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Blackberry: Kanadische Polizei soll Generalschlüssel haben

Die kanadische Bundespolizei RCMP soll laut Medienberichten seit 2010 einen Generalschlüssel für die verschlüsselte Blackberry-Kommunikation besitzen. Allerdings ist nicht klar, wie sie an den Schlüssel gelangt ist.
Von Marie-Anne Winter

Die kanadische Bundespolizei soll seit 2010 einen Generalschlüssel für Blackberry-Kommunikation besitzen. Die kanadische Bundespolizei soll seit 2010 einen Generalschlüssel für Blackberry-Kommunikation besitzen.
Bild: dpa
Der kanadische Smartphone-Hersteller Blackberry (ehemals RIM) hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Nachdem das Unternehmen kurz vor der Jahrtausendwende die mobile E-Mail quasi erfunden hatte und ein Blackberry zum Statussymbol für Manager wurde, erlebte es in den vergangenen Jahren einen schmerzhaften Niedergang - ähnlich wie der einstige Branchenriese Nokia wurden auch die Kanadier vom Vormarsch neuer Smartphones mit komfortabler Touchoberfläche überrannt.

Die kanadische Bundespolizei soll seit 2010 einen Generalschlüssel für Blackberry-Kommunikation besitzen. Die kanadische Bundespolizei soll seit 2010 einen Generalschlüssel für Blackberry-Kommunikation besitzen.
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Im Grunde gibt es nur noch die schwindende Zielgruppe der Liebhaber von Smartphones mit echter Tastatur und Kunden, die besonderen Wert auf Sicherheit bei der mobilen Kommunikation legen, auf die sich Blackberry stützen kann. Und ausgerechnet was die Sicherheit betrifft, sind nun heikle Informationen an die Öffentlichkeit gelangt: Offenbar verfügt die kanadische Bundespolizei bereits seit 2010 über eine Art Generalschlüssel für die Kommunikation zwischen Blackberry-Geräten. Das berichtet ZDNet unter Berufung auf Vice und Motherboard, die bei gemeinsamen Recherchen entsprechende Hinweise in Gerichtsdokumenten gefunden haben. Demnach wurden im Zuge einer Mordermittlung etwa eine Million PIN-to-PIN-Kommunikationen entschlüsselt.

Der geheime Schlüssel für alle Türen

Auf welche Weise die Royal Canadian Mounted Police (RCMP) an diesen Schlüssel kam, ist nicht bekannt. Interessant ist allerdings, dass die kanadische Regierung seit zwei Jahren darum kämpft, genau diese Dokumente unter Verschluss zu halten. Weder Blackberry und noch RCMP haben eine Übergabe eines solchen Schlüssels bestätigt. Im Fall des vom FBI geknackten verschlüsselten iPhone 5C ist inzwischen bekannt geworden, dass das FBI offenbar eine bis dahin unbekannte Sicherheitslücke von Hackern gekauft hat. Apple selbst hat eine Mitwirkung öffentlichkeitswirksam verweigert.

Blackberry hat nicht so eindeutig Stellung bezogen - was aber nicht heißen muss, dass der Schlüssel von Blackberry selbst kam. Es ist auch nicht klar, ob die Software mit heutigen Blackberry-Systemen noch funktioniert. Fest steht laut den vorliegenden Berichten nur, dass die Bundespolizei Zugang zu der Schlüsselsoftware hatte. Es wird ein beim Superior Court für Quebec eingereichtes Schreiben zitiert, in dem die RCMP angibt, sie verfüge jetzt "den Schlüssel, der die Türen aller Häuser, die die Dienste dieses Anbieters in Anspruch nehmen, und das, ohne dass die Bewohner es wissen."

Die noch verschlüsselten Nachrichten soll die Polizei von einem beteiligten Dienstleister erhalten haben. Laut Motherboard verwendet Blackberry für die Kommunikation über seine Server einen globalen Schlüssel, der auf allen Geräten vorinstalliert ist. Allerdings können Unternehmen diesen Schlüssel für ihre Kommunikation austauschen, so dass die Kommunikation, die über einen solchen Firmenserver läuft, nicht mit dem allgemeinen Schlüssel abgehört werden kann. Nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christopher Parsons vom kanadischen Citizen Lab konnte die RCMP verschlüsselte Blackberry-Kommunikation abhören, sofern sie nicht über einen Firmenserver lief.

Der Anfang vom Ende?

Trotzdem könnte diese Veröffentlichung für das kriselnde Unternehmen schwere Folgen haben, auch wenn Firmenkunden bei dem allgemeinen Lauschangriff auf Blackberry-Geräte offenbar ausgenommen waren.

Im abgelaufenen Quartal verkaufte Blackberry mit nur 600 000 Geräten noch weniger als erwartet und musste entsprechend einen Verlust von 238 Millionen Dollar hinnehmen, auch wenn sich das Geschäft mit Software und Dienstleistungen binnen eines Jahres verdoppelt hat. Konzernchef John Chen denkt deshalb bereits seit einiger Zeit über einen Ausstieg aus dem Geräte-Geschäft nach, sofern sich hier in den kommenden Monaten keine entscheidende Wende abzeichnet.

Blackberry brachte zuletzt das Smartphone Priv mit Android statt des eigenen Betriebssystems auf den Markt und kündigte für dieses Jahr zwei weitere Android-Blackberries an.

Welchen Eindruck wir von dem Android-Slider haben, lesen Sie in unserem Testbericht.

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