Kabel-Umlagefähigkeit

"Zwangskabel": Mieterbund kritisiert Regierungspläne

Die Kritik an der geplanten Abschaf­fung der so genannten Umla­gefä­hig­keit beim Kabel - böse Zungen spre­chen vom "Zwangs­kabel" - wird immer lauter. Jetzt plädiert auch der Deut­sche Mieter­bund für eine Ände­rung der Regie­rungs­pläne.
Von dpa /

Die Kosten für den Kabelanschluss zahlen Mieter über die Nebenkosten, ganz gleich, ob sie ihn nutzen oder nicht Die Kosten für den Kabelanschluss zahlen Mieter über die Nebenkosten, ganz gleich, ob sie ihn nutzen oder nicht
Foto: Unitymedia
Im Streit um die Pflicht für Mieter, Fern­seh­anschlüsse über die Neben­kosten zu zahlen, plädiert jetzt auch der Deut­sche Mieter­bund für eine Ände­rung der Regie­rungs­pläne. Bei der soge­nannten Umla­gefä­hig­keit müssen Mieter Kosten für Fern­seh­zugänge zahlen - selbst wenn sie das nicht wollen. Die Regie­rung will diese Umla­gefä­hig­keit abschaffen, damit jeder Haus­halt eine Wahl­frei­heit hat, also alter­nativ auch ohne unnö­tige Extra-Kosten auf Satellit, DVB-T2 HD oder IPTV umsteigen kann. Der Mieter­bund wiederum ist nun dafür, die Umla­gefä­hig­keit grund­sätz­lich beizu­behalten, schließ­lich gebe es viele zufrie­dene Mieter - dank der Mengen­rabatte zahlen die Mieter weniger Geld für die Anschlüsse, als wenn sie Einzel­ver­träge abschließen würden.

Unzu­frie­denen Mietern die Wahl lassen

Die Kosten für den Kabelanschluss zahlen Mieter über die Nebenkosten, ganz gleich, ob sie ihn nutzen oder nicht Die Kosten für den Kabelanschluss zahlen Mieter über die Nebenkosten, ganz gleich, ob sie ihn nutzen oder nicht
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Unzu­frie­dene Mieter sollten hingegen die Möglich­keit haben, von den Kosten befreit zu werden, sagte Mieter­bund-Chef Lukas Sieben­kotten der Deut­schen Presse-Agentur. "Dann hätten alle Mieter tatsäch­lich die Wahl, von wem sie TV und Internet beziehen wollen." Experten sind aber skep­tisch. "Die nied­rigen Preise gibt es ja nur, weil alle mitma­chen - je mehr aussteigen, desto teurer würde es!, sagte der Düssel­dorfer Volks­wirt Justus Haucap. Der Professor war einst Chef der Mono­pol­kom­mis­sion, der die Umla­gefä­hig­keit - auch Neben­kos­ten­pri­vileg genannt - ein Dorn im Auge war. Inzwi­schen sieht Haucap aber weniger Reform­bedarf als früher, schließ­lich seien die Fern­seh­preise gesunken - ein Zeichen des Wett­bewerbs, sagt er.

Partei­über­grei­fende Kritik

FDP, Linke und Grüne sind eben­falls für eine Ände­rung bishe­riger Pläne, sogar aus Reihen der SPD-Bundes­tags­frak­tion kommt Kritik. Die FDP zum Beispiel möchte die Umla­gefä­hig­keit zwar fort­schreiben, im Gegenzug die Profi­teure des Systems - die Kabel­netz­betreiber - aber zum umfas­senden Glas­faser­ausbau verpflichten.

Der wirt­schafts­poli­tische Spre­cher der CDU/CSU-Bundes­tags­frak­tion, Joachim Pfeiffer, stellte sich hinter den Vorschlag aus dem von seinem Partei­kol­legen Peter Altmaier geführten Wirt­schafts­minis­terium sowie aus dem Verkehrs­minis­terium: "Euro­päi­sche wie natio­nale Vorschriften sehen bei Tele­kom­muni­kati­ons­ver­trägen eine Vertrags­bin­dung von maximal 24 Monaten vor", sagte er. "Auch ein Anbie­ter­wechsel muss möglich sein. Diese Verbrau­cher­rechte werden durch das Neben­kos­ten­pri­vileg unter­laufen, da die Vertrags­bin­dung an den Miet­ver­trag gekop­pelt und somit meist unbe­fristet ist."

Die Abschaf­fung des Neben­kos­ten­pri­vilegs würde zu einem verstärkten Wett­bewerb der Über­tra­gungs­tech­nolo­gien führen, sagt er. Damit würden - entgegen der Behaup­tung der Kabel­anbieter - auch die Preise für Kabel-TV fallen. Zugleich signa­lisierte Pfeiffer aber Gesprächs­bereit­schaft: "Mir ist es beson­ders wichtig, den Glas­faser­ausbau bis zum Endkunden zu beschleu­nigen», so der CDU-ler. "Daher wäre aus meiner Sicht auch eine Modi­fika­tion des Neben­kos­ten­pri­vilegs denkbar, der zu einem solchen Ergebnis führt."

Das viel­stim­mige Orchester der Kritiker ist allge­mein mit Vertre­tern aus ganz unter­schied­lichen poli­tischen Ecken besetzt. Rein­hard Houben von der FDP-Bundes­tags­frak­tion weist darauf hin, dass Hartz-IV-Empfänger beson­ders betroffen sind. Denn bisher über­nimmt das Amt deren Miet­neben­kosten - fielen die TV-Kosten da raus, müssten die Bezieher staat­licher Sozi­alleis­tungen das Geld selbst berappen. Vielen wäre das wohl zu teuer - «und dann haben sie keinen direkten Zugang zu Infor­mationen im Fern­sehen», moniert Houben. Sein Bundes­tags­kol­lege Ralph Lenkert von der Linken ist eben­falls dagegen. "Eine Geset­zes­ände­rung, die zu einer Preis­erhö­hung für Bürge­rinnen und Bürger führt, lehnen wir ab." Er fordert eine Garantie zum kosten­losen Empfang öffent­lich-recht­licher Sender für Jeder­mann.

Bedenken auch von Ländern und Medi­enan­stalten

Sogar aus Reihen der Regie­rungs­koali­tion kommt Kritik. So wertet der kommu­nal­poli­tische Spre­cher der SPD-Bundes­tags­frak­tion, Bern­hard Daldrup, die Abschaf­fung der Umla­gefä­hig­keit als "proble­matisch und keines­wegs die sozial gerech­tere Lösung". Auch von Baumi­nis­tern der Länder und von Landes­medi­enan­stalten werden Bedenken geäu­ßert. Letz­tere warnen vor Reich­wei­ten­ver­lusten beim TV-Empfang und nega­tiven Auswir­kungen auf die Ange­bots­viel­falt: Kleine Sender, die ihr Programm bisher nur über Kabel anbieten, könnten verschwinden.

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