Regierung will Wähler über Facebook ausspionieren - für die Politik
Regierung will Wähler über Facebook ausspionieren
Bild @ LaCatrina-Fotolia / Montage: teltarif.de
Sachsens schwarz-gelbe Landesregierung will im sozialen
Netzwerk Facebook anonymisierte Informationen über Bürger sammeln. Man wolle
wissen, was auf Facebook diskutiert werde, um daran die Politik zu
orientieren, heißt es in einer gestern veröffentlichten Antwort von
Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleine Parlamentsanfrage des
Grünen-Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi. Dazu solle aus dem Budget der
sächsischen Staatskanzlei eine Software angeschafft werden, die "abstrakte
Meinungsbilder ohne Personenbezug" erfasse. Nach Auffassung von Lichdi ist
die Software hingegen auch für unzulässige Überwachungsmaßnahmen geeignet.
Regierung will Wähler über Facebook ausspionieren
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Finanziert werden sollen Software und Arbeitsaufwand aus dem Topf der
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Staatskanzlei, dem Regierungssitz von
Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Für dieses Jahr stehen dafür
390 000 Euro zur Verfügung. Ulbig begründete die Notwendigkeit der Daten-
und Meinungserfassung mit der "Aufgabenerfüllung" der Regierung. Dazu "zähle
zwingend auch die Beobachtung der öffentlichen Debatte im Internet", etwa um
den Bürgerwillen besser einschätzen zu können.
Lichdi spricht von "Überwachungssoftware"
Lichdi reagierte empört. "Meinungsforschung gehört nicht zu den Kernaufgaben des Staates", kritisierte Lichdi, der Rechtsexperte seiner Fraktion ist. Es sei "mehr als bedenklich", wenn die Regierung mit einer "Überwachungssoftware" Netz-Kommunikation kontrolliere. Die Landesregierung solle schleunigst Abstand von dem Projekt nehmen. Für Meinungsforschung seien entsprechende wissenschaftliche Institute zuständig.
Die Staatskanzlei teilte auf dapd-Anfrage mit, neben der Beobachtung der klassischen Medien spiele es eine immer wichtigere Rolle, die öffentliche Diskussion in den Onlinemedien und sozialen Netzwerken zu verfolgen. Es werde auf etablierte Softwarelösungen gesetzt, die den Datenschutz wahrten. "Vor einer endgültigen Entscheidung wird daher auch der Datenschutzbeauftragte einbezogen", sagte Staatskanzlei-Sprecherin Andrea Valendiek. Ein offizielles Ausschreibungsverfahren sei derzeit im Gange.
Lichdi will sich damit nicht zufriedengeben. Anonymisierte und datenschutzgerechte Erhebungen seien nicht ohne weiteres zu bekommen, sagte er. Die Regierung wolle die Sachsen für dumm verkaufen.
Facebook als Tür ins Privatleben - und jeder hat den Schlüssel
Die aktuelle Idee der sächsischen Landesregierung, die Bürger über die Social-Media-Kanäle auszuschnüffeln, reiht sich in die Riege der fraglichen Vorhaben ein, bei denen Facebook zur Datensammlung genutzt werden soll. Erst kürzlich sorgte eine Ankündigung der Schufa für Diskussionen, nachdem bekannt geworden war, dass das Unternehmen Facebook dazu nutzen wolle, Informationen auszuspähen, die auf die Kreditwürdigkeit der Nutzer Aufschluss geben könnten. Angesichts starker Proteste wurde das Vorhaben allerdings fallen gelassen.
Den immer wieder publik werdenden Meldungen, dass Facebook als direkter Draht in das Privatleben der Bürger genutzt wird, steht die Forderungen der Politiker für mehr Datenschutz bei sozialen Netzwerken entgegen. In Deutschland werfen Regierende und Datenschützer Facebook immer wieder vor, nicht transparent genug mit Nutzer-Informationen umzugehen und gegen deutsche Bestimmungen zu verstoßen. Das Online-Netzwerk ist in den vergangenen Wochen hauptsächlich durch negative Schlagzeilen aufgefallen, da private Chats als Schutz vor Kriminalität gescannt und Kontakte einer Person über die Korrektheit der Daten von Freunden ausgefragt werden.