Street View

Hunderttausende legen Widerspruch bei Google ein

Datenschützer Schaar fordert zentrales Widerspruchsregister
Von dapd / dpa / AFP / Björn Brodersen

Moderne Handys können nach Einschätzung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar die Privatsphäre der Nutzer massiv verletzen. "Jeder, der ein Smartphone mit sich herumträgt und die Ortungsfunktion aktiviert, muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Information gespeichert, übermittelt und gegebenenfalls mit anderen Informationen zusammengeführt wird", sagte Schaar dem Tagesspiegel (Samstagausgabe) vor dem Google-Gipfel am Montag bei Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

Angestoßen durch die Debatte über den umstrittenen Dienst Google Street View veranstaltet der Innenminister am Montag einen Gipfel zum Umgang mit Geodaten. Eingeladen sind unter anderem Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), Telekom-Chef René Obermann sowie Datenschützer und Vertreter von Google, Apple und Microsoft.

"Jeder Schritt kann nachvollzogen werden", warnte Schaar Smartphone-Nutzer. Freunde und Bekannte könnten herausbekommen, wo man ist, natürlich auch der Ehepartner oder der Arbeitgeber. Das Problem stelle sich aber nicht nur bei Smartphones: "Jeder, der ein Handy mit sich führt, kann geortet werden. Und die Ortung ist besonders genau, wenn das Handy die Möglichkeit hat, GPS-Satelliten anzupeilen. Dasselbe gilt für alle Geräte mit WLAN-Schnittstellen."

Schaar fordert verbindlichen rechtlichen Rahmen

Schaar fordert einen verbindlichen rechtlichen Rahmen, der die heimliche Ortung durch Dritte verbietet. Das müsse auch technisch sichergestellt werden. "Eine Ortung darf nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des Bürgers erfolgen, nur für ganz bestimmte Dienste, für eine befristete Zeit und mit ganz klaren Verwendungsgrenzen", sagte Schaar. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat konkrete Ergebnisse beim anstehenden "Geo-Gipfel" angemahnt und drei konkrete Forderungen formuliert: "Gerade in Bezug auf die Veröffentlichung von Geodaten brauchen wir ein verbrieftes Widerspruchsrecht, also eine gesetzliche Regelung», sagte er. Es dürfe nicht vom guten Willen eines Unternehmens wie Google abhängen, ob den Bürgern ein Widerspruchsrecht eingeräumt werde oder nicht.

Schaar fordert zudem, ein zentrales Widerspruchsregister bei einer vertrauenswürdigen Stelle anzulegen. Dort könnten Bürger, die nicht einverstanden damit seien, dass ihre Informationen im Internet erscheinen, Widerspruch einlegen. Ein Unternehmen, das einen entsprechenden Dienst auf den Markt bringen wolle, müsse sich dann dort informieren, ob eine bestimmte Anschrift freigegeben sei. "Im Augenblick müssen Mieter und Hauseigentümer der Firma Google erst einmal diverse weitere Informationen geben, damit der Widerspruch berücksichtigt wird", sagte Schaar. Bei einem Widerspruchsregister wäre es nicht nötig, dass ein Unternehmen weitere Informationen erfahre. "Und der Vorteil ist, dass man dann nicht den Firmen hinterherlaufen muss", so Schaar weiter.

Außerdem tritt Schaar dafür ein, dass Geo-Informationen und andere Daten nur dann zu konkreten Profilen von Bürgern zusammengeführt werden dürfen, wenn die Betroffenen eingewilligt haben. Auch sprach sich der oberste Datenschützer dafür aus, die heimliche Ortung von Menschen grundsätzlich zu verbieten. Auch sie dürfe es nur geben, wenn der Betroffene eingewilligt habe.

Hunderttausende haben Widerspruch bei Google eingelegt

Der Bundesrat hatte im Sommer einen Gesetzentwurf zur Kontrolle von Diensten wie Street View in den Bundestag eingebracht. Demnach sollen Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich gemacht werden, bevor Daten ins Netz kommen. Abgebildete Menschen sollen ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht erhalten. Gleiches soll für Hausbesitzer und Mieter gelten, die gegen die Abbildung ihrer Wohnhäuser im Netz sind. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist aber gegen ein Gesetz speziell für Google Street View.

Laut eines Berichts des Online-Magazins Der Spiegel haben bereits mehrere hunderttausend Menschen Widerspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Hausfassade in dem Internetdienst Google Street View eingelegt. Das Magazin beruft sich auf Angaben aus Unternehmenskreisen. Google hatte vor wenigen Wochen angekündigt, Street View noch dieses Jahr für die 20 größten deutschen Städte zu starten. Immobilienbesitzer und Mieter können bis 15. Oktober Widerspruch einreichen, wenn sie ihr Haus unkenntlich machen lassen wollen.

Der für Google zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar sagte dem "Spiegel", er habe den Eindruck, dass das Unternehmen das Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß betreibe. Allerdings bleibe abzuwarten, "ob Google den Sturm der Anträge auch ordnungsgemäß abarbeiten kann".

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