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180 Antennen: 5G-Netz für Universitätsklinikum Frankfurt

Das Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt soll bis Mitte 2024 moderne 5G-Infra­struktur erhalten: Über 180 5G-Antennen im Innen­bereich des Haupt­gebäudes, EU gibt 3,3 Millionen Euro dazu.
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Alle reden von Digi­tali­sie­rung, Vernet­zung und Anwen­dungen. Die sollen auf Basis der "schnellen 5G-Netze" die klini­sche Zusam­men­arbeit verbes­sern. Für das Univer­sitäts­kli­nikum in Frank­furt (UKF) will der Netz­betreiber Voda­fone nun ein solches 5G-Netz aufbauen. Dazu sollen mehr als 180 Antennen nur für die Inhouse-Versor­gung bis Mitte 2024 auf dem Klinik­gelände in Betrieb genommen werden.

5G-Projekt bis 2025 von EU geför­dert

V.l.: Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärztl.Dir.&CEO Universitätsklinikum Frankfurt, Prof. Dr. Kristina Sinemus, Digital-Ministerin Hessen, Markus Jones, Kfm. Dir. Universitätsklinikum Frankfurt, Kerstin Larsson-Knetsch, Dir. Beratung&Kundenlösungen Vodafone Business V.l.: Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärztl.Dir.&CEO Universitätsklinikum Frankfurt, Prof. Dr. Kristina Sinemus, Digital-Ministerin Hessen, Markus Jones, Kfm. Dir. Universitätsklinikum Frankfurt, Kerstin Larsson-Knetsch, Dir. Beratung&Kundenlösungen Vodafone Business
Foto: Universitätsklinikum Frankfurt
Das Projekt soll im Juni 2025 abge­schlossen sein. Dann können drin­gende Konsul­tationen von außer­halb, aber auch aus anderen Häusern des Univer­sitäts­kli­nikums selbst in der im Souter­rain gele­genen Notauf­nahme schnell und stabil durch­geführt werden, betont man bei Voda­fone. Für den 5G-Ausbau gibt es im Rahmen des Förder­pro­gramms "CEF Digital" von der EU rund 3,3 Millionen Euro. Dies gaben das Frank­furter Unikli­nikum und der in Düssel­dorf ange­sie­delte Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter Vdoafone im Beisein von Prof. Dr. Kris­tina Sinemus, der Hessi­schen Minis­terin für Digi­tale Stra­tegie und Entwick­lung, heute in Frank­furt bekannt.

Projekt seit 2018 bzw. 2022 in Arbeit

Wie schon berichtet, arbeitet das UKF bereits seit 2022 gemeinsam mit Voda­fone an dem Projekt. So hatten die Partner im Mai vergan­genen Jahres unter dem Titel „5G for Univer­sity Hospital“ am Projekt­aufruf der EU teil­genommen.

Das im Dezember 2022 unter­zeich­nete „Grant Agree­ment“ sagt nun zu, dass 3,3 Millionen Euro der insge­samt 4,5 Millionen Euro Projekt­kosten von der EU im Rahmen des Förder­pro­gramms „Connec­ting Europe Faci­lity“ über­nommen werden. Damit sollen gezielt Infra­struktur-Inves­titionen geför­dert werden, die trans­euro­päi­sche Netze in den Sektoren Energie, Verkehr und Digi­tales leis­tungs­fähiger, nach­hal­tiger und effi­zienter gestalten. Der Förder­antrag wurde auch durch das Bundes­minis­terium für Digi­tales und Verkehr und die Minis­terin für Digi­tale Stra­tegie und Entwick­lung unter­stützt.

Netz für kriti­sche Anwen­dungen

Das neue 5G-Campus-Netz ist nur für medi­zini­schen Anwen­dungen frei­gegeben und muss alle Anfor­derungen an kriti­sche Anwen­dungen im Medi­zin­bereich erfüllen. Es darf beispiels­weise keine Medi­zin­geräte stören, die wie Compu­ter­tomo­gra­phen (CT) mit elek­tro­magne­tischen Feldern arbeiten. Ziel ist zudem, dass die Infor­mati­ons­sicher­heit im 5G-Netz am UKF nach DIN-ISO 27001 zerti­fiziert wird.

Im Dezember 2023 soll das Univer­sitäts­kli­nikum die neue 5G-Infra­struktur über­nehmen und die Anwen­dung vorbe­reiten. Die dafür ausge­wählten Anwen­dungs­fälle ("Use Cases") aus der Praxis von Pati­enten­ver­sor­gung und Forschung, werden über das Förder­pro­jekt Digi­tales Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt getragen.

Univer­sitäts­kli­nikum und Land Hessen sehen sich als 5G_Vorreiter

v.l.: Prof. Dr. Thomas Walther, Kerstin Larsson-Knetsch, Prof. Dr. Jürgen Graf, Professorin Dr. Kristina Sinemus, Prof. Dr. David M. Leistner, Markus Jones v.l.: Prof. Dr. Thomas Walther, Kerstin Larsson-Knetsch, Prof. Dr. Jürgen Graf, Professorin Dr. Kristina Sinemus, Prof. Dr. David M. Leistner, Markus Jones
Foto: Hessische Staatskanzlei
Das Förder­pro­jekt Digi­tales Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt wurde bereits 2018 durch das Hessi­sche Minis­terium für Wissen­schaft und Kunst ins Leben gerufen und ermög­licht seither Teil­pro­jekte in den verschie­densten Berei­chen des Hauses – dank 5G bald auf deut­lich höherem tech­nischen Niveau.

„Mit diesem Modell­pro­jekt entwi­ckeln wir das Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt zu einem voll­ver­netzten, digi­tali­sierten Kran­ken­haus weiter“, so Wissen­schafts­minis­terin Angela Dorn. „Das Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt als Voll­ver­sorger ist schon jetzt Anlauf­stelle für kompli­zierte Fälle und seltene Erkran­kungen. Insbe­son­dere für solche Fälle ist es wichtig, die Digi­tali­sie­rung als stra­tegi­sche Aufgabe wahr­zunehmen, damit Daten schnell und sicher ausge­tauscht werden können. Der 5G-Ausbau ist hierfür ein wich­tiger infra­struk­tureller Meilen­stein.“

Hessen sieht sich auch in anderer Hinsicht als Vorreiter beim 5G-Ausbau. So wurde bereits im Mai letzten Jahres gemeinsam mit dem Netz­betreiber Voda­fone und seinen Mitbe­wer­bern Telekom und Telefónica der 5G-Ausbau beschleu­nigt: Bis 2025 soll für 5,6 Millionen Bürger in Hessen das "Echt­zeit­netz" verfügbar sein, kündigte die Politik an.

Nicht nur LTE, sondern auch 5G

Für die Digi­tal­minis­terin Prof. Dr. Kris­tina Sinemus habe der Zukunfts­pakt mit den Mobil­funk­betrei­bern spürbar den Ausbau in Hessen beschleu­nigt und "erfolg­reich an unseren ersten Mobil­funk­pakt von 2018" ange­knüpft. Neben der LTE-Versor­gung sei auch bei 5G die schnelle Netz­ver­dich­tung voran­getrieben worden rund 96 Prozent aller hessi­schen Haus­halte seien bereits mit 5G versorgt, Angaben zur Flächen­abde­ckung des Bundes­landes wurden nicht gemacht.

Alle Plan­kran­ken­häuser ange­schlossen

Zudem seien in Hessen nahezu alle Plan­kran­ken­häuser an das schnelle Netz ange­schlossen, womit die Voraus­set­zung geschaffen werde, dass Ärztinnen und Ärzte digi­tale Tech­nologie nutzen und damit Pati­entinnen und Pati­enten medi­zinisch versorgen können. "Damit stellen wir Hessens digi­tale Gesund­heits­ver­sor­gung zukunfts­sicher auf“, betont die Minis­terin.

Michael Jung­wirth, Mitglied der Geschäfts­lei­tung und "Director Public Policy & External Affairs" bei Voda­fone, betont, dass 5G die Digi­tali­sie­rung in der Medizin unter­stütze. Es könne die stand­ort­über­grei­fende Zusam­men­arbeit von Ärzten unter­stützen und helfen, Menschen­leben zu retten.

Vernetzte Medizin der Zukunft

Prof.Dr.Thomas Walther, Dir. Klinik Herz- & Gefäßchirurgie (2.v.l.), Prof. Dr. David M. Leistner, Dir.Klinik Kardiologie, Angiologie (r.) erklären Professorin Sinemus und Kerstin Larsson-Knetsch, wie Arzt und Patientin digital zusammenfinden. Prof.Dr.Thomas Walther, Dir. Klinik Herz- & Gefäßchirurgie (2.v.l.), Prof. Dr. David M. Leistner, Dir.Klinik Kardiologie, Angiologie (r.) erklären Professorin Sinemus und Kerstin Larsson-Knetsch, wie Arzt und Patientin digital zusammenfinden.
Foto: Universitätsklinikum Frankfurt
In der Hoch­leis­tungs­medizin können sichere und geschützte digi­tale Netze mit hoher Kapa­zität zahl­reiche Vorteile bringen. So wird nicht nur eine Erreich­bar­keit der Spezia­listen im ganzen Haus sicher­gestellt. Daten können in Echt­zeit von Diagno­sege­räten wie Ultra­schall oder auch zwischen verschie­denen Klinik­berei­chen über­mit­telt werden. Manche Tech­nolo­gien werden durch digi­tale Netze über­haupt erst einsatz­fähig. So hat der Netz­betreiber Telekom im Bonner Univer­sitäts­kli­nikum bereits ein 5G-Campus-Netz ausge­rollt, das ähnliche Krite­rien erfüllt.

Prak­tisches Beispiel: Digi­tale Herz-Team-Bespre­chung

Am Frank­furter Univer­sitäts­kli­nikum stellte sich ein 83-jähriger Mann mit Herz­beschwerden und Luft­knapp­heit über seinem nieder­gelas­senen Kardio­logen vor. Mittels Ultra­schall und CT wurde eine hoch­gra­dige Aorten­klap­pens­tenose diagnos­tiziert, also eine Veren­gung, die den Blut­strom aus dem Herzen behin­dert – eine Therapie war drin­gend erfor­der­lich. Der Patient musste nun den Behand­lungs­leit­linien folgend an einem Herz­zen­trum im „Herz-Team“ vorge­stellt werden.

Da sowohl Patient als auch seine Ehefrau nur sehr einge­schränkt mobil sind, wurde das digi­tale Herz-Team des Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt noch in der Praxis akti­viert. Über das digi­tale Konsil­portal („Tele-Heart-UHF“) konnten die Befunde zusammen mit den Exper­tinnen und Experten am Univer­sitären Herz- und Gefäß­zen­trum Frank­furt (UHF) unmit­telbar bespro­chen und die weitere Therapie mit dem Pati­enten fest­gelegt werden. Bei dieser Herz-Team-Bespre­chung werden sämt­liche Befunde über aktu­elle 5G-Über­tra­gungs­technik verzö­gerungs­frei an die Experten der Herz­chir­urgie und Kardio­logie am Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt über­mit­telt.

Digi­tali­sie­rung ist die Basis

Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärzt­licher Direktor und Vorstands­vor­sit­zender des Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt, nutzt bereits die Chancen, welche die Digi­tali­sie­rung als Basis­tech­nologie für die Medizin der Zukunft bietet. Er ist sich sicher: "Vom neuen 5G-Netz profi­tieren zukünftig nicht nur unsere Pati­entinnen und Pati­enten, sondern auch unsere Kolle­ginnen und Kollegen außer­halb unseres Hauses."

Damit soll das Ziel, die Qualität und Sicher­heit der Pati­enten­ver­sor­gung auch über das Univer­sitäts­kli­nikum hinaus zu erhöhen, in Frank­furt, Hessen und Deutsch­land erfüllt werden. "Im Bereich der Organ­spende stellt der Einsatz dieser Tech­nologie für uns heute schon ein uner­läss­liches Hilfs­mittel dar.“

Markus Jones, Kauf­män­nischer Direktor des Univer­sitäts­kli­nikum freut sich, dass „5G im Vergleich zu 4G wesent­lich leis­tungs­fähiger und sicherer (ist); es können mehr Daten schneller über­tragen werden, gleich­zeitig kommt es zu weniger Ausfällen." Das spart am Ende auch Kosten.

5G-Medizin: Drohnen, AR-Befunde, smarte Geräte oder medi­zini­scher Messenger

Die klini­sche Zusam­men­arbeit hat sich durch Digi­tali­sie­rung verän­dert. Voda­fone und eine weitere Univer­sitäts­klinik haben den Trans­port von Medi­kamenten durch autonom agie­rende Drohnen getestet. Auch an der plas­tischen Darstel­lung von Befunden mittels „Augmented Reality“-Tech­nologie (AR) wird in Forschungs­pro­jekten bereits gear­beitet.

Weitere Einsatz­mög­lich­keiten gibt es nicht nur in der Echt­zeitt­ele­medizin wie im vorge­stellten Anwen­dungs­sze­nario, wo beispiels­weise über eine Soft­ware­tech­nologie der Firma Awesome Tech­nolo­gies Inno­vati­ons­labor die direkte Verbin­dung zu nieder­gelas­senen Ärzten herge­stellt werden kann.

Ultra­schall­tech­nolo­gien, die Bilder in Sekun­den­schnelle von anderen Kliniken oder sogar vom Notfall­ein­satz senden können, sind ein weiteres Beispiel. Am Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt außerdem der medi­zini­sche Messen­ger­dienst Famedly einge­setzt, der Chat­ver­läufe des Klinik­per­sonals direkt in die Kran­ken­akte über­tragen kann. Ferner für Alarm­server, die mobile Vital­daten­mes­sung mittels Biosensor, Logbü­cher und Tracking sowie die Anäs­the­sie­doku­men­tation und die mobile Aufklä­rung.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Moderne Technik hilft beim medi­zini­schen Fort­schritt, was Menschen­leben retten und das Leben von Pati­enten und medi­zini­schem Personal insge­samt besser machen kann. Dazu sind schnelle zuver­läs­sige Netze notwendig. Doch diese Netze braucht es nicht nur in der Klinik, sondern auch beim behan­delnden Arzt, der viel­leicht irgendwo auf dem Land immer noch ohne ausrei­chende Netz­ver­sor­gung prak­tiziert oder beim Rettungs­dienst, der ohne Funk­ver­bin­dung in dünn besie­delten Land­stri­chen unter­wegs ist und sich zurecht­finden soll bzw. muss. Und hier hat speziell Voda­fone noch gewal­tigen Nachhol- und Ausbau­bedarf. Klar, billig wird das nicht. Viel­leicht sollte das lang­jäh­rige Tabu­thema "natio­nales Roaming" oder ein verstärkter gemein­samer Netzauf- und Ausbau noch inten­siver ange­gangen werden.

Beispiels­weise sollten Medi­ziner Rettungs­dienste ohne großen Aufwand für ihre Alltags­kom­muni­kation alle vorhan­denen Netze verwenden können. Derzeit ist das nicht der Fall, sofern sie nicht mit mehreren Geräten oder SIM-Karten operieren. Auch das digi­tale Behör­den­netz (BDBOS) hat regional noch gewal­tige Funk­lücken. Speziell in Hessen hat sich da sicher einiges in Bewe­gung gesetzt, es gibt aber noch viel zu tun.

Beispiels­weise in Baden-Würt­tem­berg werden drin­gend Sender­stand­orte gesucht, aber niemand wollte bislang vermieten.

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