das sich durch den ganzen Abend wie ein roter Faden zog.
Gründe für die Gigabit-Gesellschaft
Das Deutschland und die Politik so lange mit dem Ausbau gezögert haben, wird sich auf lange Sicht rächen. Gerade durch die aktive Förderung von Industrie 4.0 werden Breitbandanschlüsse für kleinere und mittelständische Unternehmen immer wichtiger, um mit der internationalen Konkurrenz Schritt halten zu können. Doch echte Glasfasernetze, die überhaupt Geschwindigkeiten im Gigabitbereich bieten können, sind vielen Regionen bisher kaum vorhanden.
Statistisch gesehen sind solche Betriebe in gigabitmäßig schlecht erschlossenen Industriegebieten oder ländlichen Regionen angesiedelt und damit nicht ausreichend wettbewerbsfähig. Über 70 Prozent der Industriearbeitsplätze sind jedoch auf dem Land angesiedelt, wo es mitunter nicht einmal 50-MBit-Anschlüsse gibt, erklärte Felix Esser vom Bundesverband der Deutschen Industrie in einem Interview mit dem Tagesspiegel [Link entfernt] . Das es auch anders geht, zeigt ein Beispiel aus Österreich.
Jörg Tauber, Geschäftsführer der Niederösterreichischen Glasfaserinfrastrukturgesellschaft (NÖGIG), hat mit Erfolg die ersten ländlichen Regionen in Niederösterreich mit schnellen Glasfaseranbindungen versorgt. Sozusagen der lebende Beweis, dass eine kosteneffektive Erschließung ländlicher Regionen mit Glasfaseranschlüssen sehr wohl umsetzbar ist. Jetzt müssten deutsche Netzbetreiber dem guten Beispiel folgen und das nicht nur regional beschränkt, sondern bundesweit.
Welche Frequenzen überhaupt für kommende 5G-Netze in Frage kommen, lesen Sie in einer separaten Meldung.