Österreich und Schweiz haben beim digitalen Rundfunk die Nase vorn
Die DVB-T2-Plattform simpliTV in Österreich
Bild: simpliTV, Screenshot: teltarif.de
Wenn es um die Einführung neuer, digitaler Rundfunk-Technologien geht, scheinen unsere
Nachbarn
in Führung zu liegen. Österreich hat bereits den neuen digital-terrestrischen Fernsehstandard DVB-T2 eingeführt und plant noch in diesem Jahr mit der Abschaltung erster Sender im alten DVB-T-Modus. In der Schweiz werden in spätestens zehn Jahren Hörfunksender terrestrisch nur noch über DAB+ empfangbar sein.
Österreich: Schluss mit DVB-T in 2017
Der österreichische Sendernetzbetreiber ORS will im Jahr 2017 das digital-terrestrische Fernsehen komplett auf den neuen Standard DVB-T2 umstellen. Das sagte ORS-Sprecher Michael Weber der Tageszeitung "Der Standard". Damit ist das Zeitalter des alten DVB-T-Standards in der Alpenrepublik in spätestens drei Jahren Geschichte.
Bereits Ende 2014 werde die Verbreitung der Sender ORF Sport+, ORF III, Puls 4 und Servus TV (der so genannte Mux C) im alten Modus eingestellt. Für den Empfang von DVB-T2 sind neue Receiver nötig, außerdem werden die Signale "grundverschlüsselt". Österreicher erhalten die Smartcards kostenlos. Für Zuschauer im deutschen Grenzgebiet dürfte es dagegen künftig keine Möglichkeit mehr geben, Fernsehen aus der Alpenrepublik terrestrisch zu empfangen.
DVB-T2-Plattform bereits seit 2013 auf Sendung
Die DVB-T2-Plattform simpliTV in Österreich
Bild: simpliTV, Screenshot: teltarif.de
Unter dem Namen simpliTV hatte die ORS bereits am 15. April 2013 eine DVB-T2-Plattform gestartet. Insgesamt 40 internationale Sender sind empfangbar, neun davon in HD-Qualität. Auch deutsche Sender wie ARD/Das Erste, ZDF, RTL oder Sat.1 sind über Antenne in der Alpenrepublik zu sehen. Das Angebot beinhaltet ein kostenfreies Grundpaket (nach Registrierung) sowie ein kostenpflichtiges Abonnement (monatlich oder jährliche Zahlweise). Bis zu drei Smartcards erhält der User für maximal drei DVB-T-Geräte.
Auch in Deutschland soll DVB-T2 den alten DVB-T-Standard ersetzen. Bis auf Versuchsausstrahlungen gibt es bisher allerdings keine Verbreitung im neuen Modus. ARD und ZDF wollen ab 2017 mit der Verbreitung von Signalen in DVB-T2 beginnen - zu einem Zeitraum, wo in Österreich bereits das komplette Antennenfernsehen auf den neuen Standard umgestellt ist. Ab 2020 wollen die Öffentlich-Rechtlichen nur noch in DVB-T2 senden. Die Privatsender haben noch nicht endgültig über einen Umstieg entschieden. Wenn, dann dürften die Programme jedoch nur noch mit einer Grundverschlüsselung und sogar gegen Entgelt zu empfangen sein. Zumindest für eine mögliche Ausstrahlung in HD-Qualität haben die Öffentlich-Rechtlichen bereits entsprechende Ankündigungen gemacht.
DVB-T2-Receiver auch in Deutschland schon zu erwerben
In jedem Fall müssen die Deutschen alle alten Geräte entsorgen, denn der DVB-T2-Standard ist nicht mit dem bisherigen DVB-T-Modus kompatibel. Auf dem Hardwaremarkt sind bereits Receiver oder Sticks zu erwerben, die den DVB-T2-Standard beherrschen (ab rund 40 Euro). Allerdings handelt es sich zumeist um reine Free-TV-Receiver. So lange nicht klar ist, ob und mit welchem System private TV-Angebote über DVB-T2 verschlüsselt werden und welcher Receiver-Typ dafür notwendig ist, sollte der Kunde also mit der Anschaffung eines Neugerätes warten.
Schweiz will im terrestrischen Radio nur noch DAB+
Auch bei der Digitalisierung des Hörfunks ist uns ein Nachbarland inzwischen voraus. In der Schweiz haben sich Behörden, die öffentlich-rechtliche SRG-SSR sowie Privatradios darauf verständigt, dass es spätestens im Jahr 2024 terrestrische Hörfunkübertragungen nur noch im Standard DAB+ geben soll. Einige Veranstalter wie Radio Energy wollen bereits 2019 aus der analogen UKW-Verbreitung aussteigen.
In Deutschland gibt es bislang keine Festlegung auf ein Ende von UKW. Bisher hat die Politik den Erfolg oder Misserfolg von DAB+ alleine den Kräften des Marktes überlassen. Im Vergleich zur Schweiz, wo Privatradios aktiv für die Digitalisierung eintreten, wollen die großen deutschen Privatradios zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt keine Umstellung auf DAB+.
Der Unterschied zur Schweiz erklärt sich aus den Reichweiten und Marktpositionen: Während Privatradios bei den Eidgenossen größtenteils nur über eine schlechte, nicht flächendeckende UKW-Versorgung verfügen und mit DAB+ erheblich an Reichweite gewinnen, decken zumindest die großen deutschen Privatsender die Bundesländer komplett über UKW ab. Per Overspill sind die Signale sogar viel weiter zu empfangen als über DAB+. Außerdem scheuen sie die größere Konkurrenz, die durch DAB+ auftritt.
Forderungen nach einem Ende von UKW und einem konkreten Ausstiegstermin aus der analogen Versorgung spätestens im Jahr 2025 gibt es bisher nur aus den Reihen des Deutschlandradios, einiger ARD-Anstalten und ganz weniger Privatradios. Ob sie bei der Politik überhaupt Gehör finden, ist fraglich. Das Bundeswirtschaftsministerium will zunächst mit einem Gutachten klären lassen ob UKW überhaupt abgeschaltet werden kann.