Umfangreicher Rückblick

Die Geschichte von E-Plus Teil 2: Von Thorsten Dirks bis zur Fusion

Im ersten Teil unseres großen Rückblicks auf die zwanzigjährige Geschichte von E-Plus ging es um die allerersten Anfänge und frühe Markt-Revolutionen des Netzbetreibers. Im zweiten Teil beleuchten wir die Entwicklung von E-Plus seit der Amtsübernahme von Thorsten Dirks.
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Nach der Übernahme von E-Plus durch o2 lohnt es sich, auf die gut 20-jährige Geschichte von E-Plus zurückzuschauen, die durch Höhen und Tiefen, innovative Ideen und Flopps gekennzeichnet war.

Im ersten Teil unseres großen Rückblicks haben wir uns mit den Anfängen des Unternehmens, den ersten revolutionären Tarif-Ideen und dem Aufbau des Netzes beschäftigt. Im nun folgenden zweiten Teil beleuchten wir die prägende Ära unter Thorsten Dirks bis zu den Verhandlungen mit Telefónica.

Krammer geht - Dirks übernimmt.

Die Geschichte von E-Plus Die Geschichte von E-Plus Teil 2
Bild: E-Plus, teltarif.de
Michael Krammer blieb als Chef nur kurz in Düsseldorf und kehrte aus privaten Gründen nach Österreich zurück, wo er Chef des Mobilfunkanbieters "Orange Austria" wurde, der später an "Drei" (Hutchison, Hong Kong) verkauft wurden.

Stan Miller und Krammers bisheriger Stellvertreter, Thorsten Dirks, übernahmen gemeinsam das operative Geschäft in Düsseldorf "bis ein Nachfolger gefunden ist". Dirks, der 1996 zu E-Plus gestoßen war und dem Insider schon damals nachsagten, dass er "bei E-Plus jede Basisstation kennt und das Netz bei Bedarf selbst reparieren kann", wurde 2007 Chef von E-Plus. Nicht nur das: Ab 2011 verantwortete er als Vorstandsmitglied das gesamte internationale Mobilfunkgeschäft der Konzern-Mutter KPN.

Wachstum durch Marken-Vielfalt

Einem ausgesuchten Kreis von Journalisten stellte Dirks 2005 das Mehrmarkenkonzept von E-Plus vor. Vielen Teilnehmern dieser Runde war zunächst gar nicht richtig klar, was Dirks und sein Team da genau planten. Dabei wurde ein altbewährtes römisches Politik-Prinzip umgesetzt: "Divide et impera". Der Markt wird mit zig Marken versorgt, wobei jede Marke eine bestimmte Zielgruppe bedienen soll: Jedes Kaufhaus, jede Autoservice-Kette oder Tageszeitung hatte auf einmal die Möglichkeit, sich eine "eigene Mobilfunkmarke" zu kreieren.

Dabei wurde durchaus in Kauf genommen, dass Kunden mehrere Karten verschiedener Marken kauften und zeitgleich benutzten, die alle im gleichen E-Plus-Netz funktionieren. Marktforscher hatten ermittelt, dass zusätzliche Karten den persönlichen Spieltrieb fördern und damit zusätzliche Umsätze erzeugen, die man eigentlich so gar nicht erwartet hätte.

Die Erfindung der Ethno-Discounter

Dirks entdeckte ethnische Zielgruppen: Ay Yildiz wurde der erste Mobilfunkprovider für türkische Mitbürger: Eine sehr große, sehr homogene "Community", die sehr markentreu ist, wenn sie gut bedient und fair behandelt wird. Dieser Erfolg von E-Plus fand Nachahmer. o2 stampfte mit "Türk Telekom Mobile" einen eigenen Ethno-Provider aus dem Boden, die Deutsche Telekom verbündete sich mit der türkischen Turkcell.

Recht spät entdeckte Vodafone die Möglichkeiten des Discount-Geschäfts und unterstützte Marken wie Smobil von Schlecker (heute Rossmann Mobile) oder "Fyve" und reanimierte die Marke "otelo" als Discount-Angebot. Versuche der Mitbewerber von E-Plus, für die russische oder anderssprachige Communities eigene Angebote zu schaffen, fanden hingegen kaum ausreichend Kundschaft und verschwanden wieder.

Unter Dirks wurde die ursprüngliche Stammmarke "E-Plus" in den Hintergrund gedrängt, nach außen wird die 2005 vorgestellte Marke Base vertreten, die ursprünglich aus Belgien kommt und von KPN gekauft worden war.

Zwischendurch stand Base Belgien zum Verkauf, bei E-Plus scheint man daher "sicherheitshalber" die Marke "Blau" in die eigenen Shops geholt zu haben, um auf einen denkbaren Wegfall von Base vorbereitet zu sein. Dazu kam es bislang nicht.

Das Smart-Follower-Konzept

Während alle Handyhersteller und Netzausrüster auf schnelles mobiles Internet setzten, hörte E-Plus auf die Kunden, die einfach und günstig telefonieren wollten und der modernen Technik eher skeptisch gegenüberstanden. Für E-Plus war es auch eine Kostenfrage, denn brandneue Technik ist bekanntlich zunächst immer etwas teurer. Also entwickelte man die "Smart-Follower"-Strategie und brachte Innovationen erst dann, wenn sie schon bewährt, erprobt und bezahlbar geworden waren. Somit erfolgte der UMTS-Ausbau relativ spät, das UHS-Konzept (wenige hohe Sendetürme mit UMTS mit großer "Reichweite") sorgte für Aufmerksamkeit - für echte Netzlast war es weniger geeignet. Die Zielgruppe war damit dennoch einverstanden, die Kundenzahlen bei E-Plus und seinen zig Marken kletterten regelmäßig nach oben.

E-Plus sah sich immer als Challenger [Link entfernt] , der mit kreativen Ideen den schmalen Geldbeutel schont und dennoch für Aufmerksamkeit sorgt.

Schon früh hatte die EU-Kommission die Forderung nach dem Wegfall der eingehenden Roaming-Gebühren im Ausland gestellt, wofür sie vom Dachverband GSMA und den großen Netzbetreibern viel Kritik einstecken musste. E-Plus schickte seine Marken an die Front: Blau, zunächst von drei Freunden gegründet, später an KPN verkauft und danach an die E-Plus-Gruppe übergegangen, senkte als erster Anbieter die Preise für ankommende Gespräche im Ausland auf Null. Abgehende Gespräche im Ausland für 9 Cent waren von Anfang an sensationell günstig. simyo und andere "Haus"-Marken folgten bald danach.

Früh öffnete E-Plus sein Netz für virtuelle Netzbetreiber, die nur eigene Vermittlungsrechner betreiben, ansonsten aber das Funknetz von E-Plus nutzen. Beispiele sind die nicht mehr existierende Telogic (vormals vistream) oder simquadrat, dem einzigen Mobilfunkanbieter, der abgehend eine Festnetz-Rufnummer anzeigen kann. Mit Schwierigkeiten hat der "virtuelle Netzdienstleister" GTCom zu kämpfen, der mit seinen Marken und mit einem eigenen Switch namens "SIMphony" im E-Plus-Netz unterwegs ist und den Datenverkehr über ein APN-Gateway in Spanien ermöglicht.

Auf der letzten Seite unseres großen Rückblicks widmen wir uns den aufkeimenden Fusions-Gerüchten mit o2, die zeitweilig als "running gag" verstanden wurden sowie letzten innovativen Ideen wie der LTE-Nutzung ohne Aufpreis.

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