Vorwurf: Telekom USA verkauft Kunden-Daten
T-Mobile US Flagship Store am Times Square, New York, USA
Foto: T-Mobile USA
Das Werbeangebot von T-Mobile US, einer Tochter der Deutschen Telekom, widerspreche den hohen Datenschutzansprüchen des Konzerns. Dies geht aus einer Recherche der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" hervor, welche die Tageszeitung veröffentlicht hat.
So seien T-Mobile-Kunden im vergangenen Frühjahr automatisch zu einem weitreichenden Werbeprogramm angemeldet worden, das etwa die Auswertung von Standortdaten oder des individuellen Surfverhaltens vorsehe. Die betroffenen Nutzer hätten erst im Nachhinein per "Opt-Out" widersprechen können, stellt das Handelsblatt fest.
Opt-Out in Europa nicht zulässig
T-Mobile US Flagship Store am Times Square, New York, USA
Foto: T-Mobile USA
In Deutschland wäre so ein Vorgehen nach dem „Opt-Out"-Prinzip nicht zulässig. Nach Ansicht des Handelsblatts stelle es außerdem einen Verstoß gegen die „Konzernrichtlinie Datenschutz“ der Telekom dar, die eigentlich „ein weltweit einheitliches und hohes Datenschutzniveau“ schaffen solle. Von den Nutzern sei vor der Verarbeitung ihrer Daten eine „ausdrückliche und schriftliche Einwilligung einzuholen“, heißt es in der Telekom-Konzern-Richtlinie. Die gilt auch für vollkonsolidierte Tochterunternehmen wie T-Mobile US.
Lokale Vorschriften haben Vorrang
Die Telekom habe in einem Statement von einem „in den USA üblichem Vorgehen“ gesprochen. Man orientiere sich „an den lokalen Vorgaben und Regelungen“. Der Datenschutzbeirat des Konzerns, dem etwa Konzernchef Timotheus Höttges angehört, habe sich mit dem Werbeangebot beschäftigt. „Es gab keine Bedenken“, hieß es.
Update: Mehr Hintergrund
Wir haben uns mit einem Kenner der Vorgänge unterhalten. Die erhobenen Daten werden anonymisiert. Es interessiert dabei nicht, ob John Doe oder Susan Miller heute um 10 Uhr von Newark nach New Jersey unterwegs war. Die Daten werden mit einer ID (Ziffernfolge) versehen und dann zusammengefasst und komprimiert. Am Ende weiß man beispielsweise, das auf der Interstate I123 etwa 45.000 T-Mobile-US Kunden mit dem Auto zwischen 15 und 16 Uhr in der Nähe des Einkaufszentrums X unterwegs waren. Mit den gewonnenen Informationen könnten dann die dort angesiedelten Kaufhäuser auf die Handys der Kunden eine Werbung ausspielen, dass es Möbel, Kühlschränke oder Kaffee günstiger gibt (als fiktives Beispiel).
T-Mobile US habe seine Kunden vorher informiert. Kunden, die inzwischen Bedenken bekommen haben, können auch nachträglich das Opt-Out ausüben und der Verwendung ihrer Daten widersprechen.
Telekom hat keine Governance über T-Mobile USA
Die Deutsche Telekom hat zwar den größten Aktien-Anteil an T-Mobile US, aber noch nicht die Mehrheit. Mit der angestrebten Aktienmehrheit wird die Deutsche Telekom dann auch die Mehrheit im Aufsichtsrat haben. Der darf sich aber in das operative Tagesgeschäft nicht einmischen, das lassen die Regeln gar nicht zu. Ähnliches gilt übrigens auch in Deutschland.
Unterschiedliche Rechtslage
Die Rechtslage in den USA weicht von de europäischen Rechtslage stark ab und ist von Bundesstaat zu Bundesstaat stark unterschiedlich. T-Mobile US orientiert sich am "California Privacy Act", der 2020 erlassen wurde und als strengstes Gesetz von allen Staaten in den USA gilt. Dabei, so betont man bei der Deutschen Telekom, halte T-Mobile US strengere Regeln als die US-Konkurrenz ein.
Es gebe eine Konzernrichtlinie Datenschutz, daneben können eigenständige Gesellschaften auch ihre können eigene Richtlinien verfassen. Der Datenschutz-Beirat arbeite unabhängig und habe ebenfalls keine "Governance" (kann also der Geschäftsleitung keine Weisung erteilen). Im übrigen seien die in den USA vor Ort geltenden Rahmenbedingungen und Gesetze zu beachten.
Datenschutz in den USA - Entwicklungsfähig
Bleibt also festzuhalten: In Sachen Datenschutz ist Europa den USA weit voraus, interessanterweise haben einige US-Bundesstaaten die europäische DSGVO ganz oder in Teilen als Vorlage für eigene Gesetze aufgenommen.
Für die Funktürme des Telekom-Konzerns gibt es zahlreiche Interessenten.