Mehr Wettbewerb auf dem deutschen TV-Markt
Susanne Aigner ist für das Deutschland-Geschäft von Discovery verantwortlich
Foto: Discovery Communications Deutschland
Blickt man in die Geschichte des deutschen Fernsehens, war der Markt lange Zeit übersichtlich. Bis in die 1980er-Jahre hatten die öffentlich-rechtlichen Medien überhaupt keine private TV-Konkurrenz, und es gab demzufolge auch keinen Wettbewerbsdruck, sich mit den Interessen der Zuschauer überhaupt auseinanderzusetzen zu müssen.
Das änderte sich erst, als mit RTL und der KirchGruppe zwei neue Medienunternehmen den Markt aufrollten. Im Kern existiert dieses Oligopol aus öffentlich-rechtlichem Rundfunk und den zwei großen privaten Sendergruppen RTL/ProSiebenSat.1 noch heute. Diese Anbieter kontrollieren den deutschen Free-TV-Markt fast vollständig. Möglicherweise ändert sich das aber in Zukunft.
Discovery wächst in Deutschland
Susanne Aigner ist für das Deutschland-Geschäft von Discovery verantwortlich
Foto: Discovery Communications Deutschland
In den vergangenen Jahren hat der US-Konzern Discovery Networks sein Free-TV-Engagement auf dem deutschen Markt immer weiter ausgebaut. Nach und nach gingen neue Sender an den Start oder man tätigte Zukäufe. Zum Free TV-Portfolio von Discovery gehören heute die Sender DMAX, TLC, Eurosport, Home & Garden TV und ganz aktuell wohl auch Tele 5. Letzteren Sender will Discovery Networks unter Vorbehalt kartellrechtlicher Zustimmung von Leonine übernehmen.
Mit mittlerweile fünf Free-TV-Sendern wäre Discovery nunmehr kein kleiner Mitbewerber mehr, sondern würde sich zunehmend zur ernsten Konkurrenz für die etablierten Konzerne entwickeln. Zumal die Gruppe mit dem Discovery Channel und Animal Planet auch noch im Pay-TV-Geschäft tätig ist. Vor allem der Zukauf von Tele 5 lässt aufhorchen, denn damit steigt Discovery nun erstmals in den Wettbewerb um fiktionale Inhalte ein.
Engagement bei Joyn
Neben zahlreichen linearen Kanälen ist Discovery in Deutschland auch an der Streaming-Plattform Joyn beteiligt. Der Service orientiert sich stark an Hulu in den USA. Als Aggregator-Plattform kombiniert Joyn werbefinanziertes AVoD, SVoD sowie lineares Fernsehen. Das Angebot ist bislang einzigartig, denn Mitbewerber wie Zattoo oder Waipu TV bieten keinen vergleichbaren kostenlosen Zugang zu den privaten Sendern an.
Ebenso gibt es kein ähnliches Angebot an SVoD-Inhalten. Joyn hat also durchaus Potenzial auf dem deutschen Markt und Discovery somit Standbeine in allen linearen und non-linearen Verbreitungswegen. Obwohl die Wachstumsstrategie auf den ersten Blick folgerichtig erscheint, wirkt sie auf Beobachter aus der Medienbranche überraschend. Denn Discovery hat sich international stets auf Dokumentationen und Real-Life-Formate konzentriert.
Prognose: Ist ein dritter großer Player realistisch?
Die spannende Frage ist nun: Kann Discovery RTL und ProSiebenSat.1 gefährlich werden? Nun, davon ist zumindest im Bereich fiktionaler Inhalte vorerst nicht auszugehen. Denn über einen eigenen Katalog an Inhalten verfügt Discovery in diesem Bereich de facto nicht. Die künftigen Inhalte von Tele 5 würde Discovery nach wie vor über Leonine beziehen. Aus den USA dürfte auch kein eigenes Material zu erwarten sein.
Zudem stellt sich die Frage, wie man überhaupt an fiktionale Lizenzware kommen will, denn die großen US-Studios setzen bekanntermaßen mittlerweile primär auf die Verwertung über eigene Streaming-Angebote. Der Rest dürfte schon über bestehende Verträge mit den etablierten Sendergruppen langfristig verteilt sein. Bleibt letztendlich noch die Option, eigene fiktionale Inhalte zu produzieren. Das allerdings ist nicht unbedingt günstig und wäre für Discovery sicherlich mit nicht unerheblichem zusätzlichem Aufwand verbunden. Es bleibt also durchaus spannend, wie sich Discovery auf dem deutschen Markt weiter entwickeln wird.
Ein Interview mit Discovery-Geschäftsführerin Susanne Aigner lesen Sie an dieser Stelle.