Digitalisierung

Tschechien: Ansturm auf neue Personalausweis-App

Großes Inter­esse am digi­talen Perso­nal­aus­weis: Über 100.000 Tsche­chen laden sich am ersten Wochen­ende die Smart­phone-App herunter.
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Vergan­genen Samstag ist der digi­tale Perso­nal­aus­weis (eDoklady) als Android und iOS-App in Tsche­chien gestartet. Alles, was für die Nutzung dieses neuen Dienstes benö­tigt wird, ist eine digi­tale Iden­tität, die viele Tsche­chen bereits für verschie­dene E-Gover­nment-Dienste verwenden.

Das Inter­esse an dem neuen Dienst war am vergan­genen Wochen­ende laut Ivan Bartos (Pira­ten­partei), Minister für regio­nale Entwick­lung und Digi­tali­sie­rung, über­wäl­tigend: Inner­halb der ersten 48 Stunden wurde die neue Ausweis-App zwischen 130.000 und 150.000 Mal herun­ter­geladen, wie er am Montag auf der Pres­sekon­ferenz des Minis­teriums in Prag bekannt gab, von der die tsche­chi­sche Pres­seagentur CTK berich­tete. Der Personalausweis existiert in Tschechien als App. "Die neue Ära des Identitätsnachweises ist da!"
Digitalni a informani agentura (Agentur für Digitales und Informationen)
Die hohe Nach­frage stellte jedoch eine Heraus­for­derung für die Server dar, was zeit­weise zu Schwie­rig­keiten bei der Anmel­dung führte. Martin Mesrsmid, Direktor der Agentur für Digi­tales und Infor­mationen (DIA), kündigte auf der Pres­sekon­ferenz an, dass die Infra­struktur weiter verstärkt und opti­miert werde.

QR-Code ermög­licht Über­prü­fung der Echt­heit des Ausweises

Die App ist mehr als eine bloße digi­tale Kopie des physi­schen Perso­nal­aus­weises, denn sie stärkt die Selbst­bestim­mung der Bürge­rinnen und Bürger. Sie können frei entscheiden, welche perso­nen­bezo­genen Daten sie bei einer Ausweis­kon­trolle preis­geben wollen. Sofern beispiels­weise ledig­lich eine Über­prü­fung des Alters erfolgen soll, kann der Nutzer hierfür nicht rele­vante Angaben wie seine Melde­adresse, Geschlecht und Ausweis­nummer ausblenden lassen.

Zudem kann die Authen­tizität des Ausweises durch den Scan eines QR-Codes über­prüft werden. Hierzu ist auch eine aktive Blue­tooth-Verbin­dung zwischen dem Gerät des Ausweis­inha­bers und der über­prü­fenden Stelle erfor­der­lich, damit dem Bürger zuvor ange­zeigt wird, wer auf welche Daten zugreifen möchte. Auch dies soll die Daten­hoheit der Bürge­rinnen und Bürger stärken. Die über­prü­fende Stelle kann sich daher auch nur mit Einver­ständnis des Nutzers eine digi­tale Kopie der veri­fizierten Ausweis­angaben anfer­tigen. Die Echtheit des Ausweises wird mit einem QR-Code überprüft. Die Echtheit des Ausweises wird mit einem QR-Code überprüft.
Bild: Digitalni a informani agentura (Agentur für Digitales und Informationen)
Während die Regis­trie­rung für den digi­talen Perso­nal­aus­weis eine Inter­net­ver­bin­dung erfor­dert, ist die anschlie­ßende Nutzung auch offline möglich. Für die Sicher­heit des Ausweises in der App sorgt die Authen­tifi­zie­rung mit biome­tri­schen Daten oder einer PIN. Eine Sper­rung des digi­talen Ausweises ist im Falle des Smart­phone-Verlustes außerdem über die digi­tale Iden­tität des Bürgers jeder­zeit am PC möglich.

Ab dem 1. Januar 2025 wird der digi­tale Perso­nal­aus­weis landes­weit aner­kannt

Mit dem Start der App akzep­tieren zunächst die zentralen Verwal­tungs­behörden Tsche­chiens den digi­talen Iden­titäts­nach­weis, darunter sämt­liche Minis­terien und bestimmte Behörden wie das Land­ver­mes­sungs- und Katas­teramt oder das Statis­tikamt. Ab Juli dieses Jahres kommen weitere Behörden hinzu, darunter Städte und Gemeinden, die Polizei sowie Finanz­ämter. Ab dem 1. Januar 2025 wird der digi­tale Perso­nal­aus­weis landes­weit im Rechts­ver­kehr zusätz­lich zur physi­schen Ausweis­karte aner­kannt werden. Alle Angabe des Personalausweises immer griffbereit im Smartphone. Alle Angabe des Personalausweises immer griffbereit im Smartphone.
Bild: Digitalni a informani agentura (Agentur für Digitales und Informationen)
Minister Bartos sieht in der Einfüh­rung des digi­talen Perso­nal­aus­weises einen Schritt hin zur Zukunft, in der Bürger keinen physi­schen Ausweis mehr mitführen müssen. Tsche­chien plant daher, weitere Doku­mente wie Führer­scheine und Kran­ken­ver­siche­rungs­karten über die App zugäng­lich zu machen. Die App soll aber zumin­dest vorerst Ausweis­doku­mente in Karten­form nicht ersetzen.

Trend zum digi­talen Ausweis­doku­ment: EU plant euro­paweites ID-Wallet

Der Trend geht auch in anderen Staaten zu digi­talen Ausweis­doku­menten. In Öster­reich sind beispiels­weise bereits seit Oktober 2022 der Führer­schein und ein amtli­cher Alters­nach­weis im Rahmen des Dienstes „ID Austria“ als App digital verfügbar. 500.000 digi­tale Führer­scheine und 100.000 Alters­nach­weise sind inzwi­schen laut Bericht von Der Stan­dard Online akti­viert. Dieses Jahr könnte in der Alpen­repu­blik eben­falls der digi­tale Perso­nal­aus­weis hinzu­kommen.

Auf EU-Ebene wird an einer univer­sellen „Brief­tasche für die euro­päi­sche digi­tale Iden­tität“ gear­beitet, die es Bürgern ermög­lichen soll, ihr Smart­phone anstelle von physi­schen Doku­menten zu verwenden. Vergan­genes Jahr haben sich die zustän­digen Akteure auf entspre­chende Eckpunkte verstän­digt.

Die Online-Ausweis­funk­tion des elek­tro­nischen Perso­nal­aus­weises stößt in der deut­schen Bevöl­kerung bislang auf große Skepsis. Das liegt an zu wenigen rele­vanten Anwen­dungs­sze­narien. Und die vorhan­denen sinn­vollen Nutzungs­mög­lich­keiten sind zu wenig bekannt.

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