Berlusconi-Konzern übernimmt Mehrheit an ProSiebenSat.1
Media For Europe übernimmt ProSiebenSat.1
(c) dpa
Kaum hat sich ProSiebenSat.1 von seinem bisherigen Vorstandschef Rainer Beaujean getrennt, geht es nun Zack auf Zack: Der Medienkonzern Media For Europe des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sichert sich offenbar über Treuhänder weitere Aktien und halte damit nun laut Berichten Anteile über 50 Prozent an der Münchener Sendergruppe. Unter Vorbehalt der Kartellwächter kontrolliert Berlusconi somit eine der zwei großen Privatsendergruppen in Deutschland. Politisch dürfte diese Übernahme hingegen alles andere als locker gesehen werden. In München und Berlin geht die Befürchtung um, Berlusconi könnte aktiv in die öffentliche Meinungsbildung eingreifen.
Bestätigung durch österreichische Wettbewerbshüter
Media For Europe übernimmt ProSiebenSat.1
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Während sich die deutschen Wettbewerbshüter zum Thema noch bedeckt halten, gibt es aus Österreich eine klare Bestätigung. Die Übernahme wurde demnach bereits am 13. Dezember bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet. In Österreich ist die Sendergruppe bereits mit eigenen Ablegern seiner in Deutschland empfangbaren Fernsehprogramme sowie dem Nachrichtenangebot Puls 24 vertreten.
Bislang ist fraglich, wie sich die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) sowie das Bundeskartellamt positionieren. Klar ist nur, dass sich vor allem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder bislang äußerst kritisch gegenüber einer Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Media For Europe geäußert hat. Noch vor wenigen Wochen hatte Bayerns Ministerpräsident Söder erklärt, diese "Machtübernahme" durch Berlusconi bei Deutschlands größter privater TV-Sendergruppe wäre "eine Katastrophe für den Medienstandort Deutschland" und müsste "unter allen Umständen und mit allen rechtlichen und gesetzlichen Mitteln verhindert" werden.
Berlusconi plant europäischen Medienkonzern
Bekannt ist bislang, dass Media For Europe einen paneuropäischen Medienkonzern formt, um sich damit vor allem gegen den wachsenden Einfluss amerikanischer Streaming-Plattformen zu stellen. Außerdem will der italienische TV-Konzern durch seine Größe mehr Kontrolle über den europäischen Werbemarkt gewinnen. Unter der niederländischen Dachgesellschaft Media For Europe befänden sich neben ProSiebenSat.1 auch die italienische Mediaset sowie die spanische Tochter Mediaset Espana.
In vergangener Zeit wurde außerdem kolportiert, dass Media For Europe auch in Frankreich und Großbritannien weitere Fernsehsender zukaufen könnte, um seine Position innerhalb Europas weiter zu stärken. Das allerdings erscheint zumindest im Moment eher unwahrscheinlich, denn eine erfolgreiche Übernahme von ProSiebenSat.1 dürfte in Mailand kräftig auf die Bilanz drücken.
Übernahme setzt RTL unter Druck
Sollten die deutschen Kartellbehörden eine Übernahme allerdings tatsächlich durchwinken, setzt dies Mitbewerber RTL gehörig unter Druck. Die Luxemburger beteiligten sich in den vergangenen Monaten bereits aktiv an einer Konsolidierung der europäischen Medienbranche. Geplant war beispielsweise, TF1 und M6 in Frankreich zusammenzuführen, was jedoch an einer Zustimmung der Kartellbehörden scheiterte.
Unabhängig von politischen Diskussionen hätte ein Deal zwischen Media For Europe und ProSiebenSat.1 aber in jedem Falle erhebliche Konsequenzen für den Medienstandort Deutschland. Es gilt als ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ProSiebenSat.1 in diesem Falle noch als operativ eigenständiges Unternehmen fortbesteht. Alle wesentlichen Entscheidungen dürften dann beim Management in Mailand fallen.