Themenspezial: Verbraucher & Service Abgemahnt

E-Scooter & Co.: Zahlreiche AGB sind illegal

Schnell die App instal­lieren, regis­trieren und E-Scooter frei­schalten: Damit haben viele Verbrau­cher AGB-Klau­seln zuge­stimmt, die nicht nur skurril, sondern schlicht illegal sind.
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Verbraucherschützer kritisieren AGB von E-Scooter-Diensten (Symbolbild) Verbraucherschützer kritisieren AGB von E-Scooter-Diensten (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa
Handy gezückt, App instal­liert, Account regis­triert, Zahlungs­daten hinter­legt, E-Scooter entsperrt - und los gehts: Bei vielen Städ­terei­senden dauert das nur wenige Minuten. Da bleibt keine Zeit, ellen­lange AGB, Nutzungs­bedin­gungen und Daten­schutz­erklä­rungen zu lesen.

Viel­leicht hätte man das bei einigen Anbie­tern aber besser tun sollen. Ein Markt­check der Verbrau­cher­zen­tralen im Bereich Sharing Mobi­lity zeigt ekla­tante Rechts­ver­stöße auf. Das Ergebnis: Es gibt viele rechts­wid­rige AGB bei Anbie­tern von E-Scoo­tern & Co.

Außer­gewöhn­lich hohe Zahl an Klau­seln unwirksam

Der bundes­weite Markt­check der Verbrau­cher­zen­tralen hat die Allge­meinen Geschäfts­bedin­gungen (AGB) von 54 Anbie­tern unter die Lupe genommen. Bei allen geprüften AGB seien Rechts­ver­stöße fest­gestellt und abge­mahnt worden. In einigen Fällen wurde sogar Klage erhoben. Eine außer­gewöhn­lich hohe Zahl an Klau­seln ist unwirksam, teilen die Juristen mit.

Verbraucherschützer kritisieren AGB von E-Scooter-Diensten (Symbolbild) Verbraucherschützer kritisieren AGB von E-Scooter-Diensten (Symbolbild)
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Die AGB der Anbieter seien eher undurch­sichtig "und alles andere als verbrau­cher­freund­lich", konsta­tiert Julia Gerhards, Refe­rentin Verbrau­cher­recht und Daten­schutz bei der Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz. Beson­ders seien die AGB eines Unter­neh­mens ins Auge gesto­chen, bei dem die Verbrau­cher­schützer insge­samt 63 unwirk­same Klau­seln fanden. Von den abge­mahnten Firmen habe rund die Hälfte umge­hend eine Unter­las­sungs­erklä­rung abge­geben. Teil­weise seien Klagen einge­reicht worden bezie­hungs­weise das gericht­liche Verfahren bereits erfolg­reich abge­schlossen.

Einige Anbieter seien mitt­ler­weile insol­vent oder hätten sich aus dem Geschäfts­bereich zurück­gezogen, sodass von einer Rechts­ver­fol­gung abge­sehen wurde. In wenigen Fällen konnten die Verbrau­cher­zen­tralen nichts ausrichten, da die Anbieter ihren Sitz im Ausland haben oder sich die Eigen­tümer­ver­hält­nisse grund­legend geän­dert hatten.

Haftung und mehr: Beson­ders skur­rile Klau­seln

Einige Anbieter haben laut der Mittei­lung entweder keine oder fehler­hafte Impres­sums­angaben gemacht. Entgegen gültigem Recht wollten einige Dienste nicht zulassen, dass Verbrau­cher im Fall einer Rechts­strei­tig­keit wahl­weise an ihrem Wohnort oder am Firmen­sitz klagen können.

Beson­ders häufig hätten die Anbieter versucht, die Haftung pauschal auf den Kunden abzu­wälzen - selbst wenn diese nicht schuld­haft gehan­delt haben. Viele Anbieter forderten in den Bedin­gungen die Rück­gabe des Fahr­zeugs "in dem glei­chen Zustand wie vor der Nutzung". So hätten die Kunden auch für normale Verschmut­zung oder Abnut­zung haften sollen.

Darüber hinaus wurden zahl­reiche pauscha­lisierte, teil­weise massiv über­höhte Scha­dens­ersatz­for­derungen bei Scha­dens­fällen fest­gestellt. Außerdem seien hohe Service­gebühren für geringe Verstöße fällig gewesen, zum Beispiel für eine zeit­liche Über­zie­hung um wenige Minuten oder falsches Abstellen um nur wenige Meter.

Die Anbieter hätten in ihren Texten auch versucht, umfang­reiche Prüf­pflichten vor und während der Nutzung auf den Kunden abzu­wälzen. Skurril waren beispiels­weise Klau­seln, nach denen das Mitnehmen von Alltags­gegen­ständen wie Deo und Nagel­lack unter­sagt wurde. Manchmal wurde verlangt, in Scha­dens­fällen immer die Polizei zu verstän­digen. Wenn die Kunden einen kleinen Lack­kratzer bei einem Park­unfall verur­sachen, wären sie laut AGB verpflichtet, sofort den Anbieter zu kontak­tieren und zusätz­lich die Polizei. Aus Sicht der Verbrau­cher­schützer reicht in diesem Fall aller­dings die Meldung eines Baga­tell­scha­dens beim Anbieter bei Been­digung des Entleih­vor­gangs aus.

Die Verbrau­cher in Deutsch­land fühlen sich im Netz zuneh­mend unsi­cher. Der Index von "Deutsch­land sicher im Netz" fällt in diesem Jahr auf ein neues Tief. Das liegt vor allem an der stei­genden Zahl von Cyber­atta­cken.

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