o2 Genion: Kostenfalle beim mobilen Internet bleibt
Kostenfalle mobiles Internet bei alten o2-Tarifen
Bild: Telefonica Deutschland / o2
Der o2 Genion hat eine lange Geschichte hinter sich. Das seinerzeit geniale Tarifmodell startete im Jahr 1999 noch unter der Ägide von VIAG Interkom und brachte eine Festnetznummer und Homezone. Später gab es dann auch Genion-Tarife ohne Grundgebühr, was viele Kunden dazu veranlasste, den Vertragstarif abzuschließen und für Notfälle in die Schublade zu legen.
Was lange als willkommene Alternative zu Prepaid-Karten galt, die auch vom Provider jederzeit gekündigt und abgeschaltet werden können, entpuppte sich im Jahr 2019 im Hause Telefónica offenbar als "alter Ballast": Damals versuchte o2, vielen Kunden die Genion- und o2o-Verträge zu kündigen, was aber meist nur per SMS erfolgte, was wiederum zur Folge hatte, dass viele Kunden davon zunächst gar nichts mitbekamen. Erst als die oft langjährigen Kunden die SIM wieder in ein Handy steckten, bemerkten sie, dass diese längst abgeschaltet war.
Mit der Hilfe von teltarif.de konnten damals zwar zahlreiche Genion- und o2o-Verträge wieder reaktiviert werden - ein grundsätzliches Problem bleibt aber.
Abrechnungsprobleme sollten durch Datenpaket gelöst werden
Kostenfalle mobiles Internet bei alten o2-Tarifen
Bild: Telefonica Deutschland / o2
Wer einen reinen Telefonie-Tarif in ein Smartphone steckt, muss damit rechnen, dass dieses möglicherweise unbemerkt ungewollte Kosten auf der Rechnung provoziert. Denn in den alten Tarifen wird das mobile Internet meist pro MB berechnet, was bei den heutigen Datenmengen, die Smartphones verursachen, schnell ins Geld gehen kann. Das kann übrigens auch trotz größtmöglicher Aufmerksamkeit passieren: Selbst wenn das mobile Internet deaktiviert und das Smartphone ins WLAN eingebucht ist, gibt es Fälle, in denen Apps oder das mobile Betriebssystem doch im Hintergrund das mobile Internet einschalten und unbemerkt Daten übertragen. Auch solche Smartphone-Funktionen wie die "WLAN-Unterstützung", bei der in einem schwachen WLAN unbemerkt das mobile Internet hinzugeschaltet wird, vertragen sich überhaupt nicht mit einem pro MB abgerechneten Tarif.
Bereits vor einem Jahr hatte teltarif.de von mehreren Fällen berichtet, wo Kunden ungewollt Gebühren bei o2o- und Genion-Verträgen entstanden sind. Damals hatte o2 kulant reagiert und die aufgelaufenen Gebühren wieder erstattet. Außerdem hat o2 damals angekündigt, Vorkehrungen zu treffen, damit das nicht wieder vorkommt. Betroffene Kunden sollten ab Mitte Januar 2020 ein freies Datenpaket von 250 MB pro Monat geschaltet bekommen, damit derartige Schockrechnungen nicht wieder auftauchen.
Doch nun stellt sich heraus: Offenbar wurde das nicht bei allen Kunden gemacht - und mit der Kulanz ist es bei o2 in dem Fall möglicherweise auch vorbei.
Plötzlich hohe Rechnung bei o2-Kunde
Mitte Januar dieses Jahres schrieb uns ein o2-Kunde:
Kurz und knapp gesprochen, habe ich einen "Schubladen-Handy-Vertrag" mit o2 Genion S von 2006 (?) in einem alten iPhone 3GS zur "Notfall-Nutzung" vorgehalten und nutze diesen gelegentlich für einzelne Anrufe. Jedenfalls wurde mir im September in einer Rechnung von zuvor immer wenigen Euro plötzlich knapp 90 Euro berechnet. Ursache war lt. EVN eine nicht von mir verursachte, unklare Datennutzung über 9910 kB, welche mir mit 75 Euro (ohne MwSt.!) berechnet wurde. Nach Monaten mit Widerspruch, Hin- und Her, Anfrage des technischen Berichts, meinerseits Hinweise auf den an sich aktivierten EU-Roaming-Kostenairbag und klarem Wucher-Vorwurf, wurden sämtliche Argumente schlussendlich von o2 abgelehnt und mit Inkassoandrohung zur Zahlung aufgefordert. Aus Sorge um eine Bonitäts-Verschlechterung habe ich die Rechnung beglichen, um mögliche, schlimmere Endverbraucher-Folgen abzuwenden.Diese Zuschrift ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Zum Einen behauptet der Leser, dass die SIM über längere Zeit ins Netz eingebucht war, ohne dass hohe Rechnungen angefallen sind. Im September müssen er (oder unbemerkt das Smartphone) selbst also eine Einstellung verändert haben - oder o2 hat heimlich im Hintergrund an den Abrechnungsmodalitäten geschraubt, die zu dieser hohen Abrechnung geführt hat.Meinen Versuchen, bei der Hotline und auch schriftlich die Berechnungsgrundlagen bzw. Tarifbeschreibungen zu erfahren, wurde zu keinem Zeitpunkt entsprochen. Schlussendlich hatte ich über viele Jahre hinweg nie Ärger mit dem Vertrag, die Kosten waren immer maximal einstellig. Die Internetnutzung war immer durchgehend abgeschaltet. Ich konnte mir diesen Rechnungs-"Ausreißer" absolut nicht erklären. Vorschläge hinsichtlich kulanter, kundenorientierter Entscheidung wurden abgelehnt. Könnte o2 mich durch unlautere Mittel aus meinem Uralt-Vertrag herausdrängen wollen? Was kann ich als Verbraucher dagegen unternehmen?
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich zum Jahresende in die Selbstständigkeit starten wollte, bin ich zum Schutz vor "Beschädigung" meiner Bonität einer weiteren rechtlichen Auseinandersetzung mit o2 schließlich aus dem Weg gegangen und habe im November dann den ausstehenden strittigen Betrag von fast 90 Euro schlussendlich beglichen. Der Mangel am Interesse kundenorientierter Kommunikation seitens o2 hat mich leider fassungslos gemacht.
Gleichzeitig zeigt die Zuschrift ein weit verbreitetes Missverständnis: Die EU-Roaming-Abrechnung, für die es tatsächlich eine regulatorisch festgelegte Kosten-Obergrenze gibt, findet bei Inlands-Abrechnungen keine Anwendung. Es ist also nach wie vor möglich, dass bei der Inlands-Abrechnung derartige Kostenfallen anfallen, für Deutschland wurde nie ein derartiger Kostenschutz implementiert.
o2 stellt sich quer: Keine Erstattung, kein Datenpaket
Als wir den Fall an o2 übermittelten, antwortete uns eine Sprecherin:
Mein Kollege aus dem Servicebereich hat mir schon Feedback gegeben. Im Oktober letzten Jahres hat er [der Kunde, Anm d. Red.], wie gewünscht, den technischen Prüfbericht erhalten. Eine Störung oder ein Fehler wurde dabei nicht festgestellt. Die in der Rechnung ausgewiesenen Gebühren sind korrekt. Ein Verweis auf den "EU-Roaming Kostenairbag" wird in dem Fall nicht berücksichtigt, da die Datennutzung im Inland stattgefunden hat. Die Internetverbindung wurde gemäß vereinbarter Tarifkonditionen abgerechnet.Auf unsere Anfrage, warum bei dem Kunden seinerzeit nicht automatisch das kostenlose 250-MB-Datenpaket geschaltet wurde, ging o2 nicht ein. Auch zur plötzlich ab September aufgetretenen Abrechnungs-Umstellung ab Herbst gab es keinen Kommentar. Auch auf unsere Frage, warum das 250-MB-Paket nach einem Jahr immer noch nicht bei allen Kunden geschaltet wurde, gab o2 keine Antwort. Die Gebühren wurden dem Kunden nicht erstattet.
Die Schlussfolgerungen daraus
Aus dem Sinneswandel von o2 leiten sich mehrere Schlussfolgerungen ab: o2-Genion- und o2o-Kunden, die den Vertrag in ein Smartphone eingelegt haben, sollten die SIM am besten schnellstmöglich aus diesem Smartphone nehmen.
Danach gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wer die SIM mit dem alten Vertrag für diverse Zwecke für Telefonate oder SMS auf jeden Fall weiter verwenden möchte, aber kein mobiles Internet benötigt, sollte für den Vertrag im Kundecenter oder über die Hotline eine generelle Sperre für mobiles Internet einrichten und sich die erfolgreiche Einrichtung von o2 schriftlich bestätigen lassen. Danach kann der Tarif wieder gefahrlos in einem Smartphone verwendet werden.
Wer nicht weiß, ob er vielleicht doch einmal das mobile Internet benötigt, sollte die SIM entweder in der Schublade aufbewahren oder in ein nicht Internet-fähiges Einfach-Handy einlegen. Herbei muss man aber beachten, dass zahlreiche Feature-Phones (beispielsweise mit den Betriebssystemen KaiOS oder Nokia/HMD S30+) inzwischen ebenfalls Internet-fähig sind. Für die fallweise Nutzung des mobilen Internets mit einem derartigen Tarif sollte dann aber bereits vor dem Einlegen in ein Handy eine Tagsflat oder Monatsflat fürs Internet gebucht werden.
Und wer den alten o2-Genion- und o2o-Vertrag in dieser Form endgültig nicht mehr benötigt, sollte ihn einfach kündigen oder im o2-Kundencenter auf einen neueren Tarif mit Internet-Flatrate umstellen. Der günstigste o2-Tarif mit Grundgebühr ist als Einsteiger-Tarif der o2 Blue Basic, wobei dieser für 9,99 Euro lediglich 50 Minuten, 200 SMS und 200 MB mit abschaltbarer Datenautomatik pro Monat beinhaltet, was nicht mehr zeitgemäß ist.
Die Kostenfalle beim mobilen Internet besteht übrigens nicht nur bei den alten o2-Genion- und o2o-Tarifen, sondern möglicherweise auch bei aktuellen Handy-Vertrags-Tarifen ohne Grundgebühr, die gerne als Prepaid-Alternative verwendet werden.