Brandbrief

Nokia brennt: Elop fordert einen Sprung ins kalte Wasser

Im Kampf der mobilen Plattformen zu viel Zeit verloren
Von Marie-Anne Winter

Stephen Elop will Nokia zu alter Größe zurückführen. Stephen Elop will Nokia zu alter Größe zurückführen.
Bild: Nokia
Derzeit läuft es nicht gut für Nokia. Dem seit Jahren amtierenden Weltmarktführer im Handymarkt bläst der Wind immer heftiger entgegen. Zwar ist die Traditionsmarke aus Finnland noch immer die Nummer Eins im Mobilfunk, doch der Marktanteil der Finnen schrumpft bedenklich - insbesondere bei den gewinnträchtigen Smartphones. In diesem Segment fiel Nokias Marktanteil zuletzt binnen eines Jahres von 38,6 Prozent auf 28 Prozent.

Stephen Elop will Nokia zu alter Größe zurückführen. Stephen Elop will Nokia zu alter Größe zurückführen.
Bild: Nokia
Zwar hat Nokia mit dem von Microsoft kommenden Stephen Elop einen neuen Steuermann an Bord geholt, der sich mit angeschlagenen Supertankern auskennt. Allerdings bleibt ein solcher Megatonner noch lange in der alten Spur, selbst wenn man das Ruder hart herumreißt. Stephen Elop hat einem einer Brand-E-Mail an die Mitarbeiter ein anderes Bild gefunden, das nicht weniger drastisch ist: Er spricht von Nokia als von einer brennenden Ölplattform. Man habe nun die Wahl, entweder auf der Plattform zu verbrennen, oder ins kalte Wasser zu springen. Angesichts der Tatsache, dass es sich nicht nur um eine Explosion handele, sondern um mehrere Brandherde, in die Nokia selbst auch noch Benzin gekippt habe, sei der Sprung ins kalte Wasser aber die notwendige Wahl.

Elop benennt schonungslos die Ursachen der Misere. So habe Apple mit dem iPhone das Spiel geändert. Mit einem gut designten Gerät, dessen Bedienung ein neues Erlebnis gewesen sei, habe Apple vorgemacht, wie man Entwickler und Nutzer begeistert. Jetzt sei Apple der Schrittmacher im Highendbereich. Ein anderes Gravitationszentrum sei Android. Die Plattform sei ebenfalls sehr attraktiv für Entwickler und Hersteller. Ebenfalls im Highendbereich gestartet, würde Android nun die Mittelklasse erobern und bald auch auf günstigen Geräten unterhalb der 100-Euro-Grenze zu finden sein. Und überhaupt der Lowend-Markt: Hier verliere Nokia ebenfalls rapide an Boden, weil es mittlerweile extrem günstige Referenz-Chipsätze geben würde, mit denen chinesische Hersteller reihenweise eigene Billig-Handys produzieren könnten.

Unglaublicherweise sei es Nokia nicht gelungen, seit dem Marktstart des ersten iPhone im Jahr 2007 ein Smartphone zu produzieren, das Vergleichbares biete. Und konkurrierende Android-Geräte seien in nicht mal zwei Jahren an Nokia vorbeigezogen.

Zu groß, zu unflexibel, zu langsam

Es gebe zwar weiterhin einige Innovationsquellen bei Nokia, aber die Entwicklung sei einfach zu langsam - so sei MeeGo ein Hoffnungsträger für den Highendmarkt gewesen - aber bis Ende dieses Jahres würde es vielleicht ein MeeGo-Gerät auf dem Markt geben. Ein ähnlich trauriges Beispiel sei Symbian für den Mittelklasse-Markt. Symbian sei eine Plattform, die mit den steigenden Ansprüchen der Nutzer immer schwieriger zu händeln werde - auch hier gerate Nokia immer mehr ins Hintertreffen, während die Konkurrenten vorei ziehen würden.

Die Schlacht auf dem Gerätemarkt sei keine Schlacht zwischen einzelnen Modellen mehr, sondern ein Kampf der Plattformen. Und dazu gehören neben dem Gerät und dem Betriebssystem an sich auch die Entwickler, die Anwendungen, Vernetzung mit Social Media und so weiter. Nokia habe nicht nur Marktanteile und Innovationskraft, sondern vor allem viel Zeit verloren. Hier wird seit Ende vergangener Woche heftig spekuliert, was Elop als Befreiungsschlag vorschwebt. Mit der neuen Strategie, die Nokia am Freitag vorstellen will, hofft Elop einen Weg in die Zukunft gefunden zu haben.

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