Nachfolge

Funkruf-Betreiber e*message wird verkauft

Der größte euro­päi­sche Funk­ruf­betreiber, die e*message-Gruppe, geht an einen lang­fristig planenden Investor.
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Denken wir an Mobil­funk, denken wir an Handys, Smart­phones oder vernetzte Geräte. Ein altes, aber durchaus bewährtes System ist der Funkruf. Das letzte noch in diesem Sektor aktive Unter­nehmen, die Firma e*message, wech­selt nun den Besitzer.

Wie das Unter­nehmen mitteilte, wird der Finanz­investor Liberta Part­ners über seine "Liberta Part­ners Fund II" die e*Message Wire­less Infor­mation Services Deutsch­land GmbH und e*Message Wire­less Infor­mation Services France GmbH („e*Message Gruppe“), mit Sitz in Berlin (Deutsch­land) und Paris (Frank­reich), über­nehmen. Die Trans­aktion soll im ersten Halb­jahr des Jahres 2022 erfolgen.

Euro­päi­scher Funk­ruf­betreiber

Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren. Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren.
Foto: emessage, Berlin
Die e*Message Gruppe ist Betreiber "des größten Sicher­heits­funk­netzes in Europa" auf Funkruf-Basis (englisch Paging). Das Funk­netz arbeitet mit Satel­liten­anbin­dung und verfügt über Sende­sta­tionen in Deutsch­land und Frank­reich. e*message betont, von den Netzen des öffent­lichen Mobil­funks "unab­hängig" zu sein.

Schon länger bietet die e*Message Alar­mie­rungs- und Messa­ging-Dienste für "zeit- oder geschäfts­kri­tischen" Kommu­nika­tion beispiels­weise im Sicher­heits­sektor. Dazu werden über Funk­türme Signale ausge­strahlt, die auf einem Funk­ruf­emp­fänger (etwa in Ziga­ret­ten­schach­tel­größe) bestimmte Aktionen auslösen, etwa die Anzeige einer Text- oder Ziffern­nach­richt (meist bis zu 80 Zeichen) oder das Ertönen von Signal­tönen oder das Blinken von Lampen.

In Deutsch­land und Frank­reich betreibt e*message klas­sische Funk­ruf­netze, das fran­zösi­sche heißt "e*xpresso", das deut­sche "e*cityruf". Bei beiden wird das bewährte POCSAG-Proto­koll verwendet. Wer zuhause eine Wetter­sta­tion stehen hat, die sich ab und an mit Wetter­mel­dungen oder Sturm­war­nungen bemerkbar macht, hat mögli­cher­weise auch einen Funk­ruf­emp­fänger im Netz von e*message.

Ziel­gruppe Geschäfts­kunden - auch privat nutzbar

In Deutsch­land wird Funkruf für kommer­zielle (und private) Kunden unter dem Begriff e*Cityruf vermarktet. e*message hatte den Cityruf-Dienst, zusammen mit den Able­gern Scall und Skyper im Früh­jahr 2000 von der Deut­schen Telekom über­nommen, die darin keine Zukunft mehr sah.

Wer unge­wöhn­liche Funk­technik mag, kann auch als Privat­person Cityruf-Kunde werden. Es gibt wahl­weise Empfänger für Nur-Ton, Numerik oder 80 Zeichen alpha­nume­rischer Text. Die Preise für den Dienst reichen von etwa 8 Euro im Monat (für Nur-Ton-Regional) bis hin zu 17,55 Euro (alpha­nume­risch, bundes­weite Rufzone, jeweils jähr­liche Zahlung).

Viel­fäl­tige Nischen-Ange­bote

Das Angebot e*BOS von e*message richtet sich an BOS-Anwender, die eine stabi­lere Alter­native zum in die Jahre gekom­menen analogen 4m- oder 2m-BOS-Funk gesucht hatten. e*message verwendet dazu Frequenzen des ehema­ligen TeLMI-Funk­ruf­netzes, einem privaten Funk­ruf­betreiber, der vor 20 Jahren aufgeben musste.

Die Hoff­nung von e*message, bei der Ausschrei­bung des digi­talen Behör­den­funk­netzes als bundes­weiter Betreiber berück­sich­tigt zu werden, erfüllte sich nicht ganz. Aus poli­tischen Gründen wurde seiner­zeit die staat­liche Bundes­anstalt für den Digi­tal­funk (BDBOS) gegründet, welche die Netze für die Behörden und Orga­nisa­tionen mit Sicher­heits­auf­gaben betreibt. Gleich­wohl versorgt die e*message-Tochter e*dispatch auch Sicher­heits­dienste mit digi­taler TETRA-Kommu­nika­tion.

CEO ist opti­mis­tisch

Den CEO und Mitgründer der e*Message Gruppe, Dr. Dietmar Goll­nick, lässt der Einstieg von Liberta "noch opti­mis­tischer in die Zukunft blicken". Der neue Partner agiere "lang­fristig und voraus­schauend". Nils von Wietzlow von Liberta schätzt es, dass die e*Message Gruppe "seit fast 20 Jahren das größte Sicher­heits­funk­netz Europas" betreibt. Vergan­gene Ereig­nisse, wie die Bedro­hungen der Inneren Sicher­heit, zuneh­mende Natur­kata­stro­phen oder verschie­dene Strom­aus­fälle, zeigten klar, wie wichtig ein vom zellu­laren Mobil­funk unab­hän­giges Netz­werk für profes­sio­nelle Alar­mie­rung und sichere mobile Kommu­nika­tion in Deutsch­land und Frank­reich sei.

Liberta Part­ners wurde 2016 gegründet und versteht sich als "Multi-Family Holding" mit Sitz in München. Sie inves­tieren in Unter­nehmen im deutsch­spra­chigen Raum mit Entwick­lungs­poten­tial, insbe­son­dere bei Nach­fol­gesi­tua­tionen und Konzern­aus­glie­derungen. Ob sich durch den Einstieg von Liberta ins Unter­nehmen oder seinen Ange­boten Ände­rungen beim Netz oder den ange­botenen Produkten ergeben, war bei Redak­tions­schluss noch nicht bekannt.

Wer "Luxus-Internet" per Satellit haben möchte - Elon Musk hätte da ein Angebot.

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