Hauptversammlung

ProSiebenSat.1: Zukunft bleibt weiter offen

Eine klare Stra­tegie für die Zukunft ist im Sinne von ProSiebenSat.1, seinen Mitar­bei­tern und dem Medi­enstandort Deutsch­land insge­samt. Wirk­liche Klar­heit wird es aber voraus­sicht­lich auf der Haupt­ver­samm­lung nicht geben.
Ein Kommentar von Björn König

Wer in diesen Tagen die Fach­presse zum Thema ProSiebenSat.1 aufschlägt, dürfte ein bekanntes Muster erkennen. Es gibt vor der dies­jäh­rigen Haupt­ver­samm­lung sozu­sagen regen Austausch zwischen ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beau­jean und Groß­aktionär Media For Europe. An sich wäre das alleine nicht berich­tens­wert, es geht aber um die Art und Weise, wie dieser Dialog statt­findet.

Beide Parteien reden nämlich nicht mitein­ander, sondern über­ein­ander. Und das auch nicht etwa abseits der Öffent­lich­keit, sondern gewis­ser­maßen auf allen verfüg­baren Medi­enka­nälen, so in italie­nischen und deut­schen Zeitungen oder Fach­por­talen. Für Außen­ste­hende mag das wie die Insze­nie­rung eines Thea­ter­stücks wirken. Dabei ist das Thema äußerst rele­vant und der persön­liche Kontakt zwischen ProSiebenSat.1 und seinem wich­tigsten Aktionär wäre gerade jetzt wich­tiger als je zuvor. Vor allem steht Media for Europe in der Pflicht, den ProSiebenSat.1-Aktio­nären und dem Manage­ment genau zu erläu­tern, wie man mit der geplanten Stra­tegie eines inte­grierten Medi­enkon­zerns für alle Seiten Mehr­wert schaffen will. Bislang klingen die Pläne aus Mailand auf jeden Fall auch ohnehin eher nach Vision als nach konkreter Stra­tegie.

Medi­enstandort braucht Klar­heit

Die Mediaset-Chefs Pier Silvio Berlusconi (l.) und Fedele Confalonieri Die Media for Europe-Chefs Pier Silvio Berlusconi (l.) und Fedele Confalonieri
Foto: Il Fatto Quotidiano
ProSiebenSat.1 und RTL prägen hier­zulande das TV-Geschäft und den Werbe­markt. Was stra­tegisch in diesen beiden Unter­nehmen passiert, hat signi­fikanten Einfluss auf die gesamte Fern­seh­branche in Deutsch­land. Und natür­lich muss man dies auch im euro­päi­schen Kontext sehen, schließ­lich ist Deutsch­land ebenso einer der wich­tigsten TV-Märkte in ganz Europa, vor allem aufgrund der tradi­tio­nell starken Posi­tion von Free-TV gegen­über Bezahl­ange­boten.

Kurzum: Das Thema ist viel zu wichtig, als das es zu einem öffent­lichen Spiel­ball zwischen Groß­aktionär und Manage­ment wird. Es geht hier in erster Linie um die Zukunft des Medi­enstand­ortes Deutsch­land insge­samt. Und dazu gehört nicht zuletzt auch die Sicher­heit von Arbeits­plätzen. Denn sagen wir es offen: Wenn ProSiebenSat.1 zu einer "Filiale" von Media For Europe in Unter­föh­ring avan­ciert, dürfte mit Sicher­heit auch orga­nisa­torisch nicht alles bleiben wie bisher.

Argu­mente statt Ängste

Auf der anderen Seite hat man den Eindruck, dass der Einstieg von Media For Europe gerade vonseiten der Politik nicht sach­lich bewertet wird. Es scheint sich ein Feind­bild zu formen: Berlus­coni, der in der Vergan­gen­heit auch gerne mal Kontakte nach Moskau pflegte. So einen Investor möchte man dementspre­chend insbe­son­dere in der baye­rischen Landes­politik nicht an den Macht­hebeln in Unter­föh­ring sehen. Die Lösung muss also sein, dem Groß­aktionär bei seinem Vorhaben auf gesetz­lichem Wege Steine in den Weg zu rollen.

Ein solches Vorgehen darf in der Wirt­schaft nicht Schule machen, auch wenn es sich in der Medi­enbranche um einen empfind­lichen Bereich für die öffent­liche Meinungs­bil­dung handelt. Gleiche Spiel­regeln müssen in der Markt­wirt­schaft für alle Teil­nehmer gelten. Selbst­ver­ständ­lich auch und gerade für Herrn Berlus­coni. Persön­lich kann man ihm an der einen oder anderen Stelle Vorwürfe machen, nicht aber in einem Punkt: Er ist in Italien ein erfolg­rei­cher und verläss­licher Medi­enma­nager. Dementspre­chend wäre es absurd anzu­nehmen, dass sein Einstieg poli­tisch moti­viert ist oder er beab­sich­tigt, dem Unter­nehmen zu schaden. Man kann ihm ehrlich abnehmen, dass er ein hohes Inter­esse an der nach­hal­tigen Wett­bewerbs­fähig­keit der euro­päi­schen TV-Branche hat. Alles andere würde schließ­lich auch seinem Geschäft in Italien schaden. Die Frage ist letzt­end­lich nur, auf welchem Weg man dieses Ziel erreicht.

In einer weiteren Meldung geht es um das Thema ProSiebenSat.1: Mediaset will Kontrolle im Aufsichtsrat.

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