Streaming-Angebote belasten klassische TV-Werbung
Mit Angeboten wie Joyn reagieren die TV-Sender auf neue Streamingdienste wie Disney+
Screenshot: Michael Fuhr
Der Bewegtbildmarkt ist durch die steigende Video-on-Demand-Nutzung und das wachsende Angebot der Streaming-Plattformen stark umkämpft, die klassische TV-Werbung gerät unter Druck. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie "Wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 2018/2019". Die Erhebung wurde im Auftrag von acht Medienanstalten unter Federführung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) erarbeitet. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie hat die BLM jetzt in ihrem Blog zusammengestellt.
Radio- und TV-Umsätze steigen – aber langsamer als in den Vorjahren
Mit Angeboten wie Joyn reagieren die TV-Sender auf neue Streamingdienste wie Disney+
Screenshot: Michael Fuhr
Die privaten Radio- und Fernsehsender in Deutschland haben ihre Jahresumsätze laut der Studie zwischen 2016 und 2018 um knapp 700 Millionen Euro auf 11,4 Millarden Euro gesteigert. Das Wachstum sei unter anderem auf die positive Entwicklung der Pay-TV- und Pay-VoD-Anbieter zurückzuführen, deren Umsätze sich um 281 Millionen auf rund 2,7 Milliarde Euro erhöhten – ein Plus von zwölf Prozent.
Für die privaten Radio- und Fernsehanbieter setzte sich damit laut der Ergebnisse eine Phase des kontinuierlichen Wachstums seit 2009 fort, das sich 2018 gegenüber den Vorjahren allerdings deutlich verlangsamt hat. Die Zahl der Beschäftigten bleibt mit knapp 27.200 nahezu konstant. Insgesamt haben die privaten Fernsehunternehmen in 2018 mit rund 10,7 Milliarden Euro 6,8 Prozent mehr als 2016 erwirtschaftet. Allerdings verringerte sich der Kostendeckungsgrad von 113 auf 109 Prozent.
Klassische TV-Werbung unter Druck
Die beiden wichtigsten Ertragssäulen für privates Fernsehen in Deutschland bleiben laut der Studie zur wirtschaftlichen Lage die klassische Werbefinanzierung im Free-TV und Erlöse aus Abonnementgebühren im Pay-TV. Nach jahrelanger positiver Entwicklung muss der klassische TV-Werbemarkt 2018 allerdings erstmals Einbußen hinnehmen. Die Nettowerbeeinnahmen aus TV-Werbung sinken von rund 4,5 Millarden Euro im Jahr 2016 auf 4,4 Milliarden Euro im Jahr 2018 (minus 1,9 Prozent).
VoD-Nutzung wächst
Ein Grund für den unter Druck geratenen klassischen TV-Werbemarkt ist die wachsende VoD-Nutzung. Digitaler Videokonsum sei laut BLM mittlerweile omnipräsent. Nach dem aktuellem "Digitalisierungsbericht Video" der Landesmedienanstalten ist die Anzahl der reinen Fernsehhaushalte in Deutschland seit 2015 kontinuierlich zurückgegangen. Der klassische TV-Konsum hat seit 2016 im Bevölkerungsschnitt gut zehn Prozentpunkte eingebüßt, die Video-on-Demand (VoD)-Nutzung ist in dieser Zeit um ebenfalls zehn Prozentpunkte angestiegen.
Die Art des Bewegtbildkonsums ist altersabhängig sehr unterschiedlich. 80 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen inzwischen Streamingdienste und/oder Online-Videoportale, besonders beliebt sind Netflix und YouTube. Zwei Drittel nutzen sogar hauptsächlich VoD-Angebote und selbst bei den über 50-Jährigen zieht der VoD-Konsum an.
TV-Sender reagieren auf Wandel
Der Fernsehmarkt reagiert laut BLM auf den Wandel. Alle großen TV-Programmanbieter bieten mittlerweile auch ein umfassendes VoD-Angebot. Neue Allianzen werden geschmiedet, zum Beispiel die unlängst gestartete Streaming-Plattform Joyn von ProSiebenSat.1 Media und Discovery. Die Markteinführungen von Disney+, Apple TV+ und HBO Max zeugen laut BLM vom erwarteten riesigen Marktvolumen.
Um aus diesem Marktpotenzial Wachstum zu generieren, diversifiziert ProSiebenSat.1 beispielsweise seine Unterhaltungsangebote. Ziel sei es, das Entertainment-Geschäft digitaler, lokaler und mit einem höheren Live-Anteil aufzustellen, so ProSiebenSat.1 Media SE in dem Geschäftsbericht 2018. Die privaten TV-Anbieter reagieren auf die Veränderungen im Nutzer- und Werbemarkt. Das rückläufige Umsatzvolumen im TV-Werbemarkt ist ein Indikator dafür, dass Werbetreibende vermehrt Budgets zu Online-Medien verschieben, um jüngere Zielgruppen zu erreichen – mit Folgen für die Werbepreise im klassischen Fernsehmarkt.
Der wachsende Online-Video-Werbemarkt werde sich angesichts dieser Entwicklung künftig sowohl als Konkurrenz als auch als Ergänzung zum linearen TV-Werbemarkt etablieren. Mit Innovationen wie Addressable TV und Programmatic Video sei TV-Werbung durch adressierbare Reichweiten und auf Zuschauer zugeschnittene Werbung im digitalen Zeitalter angekommen.
Digitale Werbeerlöse fangen Verluste aus der klassischen TV-Werbung auf
Die Ergebnisse der Erhebung zeigten: In der Gesamtmarktbetrachtung haben die digitalen Werbeerlöse die Verluste aus klassischer TV-Werbung kompensiert. Die privaten TV-Anbieter haben mithilfe ihres digitalen Portfolios 285 Millionen Euro erwirtschaftet (plus 50 Prozent im Vergleich zu 2016).
Allerdings steuere die Onlinewerbung lediglich sechs Prozent zu den Gesamteinnahmen aus Werbung und Sponsoring bei. Bis 2024 rechnen die TV-Anbieter mit einer Verdoppelung der Einnahmen aus digitaler Werbung.