Blackberry macht Mobilfunk-Patente zu Geld
Der Smartphone-Pionier Blackberry macht Kasse - mit seinen alten Patenten. Sie werden für 600 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 533 Millionen Euro) von einer speziell dafür gegründeten neuen Firma mit dem schönen Namen "Catapult IP" übernommen. Das Geschäftsmodell solcher Unternehmen ist oft, alte Patente aufzukaufen und damit Gerätehersteller oder Online-Firmen in Lizenzierungs-Deals zu zwingen.
Alte Technik neu verwertet
Der BlackBerry Q10 ist auch nach der Serverabschaltung noch (eingeschränkt) nutzbar.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Bei den aktuell verkauften Patenten geht es um Technologien für Mobilgeräte, Chatdienste und Funk-Netzwerke, wie Blackberry dieser Tage mitteilte.
Blackberry hatte bereits in den vergangenen Jahren unter anderem seine Messaging-Patente für Klagen gegen Facebook und den Snapchat-Betreiber Snap verwendet. Der Streit mit Facebook wurde mit einer Einigung beigelegt, Snap gewann hingegen vor einem Berufungsgericht gegen Blackberry.
Vorreiter des Smartphones
Blackberry war einst ein Vorreiter im Smartphone-Markt mit der Idee, kleine vollständige Tastaturen unter den Bildschirm zu packen. Doch dann etablierten Apples iPhone und Android-Telefone den Touchscreen und erklärten echte Tastaturen für obsolet. Wahre Fans ließen sich davon nicht abbringen und verwendeten ihre Geräte parallel weiter.
Die kanadische Firma Blackberry verschlief den Markt und verlor den Anschluss. Sie gaben die Entwicklung eigener Smartphones und Betriebssysteme auf und konzentrieren sich seitdem auf Software für Unternehmen und Autos. Weil der Druck der Fans noch stark genug war, lizenzierte Blackberry über verschiedene Hersteller weitere Geräte unter der Kultmarke. Die waren aber weder Fisch noch Fleisch.
Blackberry zieht den Stecker
Schließlich, Anfang Januar 2022 schlug auch die letzte Stunde für die alten Blackberrys mit den hauseigenen Betriebssystemen. Die zum Betrieb notwendigen Server wurden abgeschaltet.
Patent-Deal schon länger im Gespräch
Der Verkauf der Patente aus der legendären Ära sei laut Medienberichten seit 2020 im Gespräch gewesen. Beim Deal mit der "Catapult IP" soll noch eine Prüfung durch kanadische Behörden anstehen. Patente, die auch für die heutigen Geschäftsbereiche relevant sind, behält Blackberry weiter bei sich. Das Unternehmen Catapult IP werde von einem amerikanischen Erfinder und Unternehmer angeführt, der Patente für Lizenzgeschäfte zusammenkaufe, berichtete die kanadische Zeitung „Globe and Mail“.
Die Finanzierung des Deals legt nahe, dass die Patente zügig Geld abwerfen sollen: 450 Millionen Dollar für den Kauf kommen aus einem Kredit. Solche Firmen, die dann schnell vermeintliche oder tatsächliche Schutzrechte geltend machen, die sie selbst gar nicht nutzen, werden in der Branche oft als "Patent-Trolle" kritisiert.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Als bekennender langjähriger Blackberry-Fan macht mich diese Meldung wütend. Mutwillig hat Blackberry jahrelang einen existierenden Fan-Markt komplett und vorsätzlich verschlafen. Blackberry baute geniale Smartphones mit zauberhaften Funktionen, hat aber - zumindest in Deutschland - möglichst niemand davon erzählt. Geschäftsleute kannten die Produkte und nutzten sie auch. Doch der zumindest noch interessantere Privatkundenmarkt war den Managern wohl viel zu langweilig.
Vor wenigen Wochen hat Blackberry seine zum Betrieb der Geräte notwendigen Server abgeschaltet und machte Tausende von ihren Besitzern gern genutzten Geräten über Nacht zu kaum noch verwendbarem Elektroschrott.
Immerhin können Nutzer von OS-10-Geräten diese noch (eingeschränkt) nutzen, nur Updates gibts natürlich keine mehr, auch nicht für die später folgenden Android-Lizenz-Modelle, die unter anderem von TCL gebaut wurden.
Gerne würden Fans eine Firma gründen, welche die notwendigen Server gegen einen schmalen Obulus für Interessierte weiter betreiben könnten. Wenn diese Firma auch das KnowHow und das Recht zum Ausspielen von Sicherheits-Updates bekäme, wären sicher viele glücklich.
Eine kaum bekannte Firma namens Unihertz baute kürzlich zwei Blackberry-Nachfolger. Es gab sie nur über Crowdfunding im Netz zu kaufen, sie sind (für Europa) längst komplett ausverkauft. Eine weitere bis dahin völlig unbekannte Firma namens Onward Mobility [Link entfernt] kündigt seit zwei oder drei Jahren einen "5G-Blackberry" an, traut sich aber bis heute nicht, konkrete Hinweise auf die verwendete Hardware oder weitere technische Spezifikationen oder gar mögliche Preise zu verraten. Möglicherweise kommt das Gerät nie auf den Markt?
Fehlt nur noch, dass Besitzer von noch verbliebenen Blackberry-Geräten künftig Lizenzgebühren an Catapult zahlen müssen, wenn sie ihre Geräte weiter nur einschalten oder gar benutzen möchten.
Einer der Smartphone-Weltmarktführer, das Unternehmen Apple lässt interessierte Beta-Tester bereits die iOS-Version 15.4 ausprobieren.