Chip testet Schweizer Mobilfunk-Netze
Die Schweizer haben die besten Mobilfunknetze im deutschen Sprachraum. Das zeigen Tests der Fachmagazine Connect und aktuell des Magazins Chip, die dieses Jahr das Thema "Netztest" gewaltig erweitert haben.
Chip ging früh zu Fuß
So schickte Chip schon vor Jahren Fußgänger mit Messrucksäcken auf die Reise, um die Versorgung in Zügen, U-Bahnen, Fußgängerunterführungen und so weiter zu testen. Messpartner von Chip ist das Unternehmen Net Check, welche die ausführlichen Tests vor Ort durchgeführt haben.
Auch im aktuellen Test von Chip zeigt sich wieder: "Die Konkurrenz in der Schweiz ist hart, aber das Ergebnis klar: Swisscom gewinnt denkbar knapp vor Sunrise und Salt.
Zweiter Netztest unter Corona-Bedingungen
Chip führte den zweiten Netztest während der Corona-Pandemie durch. Alle drei Schweizer Netzbetreiber konnten ihr "ausgezeichnetes Niveau halten" und seien sogar noch ein bisschen besser geworden. Selbst in den Fernzügen – normalerweise ein Alptraum aller Mobilfunknutzer - habe es kaum Anlass zur Kritik gegeben. Der Anbieter Salt (Platz 3) hat im Vergleich zum Vorjahr "gut aufgeholt". Was das Zugfahren anbetrifft, bleibt die Schweiz "Vorbild für die anderen Netze im deutschsprachigen Raum", betont Chip.
Swisscom knapp vor Sunrise, Salt kurz dahinter
Das Ergebnis des Chip-Netztest 2021 in der Schweiz ist glasklar. Bei 5G liegt Salt am absoluten Ende.
Grafik: chip.de
Zwar fallen die Noten etwas schlechter aus als im Vorjahr, weil die Wertungskriterien nochmals verschärft wurden. Erstmals wurden nicht nur die ausführliche Testfahrt mit Spezialausrüstung ausgewertet, sondern auch Messwerte von ganz normalen Kunden, die eine bestimmte App auf ihrem Handy installiert haben und mit der Datenweitergabe einverstanden sind, im Fachjargon "Crowd-Sourcing" genannt. Erstmals wurde auch Qualität und Verfügbarkeit von 5G-Netzen in der Schweiz bewertet.
In (deutschen) Schulnoten erzielte Swisscom eine 1,08, gefolgt von Sunrise mit 1,16, Salt kam auf 1,37. Beim 5G-Ausbau liege Salt noch weit hinter der Konkurrenz. Dafür hat Salt bei der Zugversorgung gewaltig nachgeholt.
Kein GSM mehr dabei
GSM wurde nicht mehr gemessen (weil es nahezu weg ist), einzig Sunrise bietet noch "dynamisches GSM" bis Ende 2022 an. Das bedeutet: GSM wird in einer Zelle nur aktiviert, wenn ein älteres Telefon das anfordert. Sonst werden die Frequenzen für 3G oder 4G verwendet.
Sprachtelefonie: Abbrüche bei Salt
Bei Sprachtelefonie konnten Verbindungen am ehesten bei Salt abbrechen, wenn über das klassische Netz telefoniert wurde, bei OTT-Calls (z.B. WhatsApp) war es besser.
Bei schnellen Up- und Downloads lag Swisscom deutlich vorne. Die Schnittgeschwindigkeit lag bei satten 118,5 MBit/s, nur A1 in Österreich schaffte 120 MBit/s. Die Schweizer Sunrise hat sich von 76,5 auf 91,5 MBit/s gesteigert. Salt schaffte jetzt 71 MBit/s. Beim Upload stellte Chip hingegen "Stillstand" fest.
Womit wurde gemessen?
Zum Messen wurden Samsung-Galaxy-S10-Geräte verwendet, die aufrecht in der Dachbox des Mess-Autos montiert waren. Die Spezialisten von Net Check fuhren über 4.140 Kilometer durch die Schweiz vom Genfer See bis nach Graubünden. 1.616 Kilometer über Autobahnen und Landstraßen, 1.979 Kilometer in insgesamt 34 Städten. Acht Großstädte (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern, St. Gallen und Zürich) wurden intensiver untersucht, teilweise waren die Tester 85 Stunden zu Fuß oder in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Es wurden 175.000 Messungen ("Samples") eingesammelt, aus denen mehrere Millionen Testdaten generiert wurden.
21 Smartphones waren im Einsatz: Sechs Samsung Galaxy S10 haben Datentransfers, Webseitenaufrufe und Uploads zu Facebook durchgeführt, zwölf weitere Galaxy S10 haben Telefonate und WhatsApp-Calls durchgeführt, drei Galaxy S10 5G nahmen die Messwerte im 5G-Netz auf, soweit dieses Modell die möglichen 5G-Bandkombinationen schon unterstützt. Gesammelt wurden die Daten mit dem Benchmarker II von Rohde & Schwarz im Auto. In den Fernzügen sowie zu Fuß kamen Rucksacksysteme vom Typ Freerider III (Rohde & Schwarz) zum Einsatz.
LTE ist Standard, außer bei Salt
Laut Crowdsourcing-Daten gibt es in der Schweiz fast überall schnelles LTE, nur Salt "müsse auf dem Land noch etwas nachbessern." Eigene Erfahrungen von teltarif-Lesern zeigen, dass es beispielsweise im Schweizer Rheintal noch Bahnstrecken gibt, an denen kein oder kaum Netz empfangbar ist. Dies könne, so die Berichte, in durchweg dünn besiedelten Regionen noch vorkommen. Ein Beispiel ist die Bahnstrecke St. Gallen - Rorschach: 2 km vor und nach der Koordinate 47°28'43.0"N 9°25'13.2"E "geht mit Sunrise beispielsweise gar nix", so ein teltarif.de-Leser, auch Swisscom habe in der Region zu kämpfen. Oder die "Hauptstraße" (in Deutschland würde man "Bundesstraße" sagen) von St.Gallen nach Heiden via Rehetobel bei 47°25'24.3"N 9°27'29.2"E gibt es ebenfalls von Sunrise kein Netz.
Für die meisten Schweizer ist Telefonieren und Surfen per LTE in den Netzen von Swisscom und Sunrise "selbstverständlich", bei Salt nicht immer. In den städtischen ("urbanen") Regionen liegen die Werte bei 99,5 Prozent der Fläche, Salt erreicht hier "nur" 95,7 Prozent.
Im ländlichen Bereich sinkt Salt auf 93 Prozent LTE in der Fläche, Swisscom und Sunrise liegen zwischen 98 und 99 Prozent. Bei der Signalqualität sinkt Salt auf 90,6 Prozent, was in Deutschland ein ausgezeichneter Wert wäre, in der Schweiz aber nicht.
Schweizer 5G-Netze: Von Anfang an dabei
Nicht nur bei GSM vor 30 Jahren, auch bei 5G war die Schweiz eines der ersten Länder in Europa mit entsprechend aktiven Netzen. Swisscom und Sunrise haben nach der Lizenzfreigabe sofort den Ausbau gestartet, Salt kam erst viel später dazu. Bei der 5G-Verfügbarkeit erhielt Salt die Note „Ungenügend“, die Swisscom hingegen erreichte 1,29, gefolgt von 1,47 für Sunrise. Gemessen wurde mit dem Scanner TSME6 von Rohde & Schwarz: In den Städten ist 5G für Swisscom und Sunrise-Kunden zu "über 90 Prozent verfügbar", auf den Straßen sinkt es auf 84,1 (Swisscom) und 73,5 Prozent (Sunrise). Salt liegt weit hinten zwischen 11 und 15 Prozent.
"Ultraschnelles" 5G gibt's nur auf Band n78 (3,6 GHz). Auf den niedrigeren Frequenzen wird 5G-DSS verwendet und das ist langsamer. Sunrise setzt auf relativ niedrige um 700 MHz für 5G. Das bedeutet mehr Reichweite, aber geringere Bandbreite und Datengeschwindigkeit. Bei seinen Tests bewertete die Chip die Verfügbarkeit n78 höher: Bei Swisscom sind es 60,4 Prozent, Sunrise kommt auf 45,3 Prozent Verfügbarkeit dieser schnellen Frequenz.
Nimmt man die Bereiche, in denen 5G empfangbar war, lieferte Sunrise auf 5G etwa 381 MBit/s Download im Schnitt, Swisscom erreichte 293 MBit/s und Salt "nur" 287 MBit/s. Auf dem Land rückte Swisscom in Punkto Geschwindigkeit näher an Sunrise heran.
Beste Verfügbarkeit für LTE und 5G
Abschließend stellt Chip fest: "Das Mobilfunknetz der Swisscom ist nicht nur schnell, sondern auch sehr gut verfügbar." Im europäischen Vergleich liege nur das Land Österreich in einigen Punkten noch vor der Schweiz. So liegt in Österreich der Netzbetreiber A1 (Mobilkom Austria) vor Magenta (Deutsche Telekom) und Drei (Hutchison HongKong).
Die deutschen Messergebnisse der Chip werden wir noch vorstellen.