Funkruf unverzichtbar

Paging alarmiert effizienter als geplanter Behördenfunk

Experten treffen sich beim dritten nationalen Pagingkongress
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Seit langem wird die Einführung eines neuen digitalen Funknetzes gefordert, doch bisher scheiterte es am Geld und an gegenseitigen Eifersüchteleien: Welchen Anteil der milliardenschweren Investitionen wollen Bund, Länder oder Gemeinden übernehmen? "Dabei könnte man, so Dombrowsky, "bereits kurzfristig und viel kostengünstiger als beim Digitalfunk die veraltete Analogtechnik mit einer flächendeckenden Pagingalarmierung kombinieren und schon heute ein funktionierendes Katastrophenwarnsystem betreiben."

Carsten Hofmann von der Firma e*message, Gastgeber des Kongresses und einzig noch aktive deutsche Funkrufbetreiber rechnet vor, "dass die Installation eines digitalen Funknetzes mit der Alarmierungseffizienz eines Pagingnetzes, damit es auch in abgeschotteten Räumen wie in Krankenhäusern funktioniert, Investitionen erfordert, die wahrscheinlich das Hundertfache von dem kosten, was für heutige Pagingtechnik notwendig ist."

Zwar würde ein digitales Funknetz dann mehr Funktionen bieten, ist aber in dieser optimalen Variante nicht zu bezahlen. Deshalb wird Deutschland aller Voraussicht nach selbst bis zur Fußball-WM 2006 über kein funktionierendes einheitliches und flächendeckendes Warnsystem verfügen. Die Stadt Gelsenkirchen hat sich mit einem Funkrufnetz von e*message auf die Anforderungen der Fußballweltmeisterschaft 2006 gerüstet und stellte entsprechende Netzfunktionen vor.

Vorbild Belgien: TETRA plus Paging

Was in Deutschland immer noch intensiv diskutiert wird, hat Belgien schon hinter sich. Dort hat man sich unter dem Namen "ASTRID" ein digitales Funknetz nach TETRA-Standard gegönnt und schnell erkannt, dass man zusätzlich ein Funkrufnetz nach dem POCSAG-Standard braucht. Ein bereits vorhandenes ERMES-Netz (eine europäische Funkrufnorm, die sich nie durchsetzen konnte) wurde auf den älteren aber bewährten POCSAG-Standard zurückgerüstet.

Uwe Proll, Redaktionsdirektor beim Fachblatt "Behörden-Spiegel" erläuterte den Teilnehmern die verwirrend komische Geschichte des neuen Behördenfunks: Eigentlich waren sich Bund, Länder und Gemeinden darin einig, den neuen Digitalfunk nur in Public Private Partnership (PPP) zu stemmen, dabei hätte der Staat an private Betreiberfirmen eine Zeitlang Nutzungsgebühren bezahlt, bevor er das Netz nach vermutlich zehn Jahren "geschenkt" bekommen hätte. Mit dem Vorstoß von Bundesinnenminister Otto Schily, seiner Bundespolizei (früher Bundesgrenzschutz) ein eigenes Funknetz zu kaufen, kam überraschende Bewegung in die Sache. Da die Bundespolizei derzeit Eisenbahnstrecken bewacht, besteht dort die Neigung, die spezielle GSM-R-Technik (GSM-R [Link entfernt] wie Railway) zu verwenden. An Nord- und Ostsee funkt der Bundesgrenzschutz jedoch mit dem Seefunk bei 160 MHz.

Aus GSM-R hatte Vodafone gewisse Funktionen für sein GSM-BOS abgeleitet. Ob GSM-R, ein europäisches Projekt der Eisenahngesellschaften, die damit nicht nur ihre Sprachkommunikation, sondern auch die Steuerung ganzer Züge und Strecken abwickeln, aber jemals in der Fläche je zum Einsatz kommen wird, steht momentan in den Sternen. Das bestehende GSM-R-Netz könnten die Sicherheitsfunker ohnehin kaum verwenden, da es viel zu wenig Frequenzen hat. Von daher müsste ein neues eigenes aufgebaut werden. Schilys Netz würde aber wohl maximal 50 Prozent der Fläche erreichen, den Rest müssten die Länder selbst aufbauen.

Es wird noch komplizierter: Sollte Schily sein Netz wirklich nur noch selbst kaufen, bauen und betreiben wollen, wäre eine völlig neue Ausschreibung nach dem VOL-Standard notwendig und viel geleistete Arbeit für die Katz. Experten sehen jetzt die Gefahr, dass in Deutschland bald verschiedene unterschiedliche Techniken, je nach Ausbaustand und dem Geldbeutel der betroffenen Regionen, zum Einsatz kommen werden.

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