Kurznachrichtendienst

WhatsApp, Telegram & Co.: Ist die SMS noch sinnvoll?

Fast jeder kennt sie, aber immer weniger nutzen sie: die SMS. Hat der Short Message Service mitt­ler­weile ausge­dient? Wir erör­tern die Vor- und Nach­teile.
Von

Nächstes Jahr feiert die SMS ihr 30-jähriges Bestehen – doch hat der Kurz­nach­rich­ten­dienst im Smart­phone-Zeit­alter über­haupt noch eine Daseins­berech­tigung? Der Nach­folger RCS und die große Beliebt­heit von Messen­gern wie WhatsApp, Signal und Tele­gram machen es dem Short Message Service nicht leicht.

Wir wollen mit diesem Bericht den Werde­gang der SMS betrachten und Aspekte Für und Wider des Tele­kom­muni­kati­ons­dienstes aufschlüs­seln. Ein anschlie­ßendes Fazit fasst die gewonnen Erkennt­nisse zusammen und wagt eine Prognose zur Zukunft des Simsens.

Historie der SMS

Braucht man die SMS heutzutage noch? Braucht man die SMS heutzutage noch?
Bild: Andre Reinhardt
Der Anfang des Kurz­nach­rich­ten­dienstes wurde 1984 durch einen Konzept­vor­schlag von Fried­helm Hille­brand (Deut­sche Bundes­post) und Bernard Ghil­lebaert (PTT) in die Wege geleitet. Ein Jahr später folgte die GSM-Stan­dar­disie­rung. Hierbei entschied man sich bewusst für ein Limit auf 160 Zeichen, da Post­karten und Telexe dieses meist nicht über­schritten. Wer mehr als 160 Zeichen nutzen möchte, zahlt eine zweite SMS. Am 3. Dezember 1992 wurde die erste Kurz­nach­richt mit dem Inhalt „Merry Christmas“ über das briti­sche Voda­fone-Netz von einem PC an ein Orbitel TPU 901 Mobil­telefon versandt.

Seit den 90ern hat sich umgangs­sprach­lich das Wort „simsen“ für den SMS-Versand etabliert, welches es als schwa­ches Verb in den Duden schaffte. Ihren Höhe­punkt erreichte der Short Message Service in Deutsch­land 2012. In diesem Jahr wurden 59 Milli­arden SMS verschickt. Anschlie­ßend ging es für den Dienst steil bergab, wofür unter anderem die stei­gende Verbrei­tung von Smart­phones und Messenger-Diensten sorgte. So machten sich 2019 nur noch 7,9 Milli­arden SMS auf den Weg. Anfang der 2000er schlug eine Kurz­nach­richt mit bis zu 55 Pfennig zu Buche. Aktuell kostet eine SMS häufig 19 Cent.

Tech­nischer Hinter­grund

Links SMS-Ordner, rechts SMS-Einstellungen Links SMS-Ordner, rechts SMS-Einstellungen
Bild: Andre Reinhardt
Eine SMS kommt mit einer im Vergleich zu RCS und Messen­gern kleinen Infra­struktur aus. Haupt­bestand­teil ist die Kurz­mit­tei­lungs­zen­trale. Mit GSM 02.03 wurden die drei Basis-Funk­tionen des Dienstes spezi­fiziert. Diese setzten sich aus SMS-MT und SMS-MO für das Empfangen respek­tive Senden ein oder von einem Mobil­gerät sowie den Versand an mehrere Teil­nehmer (SM Cell Broad­cast) zusammen. Für die Netz­betreiber entpuppte sich die SMS als eine sehr güns­tige Kommu­nika­tions­methode. Sie benö­tigt nur 1/1000 der Daten­menge einer Gesprächs­minute (circa 200 Byte). Einer Schät­zung zufolge kostet eine SMS den Provi­dern nur 0,0048 Cent.

Beson­ders Nokia bemühte sich um die Etablie­rung der Über­tra­gungsart auf dem Endkun­den­markt. So waren bereits alle 1993 veröf­fent­lichten Nokia-Handys fähig, SMS zu versenden. Zu den über­mit­telten Hinter­grund­infor­mationen der Kurz­nach­richt zählen die Rufnummer (falls nicht unter­drückt) und der Versand­zeit­punkt. Nach dem 2G-Netz wurden auch die Nach­folge-Funk­stan­dards 3G, 4G und 5G SMS-kompa­tibel. Erwei­terungen der SMS stellen EMS, mit stark einge­schränkter Multi­media-Funk­tio­nalität und schließ­lich MMS dar.

Pro, Kontra und Fazit

Argu­mente für die SMS

Trotz neuer Kommu­nika­tions­methoden wie RCS, Messenger und soziale Netz­werke kann man der SMS nicht so einfach ihre Daseins­berech­tigung abspre­chen. Jedes noch so güns­tige Handy unter­stützt den Dienst und die einfache Hand­habung ist für tech­nisch weniger versierte Menschen ein Vorteil.

Des Weiteren ist weder eine App noch eine Inter­net­ver­bin­dung für den Kurz­nach­rich­ten­dienst erfor­der­lich. SMS verbrau­chen wenig Daten beim Versand und sind deshalb blitz­schnell beim Empfänger. Das macht sich insbe­son­dere in Regionen mit schlechtem Empfang positiv bemerkbar. Auf das Daten­volumen müssen Sie eben­falls nicht achten. Verfassen einer SMS Verfassen einer SMS
Bild: Andre Reinhardt
In puncto Sicher­heit gewährt der Service etwa im Vergleich zu WhatsApp Vorteile bei der Anony­mität, da die Rufnummer nicht zwin­gend ange­geben werden muss. Außerdem werden SMS-Dienste selten für Hacker­angriffe miss­braucht. Anwen­dungs­sze­narien für die SMS außer­halb der privaten und geschäft­lichen Konver­sation stellen die Mailbox-Benach­rich­tigungen, die 2-Faktor-Authen­tifi­zie­rung für diverse Inter­net­dienste, Infor­mati­ons­dienste (etwa über das Prepaid-Guthaben) und Premium-Services, beispiels­weise die Teil­nahme an Gewinn­spielen, dar.

Argu­mente gegen die SMS

Wer sich gerne umfas­send ausdrückt, wird bei den 160 Zeichen der SMS schnell an seine Grenzen stoßen. Ein Groß­teil der Mittei­lungen wird unter anderem deshalb über RCS, Messenger oder soziale Netz­werke abge­wickelt. Zusam­men­hän­gende Unter­hal­tungen (Chats) sind mit dem Kurz­nach­rich­ten­dienst im Vergleich zu einem Chat­raum umständ­licher zu bewerk­stel­ligen.

Außerdem können sich User bei der SMS nur mit Worten verstän­digen. Emojis, die in der digi­talen Welt Empfin­dungen ausdrü­cken, sind nur als Zeichen­satz möglich. Möchte man diese als Grafik einbinden oder Multi­media­dateien anhängen, wird aus der SMS eine MMS. Letz­tere ist deut­lich teurer (im Regel­fall 39 Cent pro Einheit). Beliebte SMS-Alternative: WhatsApp Beliebte SMS-Alternative: WhatsApp
Screenshot: WhatsApp
Es gibt auch Tarife, die zwar Flat­rates für Tele­fonate, aber keine für SMS beinhalten. Beim Daten­volumen für Messenger und Co. nutzen User nach dem Aufbrau­chen des High-Speed-Kontin­gents bei vielen Tarifen ohne Zusatz­kosten die Dienste mit gedros­selter Geschwin­dig­keit.

Für Betrüger ist die SMS ein beliebtes Ziel. Phis­hing-Versuche finden oftmals häufiger über Kurz­mit­tei­lungen anstatt Messenger statt. Zu guter Letzt seien die fehlenden Komfort­funk­tionen der SMS, etwa Video­chats und GPS-Stand­ort­frei­gabe genannt.

Fazit zur SMS

Auf der Haben­seite steht die schnelle, unpro­ble­mati­sche Erreich­bar­keit, die häufig sogar in den abge­legensten Winkeln gegeben ist. Zudem hat sich das schnör­kel­lose Bedien­kon­zept (Nummer oder Kontakt eingeben, Nach­richt eintippen, absenden) bewährt. Schon allein aus diesen Gründen dürfte die SMS uns noch einige Zeit begleiten.

Wer häufiger und umfas­sender kommu­niziert, ist in der Regel mit moder­neren Lösungen wie WhatsApp, Signal und Tele­gram besser beraten.

Mehr zum Thema SMS