Jetzt oder nie?

5G-Diskussion erreicht Höhepunkt: Beirat der BNetzA tagt

Zum Wochenende hat die Diskussion um die Mobilfunkversorgung noch einmal Radio, Funk und Fernsehen erreicht. Wie gut muss 5G ausgebaut werden?
Von mit Material von dpa

Heute tagt der Beirat der Bundes­netz­agentur (BNetzA) und es geht um ... 5G, die fünfte Generation des Mobilfunk. An 5G klammern sich viele Hoffnungen. Das ultraschnelle Internet soll Deutschlands Wirtschaft "auf Kurs halten" - für neue Geschäftsfelder wie autonomes Fahren oder Telemedizin sind sehr schnelle Datenverbindungen mit kurzen Reaktionszeiten, wie sie 5G bietet, wichtig.

Heute Tag der Entscheidung

Heute sollen die Weichen zum Ausbau des schnellen Internets nach dem Mobil­funk­standard 5G in Deutschland gestellt werden und auf die zuständige Bundes­netz­agentur regnet es weiter massive Kritik. Die Netz­betreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica warnen vor zu scharfen Auflagen und überbordenden Kosten. Manche Politiker werten dagegen die angepeilten Ausbau­pflichten als zu lasch. Es geht um Vergaberegeln für die Frequenzauktion, die noch heute von der Bundesnetzagentur festgelegt werden könnten. Diese Regeln werden das Ausmaß des kommenden Mobilfunkausbaus bestimmen. Die eigentliche Auktion ist dann für das Frühjahr 2019 geplant.

Der Grünen-Bundestags­abgeordnete Oliver Krischer reklamierte, dass die bisher geplanten Vergaberegeln keine wirksamen Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung von Auflagen enthielten. Dadurch würden die Netzbetreiber den eigentlich vorgeschriebenen Mobilfunk-Ausbau entlang der Landstraßen voraussichtlich nicht umsetzen. Der Grund ist klar: Mangelnde Wirtschaftlichkeit. „Als Netzbetreiber investiere ich nicht 500 Millionen Euro, die ich nicht wieder einspielen kann, wenn ich nur ein Bußgeld von 100.000 Euro zahlen muss“, sagte Krischer. „Bei den Bußgeldern muss dringend nachgearbeitet werden.“

In Deutschland gebe es „mit die schlechtesten Mobilfunknetze in Europa - und das zu hohen Preisen“, sagte der Grünen-Politiker. „Bei der Abdeckung liegen wir abgeschlagen zwischen Albanien und Russland auf den hinteren Plätzen.“ Diese Miss­erfolgs­geschichte werde nun mit der anstehenden Frequenz­versteigerung fortgeschrieben, warnte er. Auch Politiker anderer Parteien äußerten Unverständnis zum Ausbaukurs der Behörde und forderten schärfere Auflagen.

Saarlands Wirtschaftsministerin fordert 5G-Ausbau „bis ins kleinste Dorf“

Die saarländische Wirtschafts­ministerin Anke Rehlinger (SPD) hält die Ziele der Bundesregierung beim flächendeckenden Ausbau eines schnellen 5G-Kommunikationsnetzes für unzureichend. „Bei der Digitalisierung und der Netzabdeckung ist Deutschland bestenfalls Regionalliga“, sagte Rehlinger der in Düsseldorf erscheinenden Wirtschaftszeitung Handelsblatt. Das müsse endlich besser werden. „Wir brauchen überall im Land jetzt den 5G-Standard.“ Als Zielvorgabe forderte sie einen 5G-Ausbau „bis ins kleinste Dorf“. Gerade in den ländlichen Regionen sei das auch ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung und ein wesentlicher Beitrag zur Strukturpolitik. Zumal, wie sie betonte, die LTE-Versorgung schon heute eigentlich nicht mehr ausreichend sei. „Wer es ernst meint mit gleichwertigen Lebens­verhältnissen in Deutschland, muss die Klassen­gesell­schaft bei der Mobil­funk­versor­gung jetzt beenden.“

Scharfe Kritik äußerte Rehlinger in diesem Zusammenhang an Bundes­forschungs­ministerin Anja Karliczek (CDU). Diese hatte in einem Interview gesagt, 5G sei „nicht an jeder Milchkanne notwendig“. Man könne sich „ein bisschen Zeit“ damit lassen, in die Fläche zu gehen. „Wenn wir 4G Flächen deckend haben, sind wir schon sehr gut ausgestattet.“

Rehlinger sagte dazu: „Die Aussage von Frau Karliczek ist ein Schlag ins Gesicht der ländlichen Bevölkerung“. Bundes­wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) müsse jetzt Farbe bekennen. Wenn sich die Position von Karliczek durchsetzen sollte, „wäre auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Gleichstellung gleicher Lebensverhältnisse nur noch eine Farce“.

Rückdeckung aus der CDU

Rückendeckung bekam die Bundesnetzagentur hingegen aus der CDU. Kanzler­amts­minister Dr. Helge Braun hält 100 Prozent Netzabdeckung mit 5G für übertrieben, wie er im Interview des ZDF [Link entfernt] ausführte. Die vorgeschlagenen Vergaberegeln seien „ein großer Schritt nach vorne, sowohl was die Quantität als auch was die Qualität betrifft“, sagte der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer. So stelle die vorgeschriebene Latenzzeit - also die Verzögerung bei der Übertragung - von nur 10 Millisekunden sicher, „dass Deutschland zum 5G-Leitmarkt in Europa wird“.

Pfeiffer ist Vorsitzender des Beirats der Bundesnetzagentur. Das mit Vertretern des Bundestages und der Bundesländer besetzte Gremium trifft sich heute in Berlin, um über die Vergaberegeln zu beraten. Im Anschluss an die Sitzung des Gremiums will der Chef der Netzagentur, Jochen Homann, zusammen mit weiteren Vertretern die Vergaberegeln festlegen - möglicherweise schon am Montagnachmittag, möglicherweise erst am Dienstag oder Mittwoch. Der Beirat hat zwar kein Vetorecht, Behördenchef Homann will das wichtige Regelwerk aber „im Benehmen“ mit dem Gremium festlegen.

Die von der Bundesnetzagentur bisher vorgeschlagenen Regeln sollen dafür sorgen, dass bis Ende 2024 an allen Bundes- und Landesstraßen sowie an Zugstrecken, Häfen und den wichtigsten Wasserstraßen schnelles mobiles Internet verfügbar ist.

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