Neue Roaming-Verordnung

Neelie Kroes: "Wir werden die Roaming-Abzocke stoppen"

EU-Kommissarin will Roaming-Verträge mit Anbietern in ganz Europa ermöglichen
Von Marc Kessler

EU-Roaming Keine Grenzen mehr:
Verbraucher sollen künftig separate Roaming-Verträge mit Anbietern in der gesamten EU abschließen können
Montage: teltarif.de
EU-Kommissarin Neelie Kroes hat heute - wie berichtet - ihre neue EU-Roaming-Verordnung vorgestellt, die ab Juli 2012 in Kraft treten und bis Ende Juni 2016 gelten soll. Dabei sollen nicht nur die Telefonie- und SMS-Preise erneut stufenweise abgesenkt werden, sondern es soll auch - erstmals - Höchstbeträge für die mobile Datenübertragung im EU-Ausland geben.

EU-Kommission: Verbraucher zahlen zu viel

EU-Roaming Keine Grenzen mehr:
Verbraucher sollen künftig separate Roaming-Verträge mit Anbietern in der gesamten EU abschließen können
Montage: teltarif.de
"Der Wettbewerb auf dem Roaming-Markt ist nach wie vor nicht stark genug, so dass Verbraucher zu viel bezahlen", schreibt die EU-Kommission als Begründung für die neue Verordnung und die Verlängerung der Regulierung. Die Roaming-Verordnung soll - wie bisher - in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums gelten - neben den 27 EU-Staaten also auch in Liechtenstein, Island und Norwegen.

Anbieter erhalten Zugang zu fremden Netzen zu regulierten Einkaufspreisen

Neben diesen von der EU vorgeschriebenen Preishöchstgrenzen im Euro-Tarif sollen zwei weitere gravierende Neuerungen eingeführt werden: Bereits ab 1. Juli kommenden Jahres sollen Mobilfunk-Anbieter ohne eigenes Netz - beispielsweise MVNOs - die Möglichkeit erhalten, Zugang zu allen Mobilfunknetzen aller Betreiber europaweit zu erhalten.

Die geplanten Großhandelspreise

  seit 01.07.2011 ab 01.07.2012 ab 01.07.2013 ab 01.07.2014
Gespräche 18 14 10 6
SMS 4 3 3 2
Mobile Daten 50 30 20 10
Netto-Preise in Cent pro Minute bzw. pro SMS oder MB.

Da die Großhandelspreise für Telefonie, SMS und mobile Daten ebenfalls (weiterhin) reguliert sein werden und weiter absinken, können damit auch Anbieter ohne eigenes Mobilfunknetz günstige Roaming-Angebote und so den etablierten Netzbetreibern Konkurrenz machen. "Die Betreiber stellen nach wie vor das Maximum in Rechnung. Die Anbieter hatten bislang keinerlei Anreize, geringere Preise als die Obergrenzen in Rechnung zu stellen", so EU-Kommissarin Neelie Kroes anlässlich der Präsentation ihrer Roaming-Pläne ("A better deal for roaming") in Brüssel.

Separate Roaming-Verträge mit Anbietern aus der ganzen EU möglich

"Wir wollen das Problem an der Wurzel packen", sagt Kroes. "Wir werden die Roaming-Abzocke stoppen und keine schnellen Profite zulasten des Verbrauchers mehr zulassen." Kunden sollen den Plänen der EU-Kommissions-Vizepräsidentin zufolge ab 1. Juli 2014 separate Roaming-Verträge neben ihrem heimischen Mobilfunk-Vertrag abschließen können (aber nicht müssen). Dabei sollen sie ihre Mobilfunknummer behalten und können für das Ausland somit separate Verträger mit anderen Anbietern - europaweit! - abschließen können.

Der geplante neue Euro-Tarif für Verbraucher

Euro-Tarif seit 01.07.2011 ab 01.07.2012 ab 01.07.2013 ab 01.07.2014
Abgehende
Gespräche
41,65 1)
(netto: 35)
38,08
(netto: 32)
33,32
(netto: 28)
28,56
(netto: 24)
Ankommende
Gespräche
13,09 2)
(netto: 11)
13,09
(netto: 11)
11,90
(netto: 10
11,90
(netto: 10)
SMS 13,09
(netto: 11)
11,90
(netto: 10)
11,90
(netto: 10)
11,90
(netto: 10)
Mobile Daten 3) - 107,1
(netto: 90)
83,3
(netto: 70)
59,5
(netto: 50)
Preise in Cent pro Minute bzw. pro SMS oder MB.
1) Taktung: 30/1;   2) Taktung: 1/1;   3) Abrechnung im 1-kB-Takt

Bei Grenzübertritt soll Kroes zufolge dann "das Telefon (...) automatisch auf den jeweils gewählten Roaming-Betreiber umswitchen". Dabei müssen die nationalen Mobilfunk-Anbieter, bei denen der Verbraucher Kunde ist, auch aktiv über die Möglichkeit des Abschlusses separater Roaming-Verträge mit anderen Anbietern informieren. Hatte sich der Kunde zuvor aktiv für eine Roaming-Option seines Anbieters entschieden (exemplarisch sei das "Vodafone Reiseversprechen" genannt), kann der Heimatanbieter den Wechsel zu einem fremden Unternehmen aber um drei Monate verzögern - de facto also eine Kündigungsfrist von drei Monaten verlangen.

Kroes optimistisch in punkto Zustimmung der EU-Gremien

Der neuen EU-Roaming-Verordnung müssen das EU-Parlament und der EU-Ministerrat noch zustimmen. Hier gibt sich Neelie Kroes aber äußerst optimistisch: "Ich bin mir sicher, dass wir auf Unterstützung dieser Organisationen zählen können", so die Kommissarin.

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