Telekom will Mehrheit an T-Mobile US übernehmen
Die Deutsche Telekom plant offenbar, ihre Beteiligung an der US-Tochter T-Mobile USA auf 51 Prozent oder mehr zu erhöhen. Das berichten der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg und die gut vernetzte Wirtschaftszeitung Handelsblatt, die sich auf "Kreise des Unternehmens" beziehen.
Morgen soll Telekom Vorstandschef Timotheus Höttges auf dem "Kapitalmarkttag" die Details erläutern.
130 Milliarden Forderungen
Telekom-Chef Höttges möchte die Mehrheit an T-Mobile US übernehmen. Er wird am Donnerstag Details seiner Finanzplanung vorstellen
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Einfach wird diese Mehrheit nicht, denn die Telekom hat trotz aller Traumzahlen etwa 130 Milliarden Euro Verbindlichkeiten in der Bilanz.
Die Erweiterung der Anteile in den USA wird zunächst Geld kosten und findet im Aufsichtsrat wohl noch nicht durchgehend Zustimmung. Speziell die Vertreter der Arbeitnehmer und der Bundesregierung (die über die KfW-Bank rund 33 Prozent der Aktien hält) befürchten, so das Handelsblatt, das Geschäft in den USA könne "zu dominant" und der Heimatmarkt in Europa vernachlässigt werden.
Angst um Arbeitsplätze und Glasfaserausbau in Deutschland
Die Gewerkschaft Verdi sorgt sich um Arbeitsplätze und die Bundesregierung besteht darauf, dass endlich das ganze Land mit schneller Glasfaser ausgebaut wird.
Bei einer Aufsichtsratssitzung Anfang 2020, die im Hauptquartier von T-Mobile USA im schönen Ort Bellevue (bei Seattle, USA) stattfand, soll es zu heftigen Diskussionen zwischen den Beteiligten gekommen sein, berichtet das Handelsblatt und weiß, dass das Diskussions-Klima anschließend dahin gewesen sei.
T-Mobile plant Aktienrückkauf
T-Mobile USA plant einen "Aktienrückkauf". Dafür sollen bis zu 60 Milliarden Dollar ausgegeben werden. Dadurch soll der Anteil der Deutschen Telekom an der US-Tochter von aktuell etwa 43 auf etwa 51 Prozent steigen.
Daneben hat Höttges noch einen Plan B: Mit dem Sprint-Aktionär Softbank hatte er zwei Dinge vereinbart: Der Telekom wurden die Stimmrechte des Mitgesellschafters an T-Mobile USA bis 2024 zugerechnet, dadurch hat sie aktuell die Mehrheit.
Softbank hat der deutschen Telekom noch ein Vorkaufsrecht für Aktien des US-Unternehmens zu günstigen Konditionen eingeräumt. Die Telekom bekommt bis 2024 die Aktie zum Stückpreis von 101,50 US-Dollar, an der Börse müsste sie dafür aber etwa 140 US-Dollar zahlen.
USA-Gewinne zahlen Deutschland Ausbau?
Es wäre "sträflich" so ein Insider, wenn man da nicht zugreifen würde, denn es gibt auch hohe Dividenden. Mit dem Geld aus den USA soll in Deutschland der Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Wohnungen finanziert werden, erklärte Höttges der „Welt am Sonntag“.
Bundesregierung und Arbeitnehmern hat dieses Modell gefallen, über Stellenabbau wurde nicht gesprochen. Börsen-Analysten würden aber gerne sehen, dass die Telekom ihre Schulden abbaut, was beispielsweise durch Stellenstreichungen möglich wäre. Ein großer Teil der 130 Milliarden Schulden kommt von der US-Tochter.
Viel Geld benötigt
Die Telekom braucht viel Geld: Einmal um die versprochenen Investitionen in die Netze zu bezahlen, alleine 6 Milliarden Euro in diesem Jahr in Europa. Zum anderen kostet der Kauf der T-Mobile-US Aktien auch Geld. Dafür werden - so Experten - weitere 10 Milliarden gebraucht.
Die Pläne sind kostspielig, bieten aber Chancen. Nicht nur die Netze sollen modernisiert werden, sondern auch die hauseigenen IT-Systeme der Telekom. Das sei - so Eingeweihte - immer noch ein "Flickenteppich". Einige Systeme sollen älter als 20 Jahre sein. Zwar ist die Telekom schon länger um Modernisierung bemüht, aber angefragte Software- und Beratungsunternehmen schreckten vor der gigantischen Aufgabe zurück, die teils sehr antiken, aber laufenden Systeme durch etwas ganz Neues und Unerprobtes zu ersetzen. Neue Systeme könnten den Wegfall von Arbeitsplätzen bedeuten, fürchtet man im Betriebsrat.
Eine andere Strategie könne sein, mit den vorhandenen Kosten durch neue moderne Systeme mehr als bisher zu erreichen. Das würde dann auch bedeuten, dass die Arbeitsplätze relativ sicher blieben, die Arbeitnehmer aber dadurch unterm Strich mehr leisten könnten.
Investoren erwarten konkrete Aussagen, Details am Donnerstag
Da die Schuldenlast langfristig reduziert werden soll und muss, könnte der Verkauf von Telekom/T-Mobile in den Niederlanden wieder auf die Tagesordnung kommen, was etwa 4 Milliarden Euro bringen könnte. Auch die Funktürme der DFMG stehen immer wieder zur Disposition, die Mehrheit aber will die Telekom behalten.
Details wird Höttges morgen beim Kapitalmarkt-Tag bekannt geben. „Ich erhoffe mir konkrete Zahlen zu den Synergien in den USA und deren Auswirkungen auf den Cashflow“, zitiert das Handelsblatt Wolfgang Donie, Analyst bei der NordLB, der für die Telekom-Aktie ein Kursziel von 19 Euro ausgibt und das Papier zum Kaufen empfiehlt. Aktuell kostet die Aktie etwa 16,85 Euro (Börse Frankfurt um 11:08 Uhr)
Viele Fragen
Es bleiben wohl noch Fragen offen: Wie stark wird T-Mobile USA in die Telekom integriert werden? Wie "unabhängig" wird das amerikanische Unternehmen bleiben? Beispielsweise könnte ein gemeinsamer Technik-Einkauf spannende Synergie-Effekte freisetzen.
Vorschläge von teltarif.de, deutschen Telekom-Kunden bei längeren Reisen oder Aufenthalten in den USA auch einen günstigeren T-Mobile-US Laufzeit-Vertrag zu ermöglichen, in dem auf die deutschen Kundendaten und die Kredithistorie zurückgegriffen werden könnte, fanden bei den Managern jedoch keine Begeisterung. Ein T-Mobile-US-Sprecher zeigte sich vor einiger Zeit verwundert, so direkte Kontakte gäbe es zur Muttergesellschaft dann doch nicht.
Update: Aufsichtsrat befürwortet die Pläne einstimmig
Soeben erreichte uns ein Dementi des Telekom-Aufsichtsrates. Der hat sich "in seiner Sitzung heute mit der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens und der Mittelfristplanung bis zum Jahr 2024 beschäftigt". Der Vorstand präsentierte die Planungen, die das Unternehmen im Rahmen eines Kapitalmarkttags morgen bzw. übermorgen der Öffentlichkeit vorstellen wird. Schwerpunkte sind der Breitbandausbau in Deutschland, die US-Strategie und die Finanzplanung für die kommenden drei Jahre.
Ulrich Lehner, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom: „Der Aufsichtsrat unterstützt die Pläne des Vorstandes uneingeschränkt. Sie sind Garant für die Fortführung des erfolgreichen Kurses der letzten Jahre."
Frank Sauerland, Arbeitnehmervertreter und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender: „Das Strategie-Update .. setzt an den richtigen Stellen an und zeigt eine klare Perspektive für die Zukunft."
Rolf Bösinger, Vertreter des Bundes: „Wir sehen darin ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland. Sie sichert die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und leistet einen großen Beitrag zum Ausbau der Breitbandnetze in Deutschland.“
Der Aufsichtsrat dementierte damit die Aussage des Handelsblatts, bei Vertretern von Arbeitnehmern und der Bundesregierung gebe „es starke Vorbehalte“ gegen die Pläne.Ende des Updates
Wir werden vom Kapitalmarkt-Tag morgen berichten.
Voraussichtlich zum Jahresende will die Telekom WLAN-to-Go auch für Bestandskunden einstellen. Mehr dazu lesen Sie in einer weiteren News.