Netzausrüstung

5G-Netzaufbau: Huawei darf in Europa wohl dabei sein

Der poli­tische Streit um die Teil­habe von Huawei geht weiter, während die Indus­trie Druck macht, endlich klare objek­tive Krite­rien für alle Hersteller zu schaffen.
Von mit Material von dpa

Huawei wird wohl seine Technik für 5G-Netze in Europa liefern dürfen Huawei wird wohl seine Technik für 5G-Netze in Europa liefern dürfen
Foto: Picture Alliance / dpa
Nach den gest­rigen Empfeh­lungen der EU-Kommis­sion an die Mitglieds­länder dürfte Huawei nach Einschät­zung der Nach­rich­tenagentur dpa beim Aufbau euro­päischer 5G-Netze - wenn auch mit Einschrän­kungen - mit dabei sein.

Der Indus­trie­verband BDI hat von der Bundes­regie­rung in der Sicher­heits­debatte über die Einbin­dung des chine­sischen Huawei-Konzerns beim Aufbau des schnellen 5G-Mobil­funk­netzes mehr Tempo verlangt. "Die Bundes­regie­rung muss noch im ersten Quartal 2020 liefern", forderte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Haupt­geschäfts­führung gegen­über der Deut­schen Presse-Agentur in Berlin. "Es braucht einen 5G-Sicher­heits­katalog sowie die Entwürfe zum IT-Sicher­heits­gesetz 2.0 und zur Novelle des Tele­kommu­nika­tions­gesetzes (TKG). Nur so bleibt die Sicher­heit kriti­scher Infra­struk­turen gewähr­leistet."

Seit Anfang Januar 2019 habe es die Bundes­regie­rung nicht geschafft, die ange­kündigte Über­arbei­tung der natio­nalen Gesetze anzu­gehen, kriti­sierte Plöger das Vorgehen der schwarz-roten Regie­rung in Berlin. Diese müsse "jetzt den Fahr­plan der EU-Kommis­sion einhalten und bis zum 30. April die tech­nischen und stra­tegi­schen Empfeh­lungen in natio­nales Recht umsetzen".

Was sind risi­kobe­haftete Anbieter?

Huawei wird wohl seine Technik für 5G-Netze in Europa liefern dürfen Huawei wird wohl seine Technik für 5G-Netze in Europa liefern dürfen
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Die EU-Kommis­sion hatte den Mitglieds­ländern am Vortag empfohlen, "risi­kobe­haftete" Anbieter aus Kern­berei­chen der Netze fern­zuhalten. Zugleich könnten einzelne Länder auch weiter­gehende Maßnahmen ergreifen, "wenn sie die Notwen­digkeit dazu fest­stellen".

Der Huawei-Konzern soll nach diesen Empfeh­lungen beim Aufbau euro­päischer 5G-Netze mitma­chen dürfen - wenn auch mit Einschrän­kungen. Die EU-Kommis­sion betonte, die Entschei­dung, ob ein Liefe­rant als riskant einge­schätzt werde, ausschließ­lich auf Basis von Sicher­heits­abwä­gungen getroffen werden könne.

Rich­tiges Signal aus Brüssel

Für Plöger ist das ein rich­tiges Signal aus Brüssel: "Die Sicher­heit von Daten und Netzen hat oberste Prio­rität." Ein Ausschluss von Herstel­lern einzelner Kompo­nenten aus dem Kern­netz könne nur auf Basis trans­parenter Sicher­heits­erwä­gungen erfolgen. "Alle Hersteller von 5G-Netz­kompo­nenten müssen die glei­chen sehr hohen tech­nischen, poli­tischen und recht­lichen Krite­rien erfüllen. Kein 5G-Hersteller darf von vorn­herein ausge­schlossen werden", betonte sie.

Die Wirt­schafts­zeitung Handels­blatt hatte berichtet, der Bundes­regie­rung lägen Beweise vor, die eine Zusam­menar­beit des Konzerns mit den chine­sischen Sicher­heits­behörden belegen würden. Das Auswär­tige Amt erklärte dazu auf Nach­frage, als "vertrau­lich" einge­stufte Doku­mente würden grund­sätz­lich nicht kommen­tiert.

Oppo­sition will Aufklä­rung

FDP-Frak­tions­vize Michael Theurer forderte Kanz­lerin Angela Merkel auf, "schnells­tens für lücken­lose Aufklä­rung" zu sorgen. Er wolle wissen, wann das Kanz­leramt was über eine mögliche Zusam­menar­beit von Huawei mit Chinas Sicher­heits­behörden erfahren habe.

Insbe­sondere fragt sich die Oppo­sition, warum Merkel noch am 18. Dezember 2019 im Bundestag trotz bekannter mögli­cher Spio­nage-Vorwürfe des Auswär­tigen Amtes gegen Huawei ausdrück­lich einen "prin­zipi­ellen Ausschluss eines Unter­nehmens", also auch von Huawei, beim 5G-Netz­ausbau abge­lehnt habe. Für die FDP dürfe es beim sicher­heits­rele­vanten 5G-Netz­ausbau keine Zusam­menar­beit mit Unter­nehmen geben, die ihrer­seits eng mit auslän­dischen Sicher­heits­diensten zusam­menar­beiten.

Daten­schützer warnt

Der Hamburger Daten­schützer Johannes Caspar warnte, Huawei am Aufbau des deut­schen 5G-Netzes zu betei­ligen. Mit Blick auf die Sicher­heits­anfor­derungen für den Aufbau von 5G-Netzen betonte Caspar in der heutigen Ausgabe des "Handels­blatt" , dass diese nicht von einem Anbieter wie Huawei erfüllt werden könnten, "der mit einem auslän­dischen Geheim­dienst zusam­menar­beitet und einem staat­lichen Einfluss ohne jegliche rechts­staat­liche Bindungen unter­liegt".

Es gehe um den Schutz der digi­talen Grund­rechte von Millionen von Bürgern und um die Wahrung von sensi­belsten Privat- und Geschäfts­geheim­nissen. "Derart funda­mentale Inter­essen dürfen bei der Entschei­dung über die digi­tale Infra­struktur nicht sehenden Auges auf das Spiel gesetzt werden."

Eine Einschät­zung

Während also die Diskus­sion ohne belast­bare neue Fakten und ohne greif­bares Ergebnis weiter geht, droht der 5G-Netz­ausbau stecken zu bleiben, weil Netz­betreiber verun­sichert sind und ihre Bestel­lungen zurück­stellen und alter­native Hersteller die notwen­dige Technik gar nicht oder erst später oder nur zu weitaus höheren Preisen liefern können. Außerdem werden die gene­rell notwen­digen Sicher­heits­prüfungen viel Zeit brau­chen.

Daten­schutz darf nicht alleine an Produkten eines bestimmten Herstel­lers fest­gemacht werden, sondern an klaren für alle Spieler geltenden Regeln.

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