Radio

Empfangs-Test im Auto: Streaming vs. DAB+

Digi­tales Radio kann über DAB+ und via Internet gehört werden. Wir haben beide Verfahren im Auto auspro­biert und berichten darüber, welche Erfah­rungen wir in welchen Regionen gemacht haben.
Von

Wer unter­wegs Radio hören möchte, hat grund­sätz­lich mehrere Möglich­keiten. Das analoge UKW-Sender­netz ist nach wie vor aktiv. Auch wenn beispiels­weise das Deutsch­land­radio einige Sender kleiner Leis­tung abge­schaltet hat, ist der Netz­ausbau sehr gut. Anders sieht es bei der Lang-, Mittel- und Kurz­welle aus. Die meisten Sender, die in diesen Berei­chen gear­beitet haben, wurden abge­schaltet oder sogar zurück­gebaut.

Die Alter­native zum analogen Radio sind digi­tale Über­tra­gungs­ver­fahren. Der Satel­liten­direkt­emp­fang scheidet im Auto hier­zulande aus. Speziell für den mobilen Empfang gedachte Dienste wie SiriusXM in Nord­ame­rika gibt es in Europa nicht. Es bleiben das terres­tri­sche Digi­tal­radio DAB+ und Strea­ming via Internet.

Vor- und Nach­teile bei beiden Systemen

DAB+-Adapter Albrecht DR 57 DAB+-Adapter Albrecht DR 57
Foto: teltarif.de
Beide Empfangs­wege haben Vor- und Nach­teile. Für DAB+ wird keine Inter­net­ver­bin­dung benö­tigt, es wird kein Daten­volumen verbraucht. Dafür ist man - ähnlich wie vom UKW-Empfang gewohnt - auf Programme beschränkt, die gezielt für die Region rund um den Aufent­haltsort senden. Beim Internet-Strea­ming wird ein ausrei­chend dimen­sio­niertes Daten­paket benö­tigt. Dafür sind Programme aus aller Welt zu empfangen.

Doch welche Tech­nologie ist tech­nisch besser? DAB+-Befür­worter kriti­sieren gerne die zahl­rei­chen Aussetzer beim Internet-Strea­ming, weil der Ausbau der Mobil­funk­netze insbe­son­dere in Deutsch­land zu wünschen übrig­lässt. Inter­net­radio-Fans beklagen, dass DAB+ schon wenige Kilo­meter abseits des offi­ziellen Sende­gebiets eines Multi­plexes nicht mehr störungs­frei zu empfangen ist, bevor das Signal nach einigen weiteren Kilo­metern komplett abreißt.

Test von München bis Frank­furt

Apple CarPlay Startmenü u.a. mit Webradio-Apps Apple CarPlay Startmenü u.a. mit Webradio-Apps
Foto: teltarif.de
Wir wollten wissen, welche Tech­nologie auch auf längeren Stre­cken für den Empfang besser geeignet ist. Für den Test sind wir von München über die Auto­bahnen 9 und 3 bis nach Frank­furt am Main, im nächsten Schritt quer durch den Spes­sart von der Auto­bahn 66 bei Geln­hausen zur Auto­bahn 3 bei Weibers­brunn gefahren. Einen weiteren Test haben wir im Schwarz­wald durch­geführt. Hier sind wir auf der Bundes­straße 294 von Freu­den­stadt nach Pforz­heim gefahren.

Für den DAB+-Empfang hatten wir den Albrecht-Adapter DR 57 im Einsatz, der nicht mit der mitge­lie­ferten Schei­ben­antenne, sondern mit einer Magnet­fuß­antenne betrieben wurde. Diese Kombi­nation hatte sich schon vor geraumer Zeit als empfangs­stärker im Vergleich zum werks­seitig verbauten Auto­radio heraus­gestellt. Zudem konnten wir das Audio­signal über einen kleinen Aktiv­laut­spre­cher hören.

Strea­ming mit iPhone und Apple CarPlay

Das Auto­radio wurde im Apple-CarPlay-Modus betrieben. Verbunden war ein Apple iPhone 13 Pro Max mit Telekom-SIM-Karte. Das Handy lag während des Tests in einem vom Auto­her­steller als Phonebox bezeich­neten Fach, das nicht nur eine sichere Ablage, sondern auch die induk­tive Anbin­dung an eine Außen­antenne bietet. Sowohl für DAB+ als auch für Webradio-Strea­ming ist eine Außen­antenne wichtig, da die Metall-Karos­serie des Fahr­zeugs die von außen kommenden Funk­wellen stark abschirmt. DAB+-Empfang über das werksseitig verbaute Autoradio DAB+-Empfang über das werksseitig verbaute Autoradio
Foto: teltarif.de
Apple CarPlay oder auch Android Auto sorgen dafür, dass die auf dem Smart­phone laufenden Apps ähnlich wie das herkömm­liche Auto­radio bedient werden können. Für den Sender­wechsel ist es demnach nicht erfor­der­lich, das Handy in die Hand zu nehmen (was ganz nebenbei betrachtet ja auch bedeuten würde, dass man - zumin­dest als Fahrer - die Regeln der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung miss­achtet).

Auto­bahn-Test ohne eindeu­tigen Sieger

Apple iPhone 13 Pro Max

Auf der Lang­strecke sind wir von der Münchner Innen­stadt kommend bei Unter­föh­ring auf die A9 gefahren. In Nürn­berg ging es auf der A3 weiter bis ins Rhein-Main-Gebiet. Wir haben das Programm des früheren Nordsee-Pira­ten­sen­ders Radio Caro­line North gestreamt. Dabei kam es auf der gesamten Strecke zu keinem einzigen Aussetzer. Der LTE- und 5G-Ausbau entlang wich­tiger Auto­bahnen ist demnach mitt­ler­weile wirk­lich gut - wie auch vom Regu­lierer gefor­dert.

Der DAB+-Empfang im ersten bundes­weiten Multi­plex im Kanal 5C (Deutsch­land­radio und private Programm­anbieter wie Klassik Radio und Schwarz­wald­radio) war eben­falls tadellos. Das Gleiche gilt für den landes­weiten Multi­plex des Baye­rischen Rund­funks im Kanal 11D, der auch von Antenne Bayern mitge­nutzt wird. Erst im Stadt­gebiet von Frank­furt am Main kam es zu leichten Ausset­zern bei der Audio-Wieder­gabe.

Landes­weite Programme in regio­nalen Multi­plexen

In ihrer Gesamt­heit sind auch die regio­nalen Multi­plexe des Baye­rischen Rund­funks landes­weit gut zu empfangen. Bleibt man inner­halb einer Region, so treten keine Empfangs­pro­bleme auf. Bewegt man sich zwischen den Versor­gungs­gebieten mehrerer Regional-Ensem­bles, so hängt es sehr vom jewei­ligen DAB+-Radio ab, wie gut die Über­gabe ins jeweils nächste Empfangs­gebiet funk­tio­niert.

Der im Test verwen­dete Albrecht DR 57 verfügt nur über ein Empfangs­teil. Das Gerät "hangelt" sich über einen herkömm­lichen Such­lauf zum nächsten, mögli­cher­weise besser empfang­baren Regional-Sender­netz. Wenn der Nutzer Pech hat, "erholt" sich der Empfang des erst­genutzten Multi­plexes, sodass der Such­lauf dort Halt macht und nach kurzer Zeit erneut Empfangs­stö­rungen auftreten.

Moderne Auto­radios verfügen über zwei Empfangs­ein­heiten. Sie "beob­achten" im Hinter­grund stets die Umge­bung des gerade gehörten Multi­plexes bzw. des einge­schal­teten Programms. Ist der gehörte Sender in einem anderen Ensemble besser zu empfangen, erfolgt eine - besten­falls sogar unhör­bare - Umschal­tung. Im Grenz­bereich zwischen zwei Multi­plexen kann diese Umschal­tung auch mehr­fach inner­halb kürzester Zeit erfolgen. Rele­vant ist diese auto­mati­sche Über­gabe zwischen regio­nalen Sender­netzen, weil diese auch für die Verbrei­tung landes­weiter Programme genutzt werden.

Test im Spes­sart: Strea­ming vor DAB+

Auf der Fahrt von Geln­hausen (A66) über Bieber­gemünd, Wiesen und Hein­richs­thal zur A3 bei Weibers­brunn gab es beim Strea­ming ledig­lich rund um die hessisch-baye­rische Grenze bei Wiesen kurze Aussetzer. Ansonsten klappte der Empfang sehr gut. Auch der DAB+-"Bundesmux" und die für Unter­franken bestimmten Sender­netze des Baye­rischen Rund­funks lieferten guten Empfang.

Anders sah es auf der Rück­fahrt über Markt­hei­den­feld, Lohr und Framm­ers­bach nach Hessen aus, wo zwar der DAB+-Empfang der Sender­netze des Baye­rischen Rund­funks gut war (für weitere Verbes­serungen wird der bereits geplante Sender in Neustadt am Main sorgen). Der Empfang des bundes­weiten Multi­plexes ließ jedoch zu wünschen übrig. Nörd­lich von Markt­hei­den­feld bis zur baye­risch-hessi­schen Grenze war der Empfang nur bruch­stück­haft möglich.

DAB+ gewinnt im Schwarz­wald

Auf der Fahrt von Freu­den­stadt nach Pforz­heim hatte DAB+ die Nase vorn. In weiten Berei­chen der Strecke war das Telekom-Mobil­funk­netz nicht ausrei­chend ausge­baut, um stabiles Strea­ming zu garan­tieren. Die DAB+-Versor­gung des Südwest­rund­funks war entlang der B294 tadellos. Auch der landes­weite Privat­radio-Multi­plex des Netz­betrei­bers OAS und der erste bundes­weite Multi­plex lieferten weit­gehend guten Empfang.

Magnetfußantenne für DAB+-Empfang Magnetfußantenne für DAB+-Empfang
Foto: teltarif.de
Wir haben bei allen Tests auch den zweiten über­regio­nalen Multi­plex mit einbe­zogen. Dessen Ausbau­stand ist noch weit hinter dem des ersten "Bundes­muxes" zurück. Auf der Fahrt von München nach Frank­furt kam es schon im Raum Pfaf­fen­hofen zu ersten Ausset­zern. Von Markt­hei­den­feld bis Aschaf­fen­burg war das Netz eben­falls kaum verfügbar. Das Gleiche gilt für die Fahrt durch den Spes­sart und den südli­chen Teil der Strecke von Freu­den­stadt nach Pforz­heim.

Beide Systeme haben ihre Berech­tigung

Unsere Tests haben gezeigt, dass Strea­ming vor allem entlang der Haupt­ver­kehrs­adern mitt­ler­weile gut funk­tio­niert. Das gilt auch für DAB+, wobei der Netz­ausbau des zweiten "Bundes­muxes" selbst an der Auto­bahn teil­weise noch zu wünschen übrig­lässt. Über DAB+ bekommt der Hörer vor allem die Programme in guter Qualität, die für die Region rund um den jewei­ligen Aufent­haltsort senden. Zudem ist keine Inter­net­ver­bin­dung erfor­der­lich, und der Hörer verbraucht kein Daten­volumen.

Wer den Südwest­rund­funk im Spes­sart, den Baye­rischen Rund­funk in Rhein­hessen oder den Hessi­schen Rund­funk in Würz­burg hören möchte, kommt um Strea­ming nicht herum. In vielen Fällen ist der "Overs­pill" in benach­barte Sende­regionen auf DAB+ merk­lich kleiner als auf UKW. Nach­teil beim Strea­ming: Auto­radios mit inte­griertem Webradio-Empfang sind noch die Ausnahme. In den meisten Fällen muss das Smart­phone mit dem Car-HiFi-System verbunden werden. Das klappt nicht immer ganz stabil. DAB+-Radios sind hingegen in (fast) allen Neuwagen schon ab Werk vorhanden.

Wie sich DAB+ in älteren Fahr­zeugen nach­rüsten lässt, lesen Sie in einer weiteren Meldung.

Mehr zum Thema Radio