Statt E-Mail

Analog-Kommunikation: So viele Briefe und Faxe erhält o2

o2 versucht seit Jahren, den Kunden­ser­vice auf digi­tale Wege umzu­stellen. Doch die Realität sieht anders aus: Tagtäg­lich muss o2 zehn­tau­sende Briefe, Faxe und Vertrags­do­ku­mente einscannen.
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Stapelweise Briefe in der Poststelle von o2 Stapelweise Briefe in der Poststelle von o2
Bild: Conduent / Telefonica / o2
Schon vor vielen Jahren hat o2 den Kunden­ser­vice per E-Mail abge­schafft - mitten in der holp­rigen Umstel­lung auf einen anderen Call­center-Betreiber 2016 meldete teltarif.de: o2-Support per Mail und Fax kommt nie wieder. Doch obwohl o2 seit Jahren versucht, den Kunden­ser­vice auf digi­tale Wege umzu­stellen, sieht die tägliche Realität im Jahr 2020 ganz anders aus.

Denn teltarif.de und Verbrau­cher­schützer empfehlen nach wie vor, wich­tige Vertrags­fragen schrift­lich zu regeln. In den AGB der Provider steht oft, dass münd­liche Neben­ab­reden ungültig sind. Wenn Kunden nichts Schrift­li­ches in der Hand haben, wird es für sie schwer sein, eine abwei­chende Verein­ba­rung zu beweisen. Und leider gibt es allzu oft immer noch abwei­chende Meinungen darüber, welche Rabatte und Vergüns­ti­gungen bei einem Tele­fonat mit der Hotline verspro­chen wurden oder nicht.

Ein externer Dienst­leister von o2 hat nun wohl unfrei­willig einen kurzen Einblick gegeben, dass dieser Empfeh­lung zur schrift­li­chen Kommu­ni­ka­tion mutmaß­lich mehr o2-Kunden folgen, als dem Unter­nehmen lieb sein dürfte.

o2 will keine Kommu­ni­ka­tion per Brief oder Mail

Stapelweise Briefe in der Poststelle von o2 Stapelweise Briefe in der Poststelle von o2
Bild: Conduent / Telefonica / o2
Seit Jahren lehnt o2 es ab, eine E-Mail-Adresse zur Verfü­gung zu stellen, an die Kunden ihr Anliegen in Text­form über­mit­teln können. Auch die Kommu­ni­ka­tion per Brief diskre­di­tiert o2 auf der Kontakt-Seite regel­recht mit dieser Formu­lie­rung:

o2-Kunden­kon­takt via E-Mail oder Post? Du hast Fragen zu o2 oder es gibt irgendein Problem? Dann möch­test du sicher­lich nicht warten, bis deine Post an der Adresse von o2 einge­troffen ist oder eine E-Mail-Antwort in deinem Post­fach ange­zeigt wird. Deshalb erreichst du unseren Kunden­ser­vice komplett in Echt­zeit - sei es digital, tele­fo­nisch, in unserem Forum oder im o2 Shop vor Ort.
Die Wahr­heit ist, dass o2 sehr wohl von sich aus per E-Mail kommu­ni­ziert und Kunden­an­fragen, die auf anderen Wegen eintreffen per E-Mail beant­wortet. Doch antworten soll und kann der Kunde auf diese E-Mails in der Regel nicht.

Dienst­leister Conduent nennt konkrete Zahlen

Also schreiben Kunden mit einem Bedürfnis nach schrift­li­cher Kommu­ni­ka­tion weiterhin Briefe und auch Faxe an o2 - und dazu ist ein umfang­rei­ches Doku­men­ten­ma­nage­ment-System in der Post­stelle notwendig, das alle eintref­fenden Doku­mente einscannt und digital an die Kunden­be­treuer weiter­leitet. Offenbar hat Telefónica dieses Doku­men­ten­ma­nage­ment-System kürz­lich gewech­selt, wie der neue Dienst­leister Conduent mitteilt. Conduent ist ein US-ameri­ka­ni­sches Unter­nehmen, das 2017 aus Xerox ausge­glie­dert wurde.

Conduent nennt konkrete Zahlen, die man aus dem Hause Telefónica so mögli­cher­weise nicht bekommen würde: Das System soll jähr­lich 3,5 Millionen einge­hende Kunden­an­fragen verar­beiten. Pro Werktag gehen offenbar etwa 10.000 bis 15.000 Briefe und Faxe bei o2 ein. Diese reichen von Anfragen über Kunden­daten-Ände­rungen und Vertrags­ver­län­ge­rungen bis hin zu verschie­densten anderen Anliegen. Darüber hinaus erhält, scannt und verar­beitet Conduent pro Werktag nach Angaben des Unter­neh­mens 5000 bis 10.000 Kunden­ver­träge zur physi­schen Archi­vie­rung.

Im Rahmen der Doku­menten-Erfas­sung und -Digi­ta­li­sie­rung werden Doku­mente und Daten aus physi­schen und digi­talen Formaten gescannt, indi­ziert, verwaltet und gespei­chert. Die gescannten Doku­mente werden dann mit Hilfe von OCR-Tech­no­logie (Optical Character Reco­gni­tion) in lesbaren und verar­beit­baren Text gebracht. Außerdem werden die Kunden­briefe klas­si­fi­ziert und indi­ziert, damit Kunden­be­treuer sie mit Hilfe von Schlag­worten hinterher wieder finden können.

Ob es mit dem Conduent-System auch möglich wäre, eintref­fende E-Mails anzu­nehmen, zu sortieren und dem rich­tigen Kunden­konto zuzu­ordnen, geht aus der Pres­se­mel­dung von Conduent nicht hervor - o2 hat wohl offenbar nach wie vor kein Inter­esse daran.

o2 strich einem DSL- und Mobil­funk­kunden den verspro­chenen Kombi­ra­batt und wollte diesen partout nicht mehr gewähren. teltarif.de machte sich mit dem Leser und o2 auf die Suche nach einer Lösung.

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