Norwegen: Lokalradios sollen bis 2031 auf UKW weitersenden
Norwegen hat UKW zugunsten von DAB+ weitgehend abgeschaltet, doch Lokalradios bleiben analog am Netz
Bild: Screenshot Digitalradio Norge/Michael Fuhr
Die großen landesweiten Programme sind von UKW auf DAB+ gewechselt, trotzdem soll es in Norwegen nun doch noch lange weitergehen mit der analogen Ultrakurzwelle, auch wenn dies kaum nach außen publiziert wird. Die norwegische Zentrumspartei hat jetzt einen Vorschlag ins Parlament eingebracht, wonach Lokalradios bis 2031 weiter auf UKW senden dürfen. Außer den Sozialdemokraten wird diese Initiative auch von den anderen Parteien unterstützt. 2019 will die norwegische Regierung darüber entscheiden.
Abgesehen von den vier größten Städten des Landes senden kleinere Lokalradios in Norwegen noch auf UKW. Eigentlich sollte damit 2021 Schluss sein. In den Großstädten werden die Lokalsender teils illegal von Piraten weiterverbreitet.
Da es keine sinnvolle andere Nutzung für das UKW-Band gibt, wäre es jedoch in der Tat sinnvoll, den Wellenbereich für den Rundfunk beizubehalten, auch wenn das digital-terrestrische Radio DAB+ der neue terrestrische Hauptstandard für Hörfunk wird, ergänzt um diverse IP-Anwendungen.
Denkbares Szenario für Deutschland
Norwegen hat UKW zugunsten von DAB+ weitgehend abgeschaltet, doch Lokalradios bleiben analog am Netz
Bild: Screenshot Digitalradio Norge/Michael Fuhr
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (KEF) drängt die ARD bereits zu einem Rückzug von UKW. Sinnvoll wäre, dass mittelfristig die Öffentlich-Rechtlichen bis auf zwei Programme komplett auf DAB+ wechseln. Die beiden reichweitenstärksten Programme würden aber langfristig noch eine Grundversorgung auf UKW für Besitzer älterer Radiogeräte, Autoradios oder kleine Billigradios gewährleisten. Die ARD sollte hierbei nur noch ein Sendernetz aus starken Grundnetzsendern am Netz lassen.
Beim Privatfunk sollten die reichweitenstärksten und landesweiten Programme ebenfalls vorrangig auf DAB+ ausgestrahlt werden, doch auch hier ist - je nach Budget der Sender - eine weitere, zusätzliche UKW-Ausstrahlung über Grundnetz- oder Ballungsraumsender möglich. Bisher ist es noch umgekehrt: UKW gewährleistet die Grundversorgung, DAB+ gilt als Bonus.
Bei privaten Lokalradios ist die Zahl der potenziell erreichbaren Hörer davon abhängig, ob das entsprechende Programm vorrangig über UKW weitersendet oder zusätzlich über DAB+ verbreitet wird. Schon heute geben einige Sender eine potenzielle Marschrichtung vor: Das rheinland-pfälzische Lokalradio Antenne Mainz zum Beispiel versorgt über DAB+ neben Hörern im Großraum Mainz auch Pendler im ganzen Rhein-Main-Gebiet und schließt über das Digitalradio zudem Lücken im eigenen Sendegebiet. Die Gesamtkosten der terrestrischen Verbreitung sind überschaubar, zumal der Veranstalter UKW-Antennen selbst gekauft hat. Auch bayerische Lokalradios konnten ihre terrestrische Reichweite dank DAB+ massiv ausbauen und auch Versorgungslücken in ihren Sendegebieten schließen.
Neue Projekte auf UKW möglich
Viele frei werdende UKW-Frequenzen könnten auch für neue Projekte verwendet werden: Community Radios, Einrichtungsfunk, Pfarrradios, Stützfrequenzen für bisherige Internetradios, eine Quasi-Legalisierung von Ätherpiraten. Ein Teil des UKW-Bandes, beispielsweise der Bereich oberhalb von 104 MHz, könnte für solche Projekte freigegeben werden. Vorbild könnten die Kanarischen Inseln liefern: Hier reicht zur Verbreitung eines UKW-Senders, ähnlich wie bei Funkamateuren, eine einfache Zulassung der Behörden. In den Niederlanden erteilt die Medienbehörde ähnliche Lizenzen, allerdings für die Mittelwelle. Um die elektromagnetische Strahlung auf ein Minimum zu begrenzen, könnte die Strahlungsleistung auf 1 Watt ERP beschränkt werden, was dennoch bei guten Standorten eine Versorgung von bis zu 10 km Reichweite bedeuten würde. Damit könnte beispielsweise der Betreiber eines Internetradios eine Antenne für eine UKW-Stützfrequenz auf dem Hausdach installieren.
DRM+ als zusätzliches digitales Verfahren
Sinnvoll wäre auch, parallel für das UKW-Band das digital-terrestrische Verfahren DRM+ einzuführen. Hierüber wäre ein analoger und digitaler Parallelbetrieb möglich, über DRM+ könnten auf einer UKW-Frequenz neben dem Simulcast noch bis zu drei Zusatzprogramme verbreitet werden. Nachteil: Bisher gibt es kaum Endgeräte für DRM+.
Allgemein gilt: Solange es keinen designierten Nachnutzer für die UKW-Frequenzen gibt, sollte der Rundfunk das Band weiter beibehalten dürfen. Rein theoretisch wäre auch die Verbreitung von DAB+-Blöcken im UKW-Band möglich. Die Zukunft wird zeigen, welches Szenario sich letztendlich durchsetzt.