DSL-Ausbau

2 Mio. Anschlüsse für 2 Milliarden: "Da werden Sie nicht investieren"

LTE statt "Fibre to the Bauernhof" für die letzten 5 Prozent des Landes
Von Thorsten Neuhetzki

Ingbert Liebing (CDU) und Martin Dörmann (SPD) auf dem Podium des Breko Ingbert Liebing (CDU) und Martin Dörmann (SPD) auf dem Podium des Breko
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
50 MBit/s flächen­deckende Breitband­versorgung bis 2018 - so lautet das ehrgeizige Ziel des Koalitions­vertrags. Das wird aber nicht bedeuten, dass das "Fibre to the Bauernhof" kommt, wie die Branche eine flächen­deckende Glasfaser­versorgung bis zum Haus (FTTB) nennt. Auch die Politiker der Großen Koalition sowie Branchen­vertreter zeigen sich skeptisch, dass die letzten fünf Prozent in der Flächen­deckung zu schaffen sind. Das wurde auf dem Branchen­treffen des Breko in Berlin deutlich, wo sich neben den Fach­politikern von CDU und SPD auch das Beratungs­unternehmen WIK und Regulierer mit der Tele­kommunikations­branche austauschten.

"Wenn wir bis 2018 schon nah dran sind, unser Ziel umzusetzen, sind wir zufrieden", sagte Martin Dörmann (MdB, SPD), der zusammen mit seinem CDU-Kollegen Ingbert Liebing maßgeblich an der Ausarbeitung des Koalitionsvertrags im Bereich der Telekommunikation beteiligt war. "Für die letzten fünf Prozent der Bevölkerung werden wir aber nicht auf kabelgebundene Lösungen setzen können, sondern müssen wohl auf Lösungen wie LTE Advanced zurückgreifen", so Dörmann.

Ein Teilnehmer pro Quadratkilometer rechnet sich nicht

Ingbert Liebing (CDU) und Martin Dörmann (SPD) auf dem Podium des Breko Ingbert Liebing (CDU) und Martin Dörmann (SPD) auf dem Podium des Breko
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Die letzten fünf Prozent sind auch aus Sicht von Dr. Karl-Heinz Neumann, Geschäftsführer des Beratungsinstituts WIK, das größte Problem. Er hat Deutschland in 20 Cluster aufgeteilt, die jeweils etwas mehr als 2 Millionen Haushalte beinhalten. Während der Cluster mit der höchsten Bevölkerungsdichte (2 750 Anschlüsse pro km²) sich für 430 Millionen Euro komplett mit VDSL Vectoring erschließen lasse, seien es beim Cluster 20 mit einem Teilnehmer pro km² und einer Fläche von 110 641 km² ein Betrag von 2 Milliarden Euro. "Hier wird niemand von Ihnen investieren", prognostizierte er den anwesenden 97 alternativen Carriern. Zumindest werde es keine Investitionen ohne Förderungen geben.

Mit Blick auf drohendes Ungemach aus Brüssel sagte CDU-Politiker Liebing, Politik und die Branche sollten sich nun schnell daran machen, den Koalitionsvertrag in die Tat umzusetzen. Es könne nicht sein, dass die EU den Wettbewerb kaputt mache, wo sie ihn sich anderer Stelle auf ihre Fahnen geschrieben hat. Rückblende: Die EU-Kommission hatte ein Papier vorgelegt, in dessen Folge die Zersplitterung des Marktes mit ihrer Anbietervielfalt aufgehoben werden soll und nur noch wenige große Anbieter in Europa die Netze bauen und diese anderen zur Verfügung stellen. Die deutschen Politiker und die Wettbewerber sehen hier aber einhellig die Gefahr, dass die Investitionen in die Netze hier deutlich zurück gefahren werden würden.

"Das EU-Papier zum Single Market muss vom Tisch"

Auch die deutsche Regulierung sieht das so. Dr. Iris Henseler-Unger, Vize-Präsidentin der Bundesnetzagentur, sagte: "Die europäische Entwicklung ist nicht so schlecht, wie sie dargestellt wird. Wir sind an der ein oder andern Stelle im Markt deutlich besser aufgestellt als andere Staaten. Deswegen kann man den Wettbewerb aber hier nicht zurücknehmen wollen". Ralf Kleint, Präsident des Breko gab sich hier auch entsprechend trotzig: "Wir haben keine Befürchtungen, was das Papier angeht. Wir lehnen den Entwurf schlichtweg ab." Kleint bezeichnete die Äußerungen der EU-Kommission als investitionsschädlich. "Derzeit wird eine Sau nach der anderen durch das Dorf getrieben, die die Investitionen hemmen." Damit spielt er auf die langwierige Debatte um VDSL Vectoring an, die im vergangenen Jahr die Investitionen gehemmt hat.

VDSL Vectoring bleibt in der Branche auch ein Thema und Ärgernis, auch wenn die Anbieter allesamt ausbauen wollen. Sie sehen aber das Problem, dass sie unter Umständen Kabelverzweiger gleichzeitig mit der Telekom erschließen und dann kein Vectoring angeboten werden kann. Wir hatten darüber gestern berichtet. Bis 2018 wollen alleine die alternativen Netzbetreiber etwa 11 Millionen zusätzliche Haushalte anbinden - vor allem im ländlichen Raum.

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