Themenspezial: Verbraucher & Service Ungenügend

Nach Inkassoreform: Verbraucher jetzt besser geschützt?

Der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (vzbv) hat gemeinsam mit weiteren Verbrau­cher­ver­bänden über­prüft, ob sich die neuen Rege­lungen seit der Inkas­sore­form im Jahr 2021 in der Praxis bewährt haben. Das Fazit ist verhee­rend.
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Neue Inkasso-Regeln: Was haben sie wirklich gebracht? Neue Inkasso-Regeln: Was haben sie wirklich gebracht?
Fotos: S Kautz15 - fotolia.com/Image licensed by Ingram Image, Montage: teltarif.de
Das Bundes­minis­terium der Justiz evalu­iert nach Angaben des vzbv derzeit die Inkas­sore­form aus dem Jahr 2021. Das damals in Kraft getre­tene "Gesetz zur Verbes­serung des Verbrau­cher­schutzes im Inkas­sorecht" hat beispiels­weise die Gebühren für säumige Klein­beträge und nach der ersten Mahnung bezahlte Rech­nungen abge­senkt. Für "einfache Fälle" gibt es seitdem nur noch einen vermin­derten Gebüh­ren­satz, ein Kosten­deckel sollte Verbrau­cher vor hohen Gebühren schützen.

Neben dem Bundes­jus­tiz­minis­terium haben sich auch diverse Verbrau­cher­ver­bände mit der seither geltenden Praxis beschäf­tigt und in einer gemein­samen Stel­lung­nahme ein erstes Fazit gezogen. Das Resümee: Auch nach der Inkas­sore­form bieten die Rege­lungen keinen hinrei­chenden Verbrau­cher­schutz.

Diese Probleme gibt es weiterhin

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Über­höhte Inkas­sokosten und Schlupf­löcher in den gesetz­lichen Inkas­sore­gelungen belasten Verbrau­cher in Deutsch­land weiter, teilt der vzbv mit. Nach­bes­serungen im Gesetz seien "drin­gend nötig", um miss­bräuch­liche und irre­füh­rende Inkas­soschreiben zu verhin­dern. Mehr als 12.000 Verbrau­cher­beschwerden würden für sich spre­chen: Im Inkas­sorecht besteht nach Einschät­zung der Verbrau­cher­schützer weiterhin Hand­lungs­bedarf.

Könnten Verbrau­cher nicht sofort zahlen, würden sie schnell mit hohen Kosten konfron­tiert. Darunter würden "insbe­son­dere einkom­mens­schwache und über­schul­dete Menschen" leiden. Bei einer stich­pro­ben­artigen Fall­samm­lung seien beispiels­weise Inkas­soschreiben mit erhöhten Kosten­sätzen gefunden worden. Ein Hinweis, dass eigent­lich ein gerin­gerer Kosten­satz gelte, erfolgte mitunter nur in kleiner Schrift­größe oder auf einer anderen Seite des Schrei­bens.

Auch sei es vorge­kommen, dass auf einen mögli­chen gerin­geren Gesamt­betrag hinge­wiesen wurde, die Verbrau­cher diesen aller­dings selbst ausrechnen mussten. Sehr kurze Zahlungs­fristen seien ein weiteres Problem.

Problem bei Raten­zah­lungen

Insbe­son­dere in der aktu­ellen Preis­krise komme hinzu: Viele Verbrau­cher könnten die Forde­rungen nur in Raten abbe­zahlen. Dafür müssten sie dann aber Zuge­ständ­nisse machen, indem sie zum Beispiel ihre Gehalts­zah­lung abtreten oder die Geld­for­derungen aner­kennen. So könnten auch verjährte, unsi­chere oder unbe­rech­tigte Forde­rungen legi­timiert werden.

Raten­zah­lungs­ver­ein­barungen sollten laut dem vzbv aber nicht an nach­tei­lige Bedin­gungen gekop­pelt werden dürfen. Auch die Verbrau­cher­schutz­minis­ter­kon­ferenz habe fest­gestellt, dass die jetzige Rege­lung keinen wirk­samen Verbrau­cher­schutz gewähr­leisten könne.

Forde­rung: Faire Kosten­rege­lung

Der vzbv fordert das Bundes­jus­tiz­minis­terium auf, klare Rege­lungen zu schaffen. Es bestehe "zu viel Inter­pre­tati­ons­spiel­raum", den Inkas­soun­ter­nehmen häufig zum Nach­teil von Verbrau­chern auslegen.

Aus Sicht des Verbands müsse das gesamte System refor­miert werden. Bislang gebe es keinen eigenen Kosten­rahmen für Inkasso. Statt­dessen seien die Rege­lungen kompli­ziert und kaum verständ­lich für Verbrau­cher. Um die Reali­sie­rung eines eigenen Kosten­rah­mens für Inkasso zu disku­tieren, sollte das Bundes­jus­tiz­minis­terium nach Auffas­sung des vzbv einen "Runden Tisch" mit den betrof­fenen Akteuren einbe­rufen.

Inkasso-Unter­nehmen treiben ausste­hende Beträge bei Verbrau­chern ein. Doch die hierfür auf den Rech­nungen aufge­führten Gebühren sind oft pure Abzocke. Verbrau­cher­schützer fordern mehr Trans­parenz.

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