Unihertz Tank: Akku-Dauerläufer-Smartphone ausprobiert
Wie lange nutzen sie schon ein mobiles Telefon? Egal, ob erst seit Wochen, Monaten oder vielen Jahren, taucht da schnell ein Problem auf, das je nach Nutzungsverhalten unangenehm bis lästig sein kann. Der Akku, oder im Volksmund die Batterie, ist immer dann leer, wenn das gute Stück gebraucht würde.
Laufzeitlegenden von Nokia
Ältere Semester schwärmen von Nokia, speziell dem Modell 3310. Die gerne erzählte Geschichte, dass bei Ausgrabungsarbeiten einer altägyptischen Pyramide ein Nokia-Handy gefunden worden sei, dass noch drei Balken Akkustand hatte, spricht für sich.
Das Unihertz Tank wird mit Android Version 12 ausgeliefert. Ein Update auf Version 13 dürfte relativ unwahrscheinlich sein.
Foto: teltarif.de
Wie lange hält ein Smartphone durch?
Heutige Smartphones halten - je nach Nutzung mit Fotos, Bildern, Videos, E-Mails und Telefonaten - in der Regel einen knappen Tag durch, manchmal nicht einmal das. Es gibt Smartphones mit größeren Akkus und ausgeklügelten Stromsparfunktionen, die sogar über einen Tag hinaus schaffen.
Wenn wir nun erzählen, dass es ein Smartphone gibt, dass mit einer vollen Ladung 10-12 Tage in Betrieb (also eingeschaltet auf Empfang mit laufenden Apps) durchhält, werden Sie vielleicht auf den Kalender schauen, ob schon der erste April angebrochen ist?
10-12 Tage selbst getestet
Nein, ist er nicht. Um den geneigten Leser nicht zu lange auf die Folter zu spannen: Es gibt so ein Smartphone wirklich. Es kommt vom chinesischen Nischen-Hersteller Unihertz. Unihertz, das sind die mit echten Tastatur-Smartphones, die erfolgreich diese Nische besetzt haben, die ihnen Blackberry mutwillig hinterlassen hat. Sicher, zwischen einem echten Blackberry und einem Unihertz Titan, Titan Pocket oder Titan Slim gibt es noch gewaltige Unterschiede.
Wuchtige Erscheinung: 559 Gramm
Der gewichtigste Streich der Chinesen ist das Modell Unihertz Tank. Im englischen Sprachgebrauch wird damit ein gepanzertes Fahrzeug bezeichnet, und das Modell wirkt auf den ersten Blick bullig, wuchtig und verbreitet einen Hauch von "unkaputtbar".
Beim ersten Herausheben aus dem Karton kommen 559 Gramm auf die Waage. Der Grund ist schnell klar: Der Akku dieses Smartphone hat eine Kapazität laut Hersteller von 22.400 mAh und kann vom Nutzer nicht ohne weiteres getauscht werden (Gerät müsste fachgerecht geöffnet werden). Mit diesem Akku ist klar, warum das Telefon so lange durchhält.
Robust und spritzwasserfest
Die Unterseite wird von einer Gummilippe geschützt, rechts die USB-C Ladebuchse, links die 3,5mm Klinkenbuchse. Die Mitte prüft die Wasserfestigkeit.
Foto: teltarif.de
Wir haben das Gerät nicht, weder absichtlich noch aus Versehen, herunterfallen lassen, denken aber, dass das Gerät schon einiges abkönnen sollte.
Der Hersteller nennt sein Erzeugnis "spritz-, wasser- und staubbeständig" nach den Test-Normen IP68 (IEC 60529) und MIL-STD-810H. Das bedeutet Staub und Spritzwasser (z.B. Regentropfen) sollte das Gerät problemlos wegstecken können. Unihertz empfiehlt, das nass gewordene Handy erst trocken zu wischen, bevor es erneut aufgeladen werden soll.
Camping-Leuchte
Kamera, Taschen- und Campinglampe (gelb).
Foto: teltarif.de
Als Bonbon ist im Gerät eine Camping-Leuchte eingebaut - das "gelbe Dreieck" auf der Rückseite.
Die linke Taste schaltet das Gerät ein und enthält den Fingerabdruck-Sensor. Daneben (mitte/rechts) die Lautstärketasten.
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Es wird über eine eigene (versenkte) Funktionstaste an der linken Seite angesteuert, ein Vorschalt-Menü rät nochmals dringend davon ab, direkt in den Lichtkegel zu schauen, das könnte den Augen schaden. Nun darf das Licht mit voller Wucht oder gedrosselt eingeschaltet werden. Nach dem Ausschalten ist erst einmal Pause, das Gerät erlaubt das Wiedereinschalten erst nach einer längeren Bedenkzeit. Die rote Taste erlaubt das Aktivieren einer heute üblichen Taschenlampenfunktion.
Die rote Taste steuert die Taschenlampe, die versenkte linke silberne Taste die sehr helle Campingleuchte.
Foto: teltarif.de
Bleiben noch Ein-Ausschalter mit Fingerabdrucksensor, Laut/Leise und das wars auch schon.
Die Kamera
Der Hersteller gibt die Triple-Kamera mit 108, 20 und 2 Megapixel an, die Frontkamera soll mit 32 Megapixel auflösen. Bei ausreichendem Licht lassen sich damit gute Bilder schießen. Wunder darf man in dieser Preisklasse aber nicht erwarten.
Mit Android 12
Ansonst bietet das Unihertz Tank ein nahezu original belassenes Android 12 und hat Platz für Nano-SIM-Karten (jedoch keine eSIM eingebaut). Funktechnisch ist bei 4G/LTE Schluss, VoLTE ist möglich, 5G versteht das Gerät jedoch in keinster Weise.
Dual-SIM
Der Schlitten für zwei Nano-SIM-Karten kann mit dem Daumennagel herausgezogen werden.
Foto: teltarif.de
Um die SIM-Karten zu erreichen, einfach auf der Oberseite mit einem Fingernagel die Schublade herausziehen, eine Nadel ist nicht notwendig und liegt auch nicht bei.
66-Watt-Netzteil
Stichwort Zubehör: Dem Gerät liegt ein 66 Watt Stecker-Netzteil bei, ferner ein USB-C- auf USB-C-Kabel. Ist der Akku komplett leer, braucht der mitgelieferte Kraftspender 7 Stunden, um wieder aufzuladen. Übliche Netzladegeräte schaffen es auch, brauchen aber ein Vielfaches der Zeit.
Auf der Unterseite befindet sich die USB-C-Ladebuchse unter einer Gummiabdeckung. Es steht zu befürchten, dass früher oder später diese Gummilippe abbrechen könnte. Das Tank hat ferner eine 3,5-mm-Klinkenbuchse für ein einfaches Headset, das nicht im Lieferumfang ist.
Nutzung im Alltag
Im Alltag ist das Unihertz Tank ein grundsolides Telefon, flott genug für sinnvolle Anwendungen, sei es E-Mails, Webseiten oder Textdateien, Präsentationen oder Tabellen auf dem Handy anzuschauen und im Rahmen der Möglichkeiten Korrekturen anzubringen.
Die 559 Gramm fallen im Alltag irgendwann schon buchstäblich ins Gewicht. Wenn man mit dem Gerät hantiert, besteht leicht die Gefahr, die erhabene rote Taschenlampen-Taste zu erwischen, oder wenn es unglücklich kommt, sogar einen Neustart des Gerätes auszulösen.
Aber nach dem ungewollten erneuten Hochfahren bleibt es bei der PIN-Eingabe stehen und das ist nicht im Sinne des Nutzers. Eine einfache Tasche haben wir für kleines Geld bei eBay erspäht, sie kam direkt aus China nach ca. drei Wochen, hier ist Geduld angebracht.
Mit NFC und Infrarot
Das Unihertz Tank verfügt über eine NFC- und eine Infrarot-Schnittstelle. Infrarot ist heute aus der Mode gekommen. Passende Apps und Geräte vorausgesetzt, könnte man damit z.B. bestimmte Steuerfunktionen auslösen. NFC ist die Voraussetzung für kontaktloses Bezahlen. Via Google Pay kann also mit dem schwergewichtigen Tank auch mobil bezahlt werden, vorausgesetzt, man hat ein Konto bzw. eine Zahlungskarte, die Google Pay unterstützt. Wir haben es mit einer Amex-Payback und einer N26-Mastercard-Debit probiert, es ging einwandfrei.
Wo sind die Schwachstellen?
Ein wesentliches Handicap vieler günstiger Smartphones aus China ist die regelmäßige Versorgung mit Software-Updates. Kurz nach dem Kauf mag es vielleicht nochmal ein Systemupdate mit Sicherheitspatches geben, danach aber folgt meist nichts mehr. Google kann diesem Umstand etwas gegensteuern, indem wichtige Updates über den Appstore ausgeliefert werden, bestimmte systemspezifische Treiber können so aber nicht aktualisiert werden.
Es ist gar nicht mal böse Absicht, sondern hängt damit zusammen, dass sich der "Hersteller" auf einen Chipsatz einlassen muss, dessen Updates nur vom Chipsatz-Entwickler bereitgestellt werden, und Updates sind aufwendig und damit teuer. In diesem Zusammenhang wird immer ein Volumenhersteller genannt - Mediatek. Auch der Chipsatz des Unihertz Tank kommt von Mediatek (MT6789).
Somit ist stark anzunehmen, dass es kein Versionsupdate von Android 12 auf 13 geben wird und Sicherheitspatches dürften - falls überhaupt - nur stark verzögert ausgerollt werden. Schade eigentlich. Beim Rephone Smartphone, das bei Gigaset in Bocholt montiert wird (im ehemaligen BenQ-Siemens-Handywerk), gab es ein hochoffizielles System-Update von Android 11 auf 12. Mediatek kann das offenbar, wenn man lieb drum bittet und das mit entsprechenden Zahlungen unterfüttert.
Ein Fazit: Die Akkulaufzeit ist traumhaft
Der dicke Pluspunkt ist die Ausdauer des Akkus, im Alltagsbetrieb waren 10 Tage, im Cellmapperbetrieb 12 Tage ohne nachladen möglich. Uns wäre kein anderes Smartphone bekannt, das ähnliche Traumwerte schafft.
Das Unihertz Tank ist kein Bolide für höchstprofessionelle Bild- oder Videoaufnahmen oder ein handliches Accessoire zum Einstecken für die Hemdenbrusttasche. Es kann aber ein wertvoller Begleiter sein, wenn nicht immer Zeit zum Nachladen ist, oder wenn das Handy Monitor- oder Steuerungsfunktionen (z.B. im Wohnmobil oder auf Abenteuer-Reisen mit wechselhafter Netzversorgung) übernehmen soll oder wenn in rauer Umgebung E-Mails gelesen, beantwortet oder verschickt werden sollen.
Sender-Jäger, die z.B. zur Cellmapper-Community gehören, können das Gerät vorbereiten und dann im Auto in der Türenablage versenken, so werden die täglichen Autofahrten aufgezeichnet und geben der Community ein gutes Bild über die tatsächliche Netzversorgung im Land mit 2G und 4G (3G ist bekanntlich in Deutschland ausgeschaltet).
Das Gerät kann im Online-Store von unihertz.com oder bei Amazon zum Preis von 349 Euro bestellt werden, die Lieferung erfolgt dann direkt aus Deutschland, etwaige Zoll-Formalitäten sind damit schon im Vorfeld erledigt.