Unihertz Jelly Pro: Erfahrungsbericht zum Smartphone-Zwerg
Das chinesische Startup Unihertz hat mit dem Jelly Pro ein ungewöhnlich kompaktes Mobiltelefon im Angebot. Es soll sich um das „kleinste LTE-Smartphone der Welt“ handeln, so der Hersteller. Tatsächlich ist das Handy mit seinem 2,45 Zoll messenden Bildschirm und seinen zierlichen Abmessungen von 43 Millimeter Breite und 92,3 Millimeter Höhe ein Winzling. Dennoch ist das Jelly Pro ein waschechtes Smartphone, inklusive Android 7.0 Nougat, 8-Megapixel-Kamera, Quad-Core-Prozessor und LTE. Wir haben den Telefon-Zwerg knapp eine Woche lang im Alltag getestet.
Das Unihertz Jelly Pro ist ein äußerst kompaktes Android-Smartphone
Andre Reinhardt
Unihertz Jelly Pro - der Rebell der Phablet-Ära
Heutzutage dominieren Smartphones mit 5 bis über 6 Zoll großen Displays den Markt. Dank effizienterer Gehäuse-Architektur und 18:9-Bildschirmen sind diese Produkte zwar nicht allzu wuchtig, dennoch bevorzugen manche Anwender kompaktere Mobilgeräte. Vor elf bis zwölf Jahren, in der Pre-Android-Epoche, als Nokias Symbian noch den Markt dominierte, waren Handy-Displays zwischen 2,1 und 2,8 Zoll noch der Branchenstandard. Das Jelly Pro wirkt dementsprechend wie ein Smartphone aus einer längst vergangenen Zeit und stellt sich der im wahrsten Sinne großen Konkurrenz entgegen.
Die Spezifikationen des Unihertz Jelly Pro
Der 2,45-Zoll-Bildschirm des Mini-Telefons protzt nicht mit der allerneusten AMOLED-Technik oder einer üppigen Auflösung, er wurde eher zweckmäßig und passend für sein Anwendungsgebiet konstruiert. Es tummeln sich 432 mal 320 Pixel auf dem TFT-LCD-Panel, was zu einer Pixeldichte von etwa 219 ppi führt. Angetrieben wird das Jelly Pro von einem 1,1 GHz taktenden Quad-Core-Prozessor. Laut der App AIDA64 handelt es sich um das SoC MediaTek MT6737M. Dieser Chipsatz stammt aus 2016 und verfügt über eine Mali-T720MP2-Grafikeinheit sowie eine 32-Bit-Architektur. Wir haben es hier also mit einem klassischen Einsteiger-SoC zu tun.
Unser Jelly Pro kommt mit 2 GB RAM und 16 GB Flash daher. Das schlechter ausgestattete Jelly mit 1 GB RAM und 8 GB Flash nahm Unihertz aus dem Sortiment. Schnappschüsse können mit einer 8-Megapixel-Kamera eingefangen werden, die laut EXIF-Daten eine Blende von f/2.4 hat. Für Selfies steht eine 2 Megapixel auflösende Frontkamera zur Verfügung. Abgerundet wird das Paket von LTE Cat. 4, einem 950 mAh umfassenden Akku und Android 7.0 Nougat als Betriebssystem.
Trotz geringer Größe liegt das Jelly Pro gut in der Hand
Andre Reinhardt
Was uns am Unihertz Jelly Pro gefallen hat
Menschen mit etwas größeren Händen können das Smartphone komplett in die Hand schließen. Zwar mag man zunächst den Eindruck haben, es handelt sich um ein Spielzeug-Telefon, doch schon die erste Kontaktaufnahme suggeriert etwas anderes. Das im Verhältnis zur Größe angenehme Gewicht von etwa 80 Gramm (mit eingesetztem Akku) und das massive Kunststoffgehäuse wecken Vertrauen. Kurzum, auch wenn Premium-Materialien wie Aluminium oder Glas fehlen, wirkt das Jelly Pro erstaunlich hochwertig. Es gibt kein Knarzen und der Akkudeckel sitzt bombenfest. Beim Design gefielen uns die silberne Umrandung und die Benachrichtigungs-LED, die als Kreis um den Home-Button realisiert wurde.
Die Arbeitsgeschwindigkeit des Jelly Pro ist durchaus ordentlich. Ob im Homescreen, in Apps oder gar bei YouTube-Filmen, das Smartphone nimmt sich kaum Gedenksekunden. Multitasking mit einem halben Dutzend Programmen im Hintergrund stemmt der Winzling ebenfalls mühelos. Überrascht hat uns aber vor allem der rückseitige Lautsprecher. Dieser gibt Musik ziemlich klar und laut wieder, ein Verzerren gibt es selbst bei hoher Lautstärke nicht.
Die Kameras des Jelly Pro
Die Rückseite des Jelly Pro lässt sich abnehmen
Andre Reinhardt
Um ehrlich zu sein hatten wir von der Kamera dieses Mobilgeräts erwartet, nur Fotos mit Pixelmatsch zu schießen. Doch für Schnappschüsse taugt das Jelly Pro allemal. Die Hauptkamera lässt sich zwar etwas Zeit beim Fokussieren, die Ergebnisse überzeugen allerdings zum Großteil. Ein realitätsnaher Weißabgleich und viele erkennbare Details definieren die Bilder. Jedoch merkt man, dass die Software bei der Rauschunterdrückung und dem Nachschärfen aggressiv eingreift, wodurch die Aufnahmen leicht künstlich wirken. Des Weiteren verlieren die Fotos zu den Rändern hin sichtlich an Schärfe. Dennoch: für ein Handy dieser Preisklasse verrichtet die Kamera des Jelly Pro gute Arbeit. Selfie-Fans werden hingegen weniger angetan sein. Mit f/2.8 ist die vordere Knipse nicht sonderlich lichtempfindlich und aus einem 2-Megapixel-Sensor lassen sich nicht allzu viele Details herauskitzeln.
Neutrale Eindrücke des Jelly Pro
Einen Akku mit weniger als 1000 mAh findet man selbst in gängigen Einsteiger-Smartphones kaum noch. Mehr als die 950 mAh des Jelly Pro waren allerdings wohl bauartbedingt nicht drin. Wirkt sich das negativ auf die Ausdauer aus? Eigentlich kaum. Da das Handy einen winzigen Screen mit niedriger Auflösung hat, ist der Stromverbrauch überschaubar. Rund 18 Stunden konnten wir bei einer aktiven Nutzung von etwa zwei Stunden erzielen. Dabei hatten wir alle Funkverbindungen aktiv und die Bildschirmhelligkeit auf 90 Prozent eingestellt. Bei schonenderem Umgang sollte das Jelly Pro zwei bis drei Tage durchhalten.
Die Telefonie macht bei diesem Smartphone in der Regel keine Probleme. Unsere Gesprächspartner konnten wir gut verstehen und wir wurden auch gut verstanden. Zwar bekamen wir gesagt, dass unsere Stimme etwas leise sei, das könnte man allerdings der Größe des Handys anlasten. Bedingt durch das kompakte Design ist der Abstand des Mikrofons zum Mund beim Telefonieren relativ groß. Der Mobilfunkempfang an sich ist im Allgemeinen ausreichend. Rekordgeschwindigkeiten beim Internetverkehr stellt das MediaTek-Modem jedoch nicht auf.
Was uns am Jelly Pro nicht gefallen hat
Screenshots des Jelly Pro
Andre Reinhardt
Es dürfte wenig verwunderlich sein, dass wir an dieser Stelle zuerst den Bildschirm nennen. Eventuell war es technisch nicht anders machbar, aber ein veraltetes TFT-LCD-Panel wirkt im Vergleich zu den IPS- oder AMOLED-Pendanten äußerst kontrastarm und blass. Das größte Problem ist allerdings die Auflösung, denn die 432 mal 320 Bildpunkte machen das Jelly Pro in dieser Disziplin zum Exoten. Mit einer HVGA-Anzeige (480 mal 320 Pixel) hätte das Panel wenigstens eine gängigere Norm geboten. So gibt es manche Apps, die nicht korrekt dargestellt werden. Überlappende Schriften oder fehlende Schaltflächen sind das Resultat.
Ebenfalls ankreiden müssen wir dem chinesischen Zwerg-Mobilgerät die Leistung des verbauten GPS-Chips. Das MediaTek-Modul hat Mühe, eine stabile Satellitenverbindung zu halten, häufig erfolgt ein erneuter Satfix. Außerdem springt die Standortposition manchmal munter auf Google Maps hin und her und die Ausrichtung auf der Karte wird oft falsch interpretiert. Doch mal ehrlich: wer möchte schon ein Smartphone mit 2,45-Zoll-Display zur Navigation benutzen?
Größenvergleich: links Galaxy S8, rechts Jelly Pro
Andre Reinhardt
Fazit zum Jelly Pro
Wer braucht ein solch kleines Smartphone? Diese Frage kommt einem unweigerlich bei diesem Produkt in den Sinn. Der Hersteller selbst sieht den Einsatz unter anderem als Zweitgerät. In der Tat ist das Jelly Pro als ein eben solches eine sinnvolle Ergänzung, sofern man nur telefonieren und in Messengern wie WhatsApp schreiben möchte. Webseiten werden nur in ihrer mobilen Ansicht brauchbar dargestellt, für längere Internetausflüge eignet sich das Handy eher nicht. Wir selbst können uns jedoch auch andere Zielgruppen vorstellen. Durch die kompakte Form ist das Jelly Pro ideal für Kinderhände. Das Telefon ist also eine Überlegung für die Erreichbarkeit des Nachwuchses wert. Außerdem passen auf den 16 GB umfassenden - und per microSD-Karte erweiterbaren - Speicher viele Musikstücke, was das Mobiltelefon zum perfekten MP3-Player macht. Das Unihertz Jelly Pro kann für 112,99 Euro beim deutschen Amazon-Shop in den Farben Weiß und Schwarz bestellt werden.