Digitalisierung

Merkel will Industrie 4.0 forcieren. Zu spät?

Angela Merkel will die Real-Wirtschaft mit Hilfe der Digitalisierung ankurbeln und so den Anschluss an die internationale Spitze halten. Das Internet erscheint ihr nur Mittel zum Zweck.
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Industrie 4.0 steht in puncto Digitalisierung hoch im Kurs. Industrie 4.0 steht in puncto Digitalisierung hoch im Kurs.
Bild: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert stärkere Anstrengungen Deutschlands im globalen Wettkampf um die digitale Vorreiterrolle. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft warnte Merkel heute davor, dass die deutsche Industrie zu einem reinen Zulieferer des Internetgeschäfts großer US-Firmen werden könnte, wenn es nicht gelingt, die digitalen Entwicklungen in der realen Wirtschaft zu nutzen.

Industrie 4.0 steht in puncto Digitalisierung hoch im Kurs. Industrie 4.0 steht in puncto Digitalisierung hoch im Kurs.
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"Wir müssen darauf achten, dass wir in Europa und ganz speziell auch in Deutschland den Wettlauf und den Wettbewerb gewinnen", sagte die Kanzlerin. Er spiele sich zwischen denen ab, die heute in der Internetwirtschaft vorne seien, "und uns, die wir in vielen realwirtschaftlichen Bereichen vorne sind".

Wenn es beispielsweise den großen amerikanischen Internetfirmen gelinge, Zugriff auf die industrielle Produktion und auf die Konsumenten zu bekommen, "und wir mit der industriellen Produktion nur Zulieferer zu einem Internetgeschäft sind", dann habe Deutschland diesen Wettbewerb nicht gewonnen, mahnte Merkel. Die Digitalisierung sei zentral für die weitere Entwicklung der industriellen Produktion.

Merkel besucht am Dienstag Europas größten Mikroelektronikstandort in Dresden. Sie lobte die Vorreiterrolle, die dort ansässige Unternehmen bei der Entwicklung des Standards für das Mobilfunknetz der fünften Generation (5G) spielen. Aber es reiche nicht, die neue Technologie "nur theoretisch zu durchdringen", mahnte sie. Man sei dann sehr gut, wenn man schnell Anwendungen dafür finde. Als Beispiele nannte sie die Telemedizin oder die Steuerung von Produktionsprozessen.

Angela Merkel spricht über Digitalisierung und Industrie 4.0

Kommentar: Samstagsreden helfen nicht

Schön, dass Bundeskanzlerin Merkel das Thema Digitalisierung so klar anspricht. Schade aber, dass sie dabei den digitalen Möglichkeiten nur eine Wasserträger-Rolle für die klassischen Industrien zuweist. Dass es bis heute nicht gelungen ist, einen deutschen oder europäischen Internet-Konzern vom Schlage Googles, Facebooks oder Amazons hochzuziehen, geht auch auf die Kappe der Politik der Bundesregierung (und ihrer Vorgänger).

Anstatt in Deutschland vernünftige Grundlagen für Hochtechnologie und Startups zu legen, konzentriert sich die Politik darauf, das Schlagwort Industrie 4.0 in Samstagsreden bekannt zu machen. Sicher, solche Buzzwords klingen toll. Aber schon heute deutet sich an, dass es kräftigerer Anstrengungen bedarf, um im Konzert der ganz großen mithalten zu können.

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