Geburtstag

D1 und D2 werden 20: Ein Blick 20 Jahre in die Vergangenheit

30. Juni/1. Juli 1992 - die GSM-Netze nehmen den Betrieb auf
Von Thorsten Neuhetzki

Mobiles telefonieren 1992 Mobiles telefonieren 1992
Foto: Deutsche Telekom
"Kann ich mal telefonieren?" - Einer der am häufigsten gesagten Sätze von Horst Schimanskis in den Tatort-Folgen aus Duisburg sagte. Der Griff in die Hosentasche zum eigenen Handy - Fehlanzeige. Kein Wunder: Die Schimanski-Tatort-Folgen wurden bis 1991 gedreht. Die Handynetze, wie wir sie heute kennen, gibt es aber erst seit exakt 20 Jahren. Am 30. Juni 1992 nahm D2 Mannesmann, heute Vodafone, den Betrieb auf, einen Tag später das D1-Netz (Telekom Mobilfunk). Eine Revolution nahm ihren Lauf - wir werfen einen Blick zurück.

Mobiles telefonieren 1992 Mobiles telefonieren 1992
Foto: Deutsche Telekom
Es ist nicht so, dass es vor 1992 keine mobilen Netze gab. Bis heute spricht man von den D- und E-Netzen. Entsprechend gab es vorher A-, B-, und C-Netze. Das C-Netz wurde damals von 700 000 Kunden genutzt - in ganz Deutschland. Und es war nur begrenzt mobil: Die Telefone waren zumeist kleine Koffer oder Taschen - unvorstellbar, dass Schimanski mit einem solchen Gerät zu Fuß durch Duisburg geht.

Telekom hatte zum Netzstart nur 10 000 Geräte verfügbar

Dem offiziellen Netzstart der GSM-Netze, der ersten digitalen Mobilfunknetze, waren einige Querelen vorangegangen. So war das Netz eigentlich nur für West-Berlin und Westdeutschland geplant, weil die Vergabe der Lizenz kurz nach der Wiedervereinigung erfolgte. Es wurde schnell nachgeplant und so konnte das Netz für ganz Deutschland aufgebaut werden. Doch das nächste Problem stand im Raum: Es gab ein Netz, aber keine Handys. Das Problem war die Zulassung der Endgeräte. Die Telekom verkündete zum Start ihres Netzes, ihr stünden aktuell 10 000 Geräte von zwei Herstellern zur Verfügung, bis Jahresende 1992 seien es 38 000. Unvorstellbar geringe Zahlen, wenn man bedenkt, dass alleine für das Samsung Galaxy S3 weltweit Vorbestellungen in Höhe von neun Millionen Exemplaren vorlagen.

Erhältlich waren bei der Telekom zunächst die Portables 324 zum Preis ab 3190 DM sowie 334 zum Preis von 3850 DM. Festeinbaugeräte für das Auto waren etwa 500 DM billiger. Das Portabel 314 zum Preis ab 3250 DM sowie die ersten Handgeräte mit etwa 3980 DM würden ab Herbst 1992 zur Verfügung stehen. Ähnlich die Lage bei D2: Die ersten D2-Telefone kosteten zwischen 2 500 DM und 3 000 DM. Dennoch: Die Kunden waren andere Preise gewohnt. Für ein Autotelefon im C-Netz legte man knapp 10 000 DM auf den Tisch.

Erstes D2-Handy war ein "Knochen": Motorola International 3200

Der Knochen: Motorola International 3200 Der "Knochen": Motorola International 3200
Quelle: Vodafone
Das erste GSM-fähige Handy, das D2 seinen Kunden anbot, war das Motorola International 3200 [Link entfernt] . Damals eine Revolution, heute ein sperriges Ding. Mit knapp 20 Zentimetern und einer Telefonierdauer von zweieinhalb Stunden ist es im Vergleich zu heutigen Handys ein schwächliches Ungetüm. Ganz abgesehen von den anderen Funktionen, wie etwa der Kamera, dem Internetzugang oder Musikhören. Beim "Knochen" war an solche Möglichkeiten nicht zu denken.

Mobiles Telefonieren war im Juni 1992 identisch mit einem Autotelefon und angesichts der Einstiegspreise und der hohen monatlichen "Grundgebühren" im C-Netz nur für gut betuchte Kreise finanzierbar. Mit den GSM-Netzen änderte sich das leicht. Doch von Full-Flatrates für 20 Euro oder Minutenpreise von 8 Cent war man damals noch weit entfernt.

Vor 20 Jahren kostete eine Mobilfunkminute bei D2 während des Tages 1,44 DM bei monatlichen Grundkosten von 77,52 DM. In der Nebenzeit, also zwischen 19 Uhr und 7 Uhr, fielen 49 Pfennig pro Minute an. Auch die Telekom bat ihre Kunden mit 79 DM monatlich zur Kasse - verzichtete aber im ersten halben Jahr auf diese Grundkosten. Die Preise änderten sich grundlegend im Laufe der Mobilfunkgeschichte. Schon rund zehn Jahre später kostete der D2-Fun-Tarif im monatlichen Basispreis 10,99 Euro oder umgerechnet 21,51 DM. Die Minutenpreise mussten weiterhin extra beglichen werden.

Telefonate im Ausland, Daten und SMS - alles kam erst (viel) später

Sieben Monate nach dem Start von D2 öffnete das erste Roaming die nationalen Mobilfunkschranken. Bis dahin endete jedes Mobilfunkgespräch spätestens am Schlagbaum. Mehr noch: Geräte des analogen C-Netzes wurden zum Schutz der nationalen Funklizenzen bisweilen an den Schlagbäumen zum Nachbarland verplombt. Wer im analogen Netz funkte, war national geregelt. Mit dem gemeinsamen digitalen GSM-Standard ordnete sich die Welt für die mobile Telefonie neu. Und dieses grenzlose Kommunikationsmodell eroberte mit seinem technischen Standard von Europa aus die Welt. Heute können Kunden der Telekom und Vodafone auf ihren Reisen in fast allen Ländern mobil telefonieren und haben weltweit mehrere hundert Netze zur Auswahl. Allerdings war das grenzenlose Gespräch damals etwas kostspieliger als heute. So kostete die Verbindung von Dänemark nach Deutschland 2,09 DM. Netzabdeckung D1 beim Start Netzabdeckung D1 beim Start
Quelle: Telekom

Die GSM-Netze waren damals reine Telefonie-Netze. Datenverkehr gab es keinen, GPRS wurde erst im Jahr 2000 eingeführt. Und auch die SMS, lange Zeit bei Jugendlichen das Kommunikationsmittel schlechthin, wurde erst 1995 eingeführt. Eigentlich war es nur ein Abfallprodukt im GSM-Standard, das für Netztechniker gedacht war. Die Kurznachrichten als Produkt zu vermarkten, war finanziell eine der besten Entscheidungen der Mobilfunkanbieter. Auch die heutigen Mitbewerber E-Plus und o2 starteten erst Jahre später. E-Plus nahm seinen Betrieb im Mai 1994 auf, o2 unter dem damaligen Namen Viag Interkom im Oktober 1998.

Die Netzabdeckung: Landbevölkerung konnte noch nicht mit D1 und D2 telefonieren

Die Netzabdeckung von D2 zum Netzstart 1992 Die Netzabdeckung von D2 zum Netzstart 1992
Quelle: Vodafone
An ein flächendeckendes GSM-Netz von D1 und D2 war 1992 nicht zu denken. Schon damals haben die Mobilfunkanbieter zuerst die Ballungsgebiete und die wichtigsten Verkehrsachsen versorgt. Die ländliche Bervölkerung war weiterhin auf die Kneipen-Telefone, Telefonzellen und das C-Netz angewiesen. Erst im Laufe der nächsten Monate und Jahre verdichtete sich das Netz. Bis heute werden weitere Sendemasten aufgestellt. Allerdings dienen sie heute kaum noch der Flächenerweiterung, sondern eher der Schaffung weiterer Kapazitäten. Gerade in Großstädten gibt es Sender, die nur wenig weiter als 100 Meter funken und nur stark frequentierte Plätze oder Kaufhäuser versorgen. Zudem gibt es mittlerweile das UMTS-Netz und die nächste mobile Netzgeneration kommt mit LTE gerade. Sie soll mobile Datenraten von 100 MBit/s ermöglichen - eine Zahl, mit der Schimanski 1992 sicherlich nichts hätte anfangen können und wollen.

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