Heilbronn: Alte VDSL-Kooperation blockiert jetzt Netzausbau
Das Heilbronner Rathaus mit der astronomischen Kunstuhr aus dem 16. Jahrhundert
Bild: dpa
"Telekom arbeitet mit Vodafone bei VDSL-Ausbau zusammen": So titelte teltarif.de am 23. Dezember 2008 auf der Basis einer AFP-Meldung. Seinerzeit vereinbarten die Telekom und Vodafone im Rahmen zweier Pilotprojekte einen gemeinsamen VDSL-Ausbau in Würzburg und Heilbronn. In Heilbronn haben beide Netzbetreiber damals parallel in einem Schacht neue Glasfaserkabel verlegt und ebenfalls parallel ihre VDSL-Technik installiert.
Doch was damals als Sensation gefeiert wurde, erweist sich heute nun als echte Ausbau-Bremse. Denn in vielen Regionen wurden die Verteiler inzwischen auf VDSL-Vectoring mit bis zu 250 MBit/s aufgerüstet. Was ist in Heilbronn passiert? Nichts - und erste Anwohner im damaligen Projektgebiet werden nun sauer.
Leser beschwert sich über Untätigkeit der Netzbetreiber
Das Heilbronner Rathaus mit der astronomischen Kunstuhr aus dem 16. Jahrhundert
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Im Mai schrieb uns ein teltarif.de-Leser aus Heilbronn:
Als begeisterter Leser eurer Website wende ich mich heute mit einem persönlichen Anliegen an euch. In der Stadt Heilbronn bauten im Jahr 2009 Telekom und Vodafone im Rahmen eines Pilotprojekts VDSL parallel in den KVZ der Stadt aus [...]. Nun ist es aktuell so, dass die Telekom in weiten Teilen der Stadt kein Vectoring und somit nur max. 50 MBit/s anbietet. Vodafone umgekehrt genauso, da ja bekanntlich einer von beiden zurückstecken müsste um Vectoring aktivieren zu können.Persönlich hätte ich erwartet, dass Vodafone perspektivisch Bitstream bei der Telekom anmieten könnte. Ich gehe nicht davon aus, dass sie noch auf VDSL setzen, spätestens seit der Übernahme von Unitymedia, womit sie in Heilbronn ein gut ausgebautes Coax-Netz haben. Damit bleiben viele Kunden in Heilbronn auf langsamer Geschwindigkeit hängen, ein aktuelles Ende dieser Sondersituation ist nicht in Sicht. Die Telekom selbst nennt keine brauchbaren Antworten.
Aus Sicht der Verbraucher ist das heute eine Katastrophe, und damit wird das damalige Prestigeprojekt zum technologischen Hemmschuh. Könnt ihr bitte mal bei den Providern recherchieren, ob hier in naher Zukunft Abhilfe zu erwarten ist und mir helfen?
Die Antworten von Telekom und Vodafone
Sowohl die Telekom als auch Vodafone benötigten einige Zeit, um intern zu recherchieren, was es mit der Kooperation in Heilbronn auf sich hat. Schließlich schrieb uns die Telekom:
Bitte entschuldigen Sie, dass es mit der Antwort etwas länger gedauert hat. Bei der Kooperation war Vodafone damals federführend. Insofern liegt die Initiative zu einer Änderung des status quo für die im Stadtgebiet gemeinsam genutzten Verteilerkästen beim federführenden Akteur. Aus technischen Gründen kann nur ein Anbieter mit seiner Technik in den gemeinsam genutzten Verteilerkästen die volle Vectoring-Bandbreite ausbauen und vermarkten. Dort, wo es technisch möglich ist, hat die Telekom Vectoring ausgebaut und bietet ihren Kund*innen (und über den open access auch Kund*innen anderer Anbieter) mehr Bandbreite an. Die Telekom erweitert in Heilbronn und bundesweit kontinuierlich ihr Breitbandnetz auf der Basis von Glasfaser. Im Eigenausbau und - wo es wirtschaftlich sinnvoll ist - durch Kooperationen. Unsere aktuelle Versorgung in Heilbronn sehen Sie auf unserer Ausbaukarte hier.Auch Vodafone konfrontierten wir mit der für die Anwohner unbefriedigenden Situation. Ein Vodafone-Sprecher ging gegenüber teltarif.de aber nur kurz auf das eigentliche Problem ein und machte ansonsten Werbung für die TV-Kabelanschlüsse des Netzbetreibers:
Entschuldigen Sie bitte die späte Rückmeldung. Leider können wir dem Leser nach ausführlicher Klärung durch die Netztechnik vor Ort keine kurzfristige Hoffnung auf höhere Geschwindigkeiten machen.Bei dieser Geschichte lässt sich also zusammenfassend sagen, dass sowohl der Telekom als auch den Regulierungsbehörden in einem derartigen Fall die Hände gebunden sind. Lösen ließe sich dieser Fall nur dadurch, dass Vodafone sich zu einem Vectoring-Ausbau entscheidet oder alternativ den KVZ freigibt. Für die Anwohner gibt es aber Alternativen.In Heilbronn betreiben wir mit unserm Kabel-Glasfasernetz eine sehr gut ausgebaute und leistungsstarke Infrastruktur. Hier können rund 45.000 Haushalte gigabit-fähige Internet-Anschlüsse buchen - das sind 2/3 der Einwohner Heilbronns. Außerhalb des Kabel-Glasfaser-Versorgungsgebietes bieten wir den Heilbronner Bürgerinnen und Bürgern weitere mehr als 10.000 eigene VDSL-Anschlüsse mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 Mbit/s. Die restlichen Haushalte können wir über Bitstream bei der Telekom bedienen.
Der Leser liegt mit seiner Wohnort-Adresse vermutlich in unserem VDSL-Ausbaugebiet. Ein weiterer Ausbau oder Aufrüstung auf Super Vectoring ist hier derzeit nicht geplant.
Das sind die Alternativen für die Betroffenen
Wer als Anwohner im damaligen Kooperationsgebiet höhere Bandbreiten benötigt, hat folgende Alternativen:
- ein Hybrid-Anschluss der Telekom mit zugeschaltetem LTE
- ein TV-Kabelanschluss von Vodafone
- eine rein funkbasierte Lösung mit einem LTE-Zuhause-Tarif oder einer unlimitierten mobilen Datenflat (dazu Netzabdeckung prüfen)
- Internet via Satellit, beispielsweise von Starlink
- Übersicht: Alle Alternativen zu (V)DSL