Hintergrund

Aus für Galaxy Note 7: Darum zieht Samsung die Notbremse

Das Galaxy Note 7 wurde für Samsung zum Debakel. Auch bei einer vermeintlich nachgebesserten Geräte-Version wurden Brände gemeldet: Nun hat sich Samsung dazu entschlossen, das Pannen-Smartphone ganz vom Markt zu nehmen.
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Aus für Samsung Galaxy Note 7 Aus für Samsung Galaxy Note 7
Bild: dpa
Statt Hoffnungsträger wurde das Galaxy Note 7 für Samsung zum Debakel. Nach dem ersten Rückruf im vergangenen Monat musste sich Samsung nach einem kürzlich bekannt gegebenen erneuten Verkaufsstopp nun endgültig geschlagen geben - das Galaxy Note 7 wurde heute offiziell eingestellt. Bei seiner Vorstellung am 2. August erhielt Samsung für sein neues Stift-Smartphone noch viel Lob. Auch wir haben im Hands-On des Note 7 unseren ersten guten Eindruck vom Gerät beschrieben. Das Smartphone war das erste Modell, das einen Iris-Scanner zur Entsperrung mitbrachte. Auch neue Funktionen für den S Pen, den Stylus von Samsung, sowie das Edge-Display wurden eingeführt. Doch statt zum Verkaufsschlager zu avancieren, wurde das Galaxy Note 7 zum Verlustgeschäft. Über eine Milliarde Euro wird Samsung das Debakel mit dem Note 7 ersten Schätzungen zufolge kosten.

Samsung Note 7

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Der Grund für den ursprünglichen Rückruf des Note 7 waren Berichte von Nutzern, deren Smartphones in Brand geraten sind. Ein Austausch der fehlerhaften Geräte sollte das Problem beheben. Doch am Wochenende gab es Meldungen, nach denen in den USA auch erste Austausch-Geräte Feuer gefangen haben sollen. Heute endete die traurige Geschichte des Note 7 schließlich in einem endgültigen Verkaufs- und Produktionsstopp. "Im Interesse der Sicherheit unserer Kunden haben wir uns entschlossen, sowohl den Verkauf als auch den Austausch des Galaxy Note 7 zu stoppen. Die Produktion des Galaxy Note 7 wird nicht weiter fortgesetzt", so die Meldung von Samsung.

Warum zieht Samsung das Galaxy Note 7 für immer aus dem Verkehr?

Samsung reagiert damit auf neue Berichte über brennende Smartphones dieses Typs. Das Brisante dabei: Es handelte sich bereits um vermeintlich sichere Austauschgeräte. Das ursprüngliche Modell wurde nach wenigen Wochen auf dem Markt wegen Brandgefahr zurückgerufen und nachgebessert. Doch die Probleme blieben. Noch am Montag hatte Samsung erklärt, die Produktionsplanung werde vorläufig angepasst. Doch jetzt zieht das Unternehmen die Notbremse. Es heißt, es bestehe die Gefahr einer Überhitzung, das Note 7 sei ein Sicherheitsrisiko.

Was sind die Ursachen für die Brandgefahr?

Als Samsung Anfang September die erste Rückrufaktion ankündigte, wurden die Akkus als Fehlerquelle ausgemacht. Das Unternehmen ging davon aus, durch den Austausch des Gerätes inklusive neuer Batterien auf der sicheren Seite zu sein. Nach den neuen Bränden erklärt die koreanische Behörde für Technologie und Standards, das Gerät habe möglicherweise eine "neue Art von Fehler", der über die Akku-Probleme hinausgehe. Laut Fachleuten könnte das Problem zum Beispiel auch in Steuer-Komponenten für die Batterien oder der Software liegen.

Da aktuelle Smartphones immer kompakter und leistungsstärker wurden, muss auch die Energiedichte in den Batterien immer höher werden. Dafür wurden unter anderem die Elektroden, Kontakte und das Trennmaterial dazwischen dünner gemacht. Doch dieser Prozess erhöht die Anfälligkeit der Akkus - schon kleinste Produktionsfehler oder Verunreinigungen können schwerwiegende Folgen haben. Nach einer Theorie könnten die Probleme mit Samsungs Galaxy Note 7 damit zusammenhängen, dass die Akkus größer als vorgesehen ausgefallen waren - und es dadurch beim Einbau ins Smartphone zu Kurzschlüssen zwischen den Kontakten kommen konnte. Bestätigt ist dies bislang aber nicht.

Warum greift Samsung zum radikalen Schnitt mit dem endgültigen Aus?

Samsung kämpft darum, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Wie schon bei der ersten Rückrufaktion betont Samsung auch jetzt, dass die Sicherheit höchste Priorität habe. In Südkorea hatte man bereits vorher Zweifel, dass das Gerät jemals wieder auf den Markt kommen werde. "Wenn wir den Produktionslebens-Zyklus berücksichtigen, dann haben sie (Samsung) die Chance verpasst, den Marktanteil des Galaxy Note 7 im vierten Quartal wiederherzustellen", sagt der Analyst Lee Seung Woo vom Wertpapierhaus IKB Securties in Seoul. Es sei besser für Samsung, auch die Produktion einzustellen, um einen größeren Schaden zu verhindern.

Wie schwer ist der Rückschlag für Samsung durch das Debakel?

Analysten erwarten, dass das Pannen-Smartphone die Position Samsungs im Markt schwächen wird. Nach der ersten Rückrufaktion wurde Samsung noch für rasches Handeln gelobt. Jetzt wird spekuliert, dass Samsung die Austausch-Geräte zu schnell für sicher erklärt habe. "Ich denke, es wird eine sehr lange Zeit dauern und viel Kosten verursachen, um den Markenwert nach dieser Art von Unfall wiederherzustellen", sagt Lee. Er geht davon aus, dass vor allem Dauerrivale Apple profitiert. Allerdings hat Samsung noch zwei Flaggschiff-Smartphones auf dem Markt, das Galaxy S7 und das Galaxy S7 Edge. Von diesen Geräten wurden mehr verkauft als vom Note 7.

Wie teuer könnte es werden?

Beim anfänglichen Rückruf rechneten Analysten noch mit Kosten von rund einer Milliarde Dollar - schmerzhaft, aber für Samsung durchaus verkraftbar. Damals rechneten sie aber auch noch damit, dass das Note 7 wieder auf den Markt kommt und der Konzern vielleicht noch 12 Millionen Geräte statt der ursprünglich erwarteten 15 Millionen verkaufen kann. Allein durch den Produktionsstopp - ohne die Kosten des Rückrufs - dürften Samsung aber Milliarden an fest eingeplanten Einnahmen entgehen.

Wie reagieren die Investoren?

Samsung Electronics ist die wertvollste Marke in Südkorea. Nahmen die Investoren von Samsung die Rückrufaktion für das Galaxy Note 7 im September noch eher gelassen hin, reagierten sie diesmal auf den Verkaufstopp sehr heftig. Die Samsung-Aktie brach heute an der Börse in Seoul um mehr als acht Prozent ein und ging mit 1,55 Millionen Won (etwa 1245 Euro) aus dem Handel. Das war noch bevor das endgültige Aus verkündet wurde. Vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt geht man davon aus, dass das Unternehmen die Kosten des Smartphone-Debakels durch gute Geschäfte mit Halbleitern und Displays auffangen kann.

Wie es zu dem Debakel mit Samsungs Stift-Phablet gekommen ist lesen Sie in unserer Meldung Samsung Galaxy Note 7: Chronik eines Handy-Desasters. In einer separaten Meldung erfahren Sie, wie sich Besitzer eines Samsung Galaxy Note 7 nun verhalten müssen und wie der Rückgabe-Prozess abläuft.

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