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Deutschland beendet Mittelwellen-Rundfunk zum Jahresende

Für die Mittelwelle, die zum Jahresende in Deutschland abgeschaltet wird, gibt es keinen adäquaten Ersatz. Wir berichten über die Geschichte des Wellenbereichs, auf dem der Unterhaltungsrundfunk in Deutschland einst gestartet wurde.
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Im Jahre 1923 startete der Unterhaltungsrundfunk in Deutschland auf Mittelwelle. Zum Jahresende werden nun die letzten deutschen Mittelwellensender abgeschaltet, nachdem ein Jahr zuvor bereits die Langwellensender von Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur ihren Betrieb eingestellt haben. Eine Ära geht zu Ende.

Die Lang- und Mittelwelle bietet durchaus Vorteile. So war der Langwellensender Donebach des Deutschlandfunks ohne großen Antennenaufwand in ganz Deutschland zu empfangen. Über den Mittelwellensender Heusweiler hat der Autor dieses Artikels Nachrichten aus der Heimat in den Abendstunden selbst im südlichen Afrika empfangen.

Während des Kalten Krieges war die Mittelwelle unverzichtbar

Die Antenne des Mittelwellensenders Heusweiler des Saarländischen Rundfunks Die Antenne des Mittelwellensenders Heusweiler des Saarländischen Rundfunks
Foto: teltarif.de
In der Zeit des Kalten Krieges waren auf Mittelwelle unzensierte Nachrichten von Programmen wie RIAS Berlin, Sender Freies Berlin, Norddeutschem Rundfunk und Bayerischem Rundfunk bis in den hintersten Winkel der DDR zu hören. Auf SR1 Europawelle Saar und bei Radio Luxemburg erfreuten sich auch Hörer im Osten Deutschlands den aktuellen Hits und flotten Sprüchen der DJs.

Vor allem in den 60er und 70er Jahren sorgten Seesender wie Radio Caroline, Radio Veronica und Radio Nordsee International dafür, dass kommerzielle Programme mit Pop- und Rockmusik rund um die Uhr in weiten Teilen Nord-, West- und Mitteleuropas zu empfangen waren. Abgesehen von Radio Luxemburg sorgten diese Seesender erstmals für eine Alternative zu den recht altbacken wirkenden Programmen der staatlichen Rundfunkprogramme.

Schlechter Klang und große Störungen

Die Mittelwelle hat aber auch große Nachteile. So ist die Klangqualität deutlich schlechter als bei Sendungen auf UKW oder gar DAB+. Der Sound erinnert eher an eine Telefonverbindung als an HiFi. Vor allem abends und nachts kommt es ferner zu Feldstärke-Schwankungen, die sich auch negativ auf die Übertragungsqualität auswirken. Dazu verursachen elektrische Funken, Leuchtstoffröhren, Plasma-Bildschirme und Schaltnetzteile Störungen, die auf UKW und DAB+ in dieser Form nicht auffallen.

Darüber hinaus arbeiten die meisten Lang- und Mittelwellensender mit großen Sendeleistungen. Der Saarländische Rundfunk hatte seinen Sender Heusweiler in Glanzzeiten der Mittelwelle mit 1200 kW betrieben. Der Hessische Rundfunk sendete aus Rodgau-Weiskirchen mit immerhin 1000 kW bis weit in die DDR hinein.

Die 90er Jahre läuteten das Aus für den Mittelwellenrundfunk ein

Kleines tragbares Mittelwellenradio Kleines tragbares Mittelwellenradio
Foto: teltarif.de
In der Zeit des Kalten Kriegs ließen sich die zwangsläufig dafür anfallenden sehr hohen Betriebskosten mit der Versorgung der Hörer jenseits des Eisernen Vorhangs rechtfertigen. Heutzutage hört man aber auch in Brandenburg, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern den örtlichen Sender auf UKW oder DAB+, falls das klassische Radio nicht längst durch ein Smartphone oder einen WLAN-Empfänger abgelöst wurde.

Die Einschaltquoten auf Mittelwelle sanken dramatisch, so dass sich die hohen Betriebskosten für die Sendeanlagen nicht mehr lohnen. Der Versuch, auch die Mittelwelle zu digitalisieren, schlug fehl. Digital Radio Mondiale (DRM) konnte in Europa nicht etabliert werden, so dass der Anfang vom Ende dieses traditionsreichen Wellenbereichs eingeläutet wurde.

Auf Seite 2 lesen Sie, wie es schlussendlich zum Ende des deutschen Mittelwellenrundfunks kam. Wir berichten aber auch darüber, dass die Abschaltung keine rein deutsche Erfindung ist.

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