Umfangreicher Rückblick

Die Geschichte von E-Plus Teil 2: Von Thorsten Dirks bis zur Fusion

Im ersten Teil unseres großen Rückblicks auf die zwanzigjährige Geschichte von E-Plus ging es um die allerersten Anfänge und frühe Markt-Revolutionen des Netzbetreibers. Im zweiten Teil beleuchten wir die Entwicklung von E-Plus seit der Amtsübernahme von Thorsten Dirks.
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Schon beim Netzstart von VIAG Interkom im Jahre 1998, dem Vorläufer von o2, wurde die Frage gestellt, ob sich vier Netzbetreiber in Deutschland auf Dauer rechnen. Der Gründungschef von VIAG Interkom, Maximilian von Ardelt hatte schon 2000 beim Ende der teuren UMTS-Auktion deutlich bemängelt, dass die Lizenz-Preise viel zu hoch seien und noch Folgen für die Branche haben würden. Er behielt am Ende Recht.

Thorsten Dirks Thorsten Dirks
Bild: dpa
Legenden erzählen, dass bereits zu Zeiten von Uwe Bergheim (bei E-Plus) und Rudi Gröger bei VIAG/o2 eine Fusion verabredet worden sei, die schlussendlich an Fragen zur Firmenorganisation und Postenverteilung gescheitert sei.

Da Fusions-Gerüchte immer wieder neu aufflackerten, empfanden Szenekenner sie auf die Dauer als "running gag", weil schwer vorstellbar schien, dass die Kartellbehörden einer solch schwerwiegenden Fusion wirklich zustimmen würden.

Nachdem sich die Gerüchte auf einmal immer mehr verdichteten, wurde noch angenommen, dass die EU bzw. das deutsche Kartellamt ähnliche Auflagen wie in Österreich erlassen könnte, wo Orange Austria seine Discount-Tochter "Yess" an den Marktführer Mobilkom A1 verkaufen musste. Auf Deutschland bezogen wäre somit Aldi Talk an die Telekom gegangen. Dazu kam es bekanntlich nicht. Stattdessen machte die EU-Kommission einen neuen virtuellen Anbieter zur Auflage, die Wahl fiel auf die Drillisch AG, bisher nur als Mobilfunkservice-Provider in den Netzen von Vodafone, E-Plus und o2 unterwegs. Von der Deutschen Telekom hatte sich Drillisch nach einem kurzen aber heftigen internen Streit getrennt.

Aufholjagd: Mobile Datenübertragung und LTE ohne Aufpreis

Datenübertragungen wurden im Mobilfunk zunehmend wichtiger. E-Plus wusste längst, dass massive Investitionen in das eigene Netz und die Backbone-Verbindungen notwendig waren. Da KPN das Geld nicht bereitstellen wollte, verfiel E-Plus auf die Idee, seine eigenen Sendetürme und Standorte zu verkaufen und sogleich wieder zurück zu mieten. Das dadurch eingenommene Geld wurde sofort in den Netzausbau ("Gigabit Richtfunk" und "All-IP-Plattform") gesteckt.

Der chinesische Netzausrüster ZTE wollte unbedingt den europäischen Markt erobern und bot E-Plus an, UMTS und LTE zu günstigen Konditionen testen zu können. Wenige Wochen vor der finalen Unterschrift unter die Fusion wurde daraus ein Fünfjahresvertrag: Die ZTE baut und betreibt inzwischen das E-Plus-Netz (unter der rechtlichen und technischen Aufsicht von E-Plus). Gerade bei LTE hat E-Plus mit Hilfe von ZTE in den letzten Monaten einen von Fachleuten anerkennend gelobten Ausbaustand erreicht, als ob die Fusion niemals stattfinden würde oder wie es ein Kenner scherzhaft formulierte: "Nicht o2 kauft E-Plus, sondern umgekehrt: E-Plus kauft o2." Spannend bleibt beispielsweise, ob LTE im E-Plus-Netz nach vielen Monaten auch im Jahr 2015 für die Kunden im Rahmen der Aktion "Highspeed für Jedermann" weiterhin ohne Aufpreis nutzbar bleibt.

Der letzte eigenständige Chef bei Telefónica o2 in München, René Schuster, hatte bei Hewlett Packard und Vodafone Europe gearbeitet, bevor er zu Telefónica o2 stieß, doch seine Zahlen konnten am Ende die spanische Mutter nicht überzeugen. Somit verließ Schuster zum Jahreswechsel 2013/2014 das Münchner Unternehmen. Neuer Chef der frisch fusionierten Telefónica Germany wurde Thorsten Dirks, dessen kreative Ideen bei E-Plus auch die zahlenverliebten Spanier überzeugt hatten.

Gute Qualität versus günstige Preise

Seit seinem Start verblüffte E-Plus die Branche immer wieder, sorgte je nach eigenem Standpunkt für Lust und Frust im Markt und galt bislang als Garant für ständig sinkende Preise.

Die Kehrseite der Medaille: Auf der Unternehmensseite wurden permanent drastische Kosteneinsparungen - insbesondere beim Personal - notwendig. Verwöhnte Kunden, die Wert auf persönliche individuelle Betreuung legen, blieben zeitweise auf der Stecke. Zumal das alte Schema "hohe Preise = guter Service" oft nicht mehr stimmt. Teilweise liefern "einfache" Discounter attraktive Angebote, die sogar funktionieren können, solange der Kunde keinerlei Sonderwünsche oder Fragen hat. Dieser Eindruck verstärkt die Preis-Abwärts-Spirale weiter. Geht aber bei diesen messerscharf kalkulierten Angeboten etwas schief, wird es schnell kompliziert - einschlägige Foren im Internet sind voll davon.

Wäre die Fusion vermeidbar gewesen?

Da die Kosten für den Netzausbau und die Ansprüche der Kunden immer weiter steigen, war die Fusion von E-Plus und o2 auf die Dauer unabwendbar. Es steht stark zu vermuten, dass nach der vollendeten Fusion die ständige Preisbewegung nach unten mit der Zeit zum Stehen kommen dürfte. Ob es danach zu spürbaren Preissteigerungen - wie beispielsweise in Österreich - kommen wird, gilt noch nicht als ausgemacht, auszuschließen ist es nicht.

Wie geht es mit E-Plus weiter?

Nach der vollzogenen Fusion dürfte die Marke E-Plus allmählich ganz vom Markt verschwinden, die Haupt-Marke Base hingegen noch eine ganze Weile erhalten bleiben, sofern der Anteilseigner KPN nicht doch noch seine Pläne, das belgische Unternehmen Base zu verkaufen, realisieren sollte.

Die komplette technische Integration der Mobilfunknetze von bisher o2 und der bisherigen E-Plus wird noch eine Zeit brauchen (Kenner schätzen dies auf zwei bis fünf Jahre). Da das künftiges Marktschlusslicht Vodafone und der bisherige Marktführer und heutige Marktzweite Deutsche Telekom sich mit ihren neuen Positionen zunächst kaum zufrieden geben werden, ist mit spannenden Entwicklungen zu rechnen.

Auch die Frage, welche Rolle Drillisch als neuer virtuelle Anbieter im Markt spielen wird, ist noch lange nicht beantwortet. Immerhin übernimmt Drillisch ab 2015 erste Mobilfunk-Shops sowie gegebenenfalls Netzkapazitäten von o2/E-Plus und es gibt eine Absichtserklärung, dass Drillisch darüber hinaus die E-Plus-Marke yourfone kauft.

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